Fliegen mit angezogener Handbremse
„Das ist der Weg…“
-Din Djarin (anno 2019)
Ja, oder auch nicht… denn das, was sich auf dem scheinbar paradiesischen Fleckchen abspielt, auf dem Mony, Kash und der Roboter Tork da gestrandet sind, geht der ehemaligen Klosterschülerin ordentlich an die Nieren. Das Volk dieses Planeten, die Rasseths, werden wortwörtlich an der kurzen Leine gehalten. Als Sklaven müssen sie unter der Herrschaft der Neuen Pioniere Kristalle in den Minen abbauen. Angeführt von Pater Melias, der in Fort Messaoud die Kirche vertritt und der festen Überzeugung ist, dass sie es sind, die den Rasseths die einzige Wahrheit diktieren.
Da das Gefährt der noch recht frisch zusammengewürfelten Crew – das legendäre Kriegsschiff „U.C.C. Dolores“, welches Mony überraschenderweise von ihrem verschollenen Vater, dem ehemaligen General MC Monroe, vermacht wurde – momentan fluguntüchtig ist, sind sie auf die Hilfe der Neuen Pioniere angewiesen. Besser gesagt auf die, ihrer versklavten Arbeiter, die einen neuen Antriebskristall aus den Minen klöppeln sollen. Angesprochen auf ein ikonenhaftes Kunstwerk, welches in gigantischem Ausmaß in den Felsen geschlagen wurde, nutzt Pater Melias die Zeit, um Mony und Kash vom dort abgebildeten Tassili zu berichten…
Der unsterbliche Tassili der Rote. Ursprünglich ein gewöhnlicher Rasseth, der mit seinen Brüdern und Schwestern die neue Welt bevölkerte, die durch die Zusammenkunft von Makaa, der weiblichen Erde, und dem männlichen Himmel, Rashna, fruchtbar gemacht wurde. Die Entwicklung ihrer „Kinder“ und die daraus entstandene Selbstständigkeit kränkte Makaa in ihrer göttlichen Macht, alleinig Leben schenken zu können. Als nicht mehr wertgeschätzt, rächte sie sich am Volke der Rasseths und stellte die Natur gegen sie. Raubtiere dezimierten das Volk Stück für Stück, bis die Evolution den Instinkt reingrätschen ließ… Ein Rasseth wehrte sich. Tötete eines der angreifenden Tiere und aß es. Tassili. Mit jedem getöteten Raubtier wurde er stärker. Mächtiger. Brutaler. Schon bald war er der Verteidiger seines Volkes und Makaa damit mehr als nur ein Dorn im Auge. Als letzten Ausweg ließ sie eine Bestie auf ihre Schöpfung los, die ihr ebenbürtig sein sollte. Shilla, eine Riesin aus Lava, Asche und beißenden Flammen. Ein Jahrtausende andauernder Kampf entbrannte zwischen den Kontrahenten, aus dem einer schließlich blutbesudelt als Sieger hervorging: Tassili der Rote.
Nur eine Sage? Eine überlieferte Legende? Vielleicht, aber die Aufzeichnungen, die MC Monroe seiner Tochter hinterließ, sprechen eine andere Sprache. Nach der Märchenstunde von Pater Melias rollt auch praktischerweise der heißersehnte Antriebskristall an. Womit allerdings niemand gerechnet hat, ist der plötzliche Aufstand der Rasseth, als das Schiff am nächsten Tag wieder flugtüchtig gemacht werden soll. Diese zeigen nämlich auf recht bissige Weise, dass das Fleischfresser-Gen noch immer in ihnen schlummert. In Fort Messaoud bricht urplötzlich die Hölle los und die „Dolores“ ist daran nicht ganz unschuldig…
„Ich brauche mehr Details.“
-Hans Immer (anno 1984)
Erwartet man eigentlich von einem Auftaktband, dass dieser zumindest die Hauptfiguren informativ einführt und erst langsam in Fahrt kommt, legte der direkte Vorgänger, „Der Pfad der Neuen Pioniere“, ein beachtliches Tempo vor. Für die Leser gab es nur die nötigsten Informationen, was auch gut bei der Stange hielt. Ja, sogar richtig neugierig machte. „Die Waisen von Fort Messaoud“ holt dieses jetzt nach. Zumindest was die Backstory von Kash angeht… und der Tatsache, dass Mony ihn an eine bestimmte Person aus seiner Vergangenheit erinnert. Wir reden da nicht von einer Ähnlichkeit, sondern davon, dass Mony und Jessy Double Gun, Kashs früherer Captain und Partnerin in den unzähligen Roboter-Fights, die die Massen in die intergalaktischen Arenen lockten, sich wie Zwillinge gleichen.
Didier und Lyse Tarquin machen es echt geschickt, wie sie uns nur mit kleinen Häppchen füttern. Auch das Tempo der Story ist durchaus gelungen, denn es bleibt nicht nur bei ausschweifenden Rückblenden, die uns von Kashs Robo-Prügeleien und eben dem Tassili-Bums berichten. Immer, wenn es erzählerisch ins Langatmige zu gleiten droht – schließlich will man ja nicht einen ganzen Band inhaltlich auf der Stelle treten -, kickt die Action schräg von der Seite rein und es rappelt im Karton.
„Tut mir leid, die Sauerei.“
-Han Solo (anno 1978)
Action konnte der erste Band auch schon gut. Und dem steht die Fortsetzung in Nichts nach. Neben halsbrecherischen Weltraumschlachten, bei denen die „Dolores“ dann mal zeigen kann, aus welchem Metall sie gefräst ist, gibt es ebenfalls handfest ordentlich aufs Maul. Sei es im Arena-Flashback oder gegen die wildgewordenen Allesfresser der Rasseths. Und dabei wird nicht gerade zimperlich vorgegangen. Da fliegen schon mal die Einzelteile durch die Gegend… auch die organischen. Kash ist halt ein muskelbepackter, benzinpissender, stacheldrahtfressender Berufs-Alki mit mächtig Zunder im Oberarm… und entsprechend kurzer Lunte. Da kann es ganz schnell mal unschön werden, was wiederum vom Zeichner Didier Tarquin brutal und größtenteils schön auf die Seiten genagelt wurde. Die Farben von Lyse Tarquin mache erneut einