Text:   Zeichner: Peter Madsen

Walhalla: Die gesammelte Saga 3

Walhalla: Die gesammelte Saga 3
Walhalla: Die gesammelte Saga 3
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Marcel Scharrenbroich
10101

Comic-Couch Rezension vonFeb 2022

Story

Drei tolle Geschichten, die nochmals an erzählerischer Qualität gewinnen, wenn man sich das mythologische Ursprungsmaterial anschaut. Glücklicherweise wird dieses gleich mitgeliefert.

Zeichnung

Man merkt, dass Zeichner Peter Madsen eine Entwicklung durchmacht. Noch hadere ich aber mit der 10, da noch ein Quäntchen zur vollsten Zufriedenheit fehlt.

10 von 10 für die 3 von 5

Angel-Touren, schicker Schmuck und Riesen-Keile

In Walhall machen sich die Götter hin und wieder einen Spaß daraus, sich unerkannt unter die Neuankömmlinge zu mischen. Inkognito wollen sie so von den frisch Gefallenen herausfinden, welchen Stand sie bei den Menschen haben. Thor ist fest davon überzeugt, dass er hohes Ansehen genießt, schaut jedoch etwas dumm aus der Wäsche, als mehrheitlich der Name Tyr fällt. Immerhin hat der Kriegsgott versucht, den mächtigen Fenriswolf an die Kette zu legen… woraufhin die Bestie ihm zum Dank die Hand samt Unterarm abknabberte. Thor kann dagegenhalten, dass er schon mal die Midgardschlange am Haken hatte. Allerdings war die zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht ausgewachsen und umspannte mit ihren gigantischen Ausmaßen auch noch nicht die ganze Welt. Thor gibt sich wütend zu erkennen und es entbrennt auch gleich ein ansehnlicher Streit mit dem anwesenden Tyr, der ebenfalls nicht bester Laune ist, da sein Haus-und-Hof-Barbier ihm mit einem ordentlichen Burschenschnitt, nach dem man die Uhr stellen kann, nicht nur die Frise, sondern gleich den ganzen Tag versaut hat. Da man auf keinen grünen Zweig bei der Frage kommt, wer denn nun mächtiger wäre, kürzt Thor das Ganze ab, indem er großspurig behauptet, dass er die Weltenschlange jederzeit aus den Tiefen fischen könne. Also geht es mit Sack, Pack und Tyr in Richtung der verschneiten und frostigen Küste von Utgard, der Heimat der Riesen und Trolle. Doch die Reise hat noch so einige Überraschungen parat… vor allem für den spitzohrigen Tyr.

Nach dem frostigen Fischzug kehrt der Frühling ein. In Asgard keimt und blüht es. Das ist vor allem der Fruchtbarkeitsgöttin Freyja zu verdanken, zu deren Aufgabengebieten auch die Liebe und die damit einhergehenden Frühlingsgefühle gehören. Die bildschöne Göttin sorgt in der Männerwelt regelmäßig für Schmetterlinge im Bauch, wovon sich auch der mächtige Odin nicht freisprechen kann. Dieser versucht ebenso bei Freyja zu landen, wie der oft belächelte und nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzende Heimdall. Doch Freyjas aufmunternden Worten ist es zu verdanken, dass Adlerauge Heimdall liebestrunken über sich hinauswächst. Allerdings schießt er dabei übers Ziel hinaus und lässt sich blind vom hinterlistigen Loki manipulieren. Der hat es neben den anderen Herren nicht auf Freyjas Herz abgesehen, sondern eher auf ihren Hals… besser gesagt ihren Halsschmuck. Das goldene Brisingamen (Schmuck der Leidenschaft) bekam sie einst von den Zwergen überreicht und es verstärkt ihre magischen Kräfte. Von unschätzbarem Wert, ist das prachtvolle Schmuckstück Ziel der Begierde des zwielichtigen Lokis… da kennt er weder Freund noch Feind.

Nachdem Thor sich eine kurze Auszeit nahm und die Frühlingsgefühle nutzte, um mit Gattin Sif liebestrunken durch die Botanik zu tollen, ist der Donnergott nun wieder voll auf dem Posten und bereit für neue Abenteuer. Der junge Tjalfi, der gemeinsam mit seiner Schwester Röskva im Dienst von Thor und seiner Familie steht, träumt davon, einmal ebenso mächtig zu sein, wie sein väterliches Vorbild. Mjölnir schwingen, Riesen bekämpfen, einfach ein Held zu sein und Taten zu vollbringen, über die man noch lange redet. Gerade als er sich seinem Wunsch einen Schritt näher sieht und Thor ihn mit auf die Troll-Jagd nehmen will, platzt die große Überraschung wortwörtlich ins Haus. Und zwar in Form von Magni, der sich als Sohn von Thor vorstellt. >PAFF!<… das hat gesessen… und sorgt dafür, dass der Haussegen erstmal gehörig schiefhängt. Doch nicht nur Sif fällt aus allen Wolken, sondern auch Tjalfi, der nun nicht mehr die volle Aufmerksamkeit Thors genießt. Währenddessen hat Odin sich in Utgard mit dem Riesen Hrungnir angelegt. Großspurig fordert Odin ihn zum Wettrennen nach Walhall heraus, um zu beweisen, dass sein treues Ross nicht zu schlagen ist. In Walhall angekommen, nutzt der großmäulige Riese die Gelegenheit, um sich ordentlich einen hinter die Binde zu plempern. Dabei spuckt er weiterhin große Töne, was Thor auf den Plan ruft. Wie man es aus Kneipen kennt, ergibt ein Wort das andere… und man verabredet sich zum gepflegten Kampf. Allerdings taucht Hrungnir dort mit dem übergroßen und aus Lehm geschaffenen Mega-Riesen Mökkurkalfi auf…

(Fast) alle Augen auf Thor

Der dritte Band der „Walhalla“-Gesamtausgabe startet gleich mit einem Kracher. „Die Schlange der Tiefe“ stellt mal wieder den beliebten Donnergott voll und ganz in den Vordergrund und greift Thors Prahlerei vom gescheiterten Fischzug aus dem ersten Band auf. Wie wir es bereits aus den bisherigen Geschichten kennen, beruht auch diese Erzählung auf Überlieferungen der nordischen Mythologie. Sie findet sich sowohl in der Snorra-Edda – verfasst vom isländischen Dichter und Historiker Snorri Sturluson (1179 – 1241) – als auch im Götterlied Hymiskviða – ebenfalls bekannt als „Das Lied von Hymir“. Bezüglich des Riesen Hymir, der in der vorliegenden Geschichte eine nicht unwichtige Rolle spielt, unterscheiden sich beide Varianten erheblich. Die künstlerische Freiheit erlaubt es, sich hier recht frei zu bedienen. „Die Schlange der Tiefe“ orientiert sich am Mythos von „Thors Fischzug“ und ist damit die dritte von fünf Erzählungen, die den nordischen Gott des Donners in der Hauptrolle hat.

„Freyjas Halsschmuck“ sticht als äußerst charmante und intime Story heraus. Neben Heimdall, der hier wohl seinen bislang größten und charakterlich wichtigsten Auftritt hat, fungiert der manipulative und ebenso intrigante Loki als Antagonist. Das passt perfekt, da er wohl der optimale Gegenpart zur lieblichen Göttin Freyja ist. Generell ist das Thema der Geschichte eher menschlich als göttlich. Denn selbst die mächtigen Asen dürstet es nach dem wohl stärksten Gefühl der Welt… der Liebe. Die Mythe hinter dieser Erzählung ist eher eine Randnotiz. Die Autoren nutzen verschiedene Fragmente aus Überlieferungen von Freyja, um eine ganz eigene Geschichte um die Göttin zu spinnen. Ebenso wie „Die Schlange der Tiefe“, liegt „Freyjas Halsschmuck“ in diesem Band erstmals in deutscher Übersetzung vor.

„Die Herausforderung des Riesen“ ist eine weitere der großen Thor-Mythen. Sie wurde ebenfalls aus der Snorra-Edda überliefert und wurde zuvor in kürzerer Form von den Skalden (höfische Dichter aus dem mittelalterlichen skandinavischen Raum) im Bildgedicht „Haustlǫng“ dargestellt. In der Comic-Geschichte von Peter Madsen und Henning Kure ist besonders gelungen, wie der Familien-Aspekt eingearbeitet wurde. Tjalfi kämpft um die Gunst seines Ziehvaters Thor, während dieser nach dem Motto Blut ist dicker als Wasser auf den vermeintlichen Sohn Magni baut. Das Zusammenspiel von Mythologie und unterhaltsamer Dramaturgie gelingt den Machern durchweg hervorragend. „Die Herausforderung des Riesen“ ist ebenfalls eine Deutschland-Premiere und erschien 1993 erstmalig in seiner dänischen Heimat.

Fazit:

Der dritte Band der fünfteiligen Gesamtausgabe überzeugt nicht nur durch seine drei großartigen Geschichten und die mit viel Humor gespickten Zeichnungen, sondern erneut durch das ausführliche Bonusmaterial, welches jedem Einzelband angehört. Dazu gehören nicht nur die mythologischen Vorlagen, sondern auch ausführliche Einblicke in die Produktion jedes Albums. Von der Herangehensweise bis zur Entstehung der Figuren und einzelner Comic-Seiten. „Walhalla - Die gesammelte Saga“ bleibt damit das Paradebeispiel einer edlen Gesamtausgabe, was sich auch in der hervorragenden Qualität des Buches wiederspiegelt.

Walhalla: Die gesammelte Saga 3

Henning Kure, Peter Madsen, Edition Roter Drache

Walhalla: Die gesammelte Saga 3

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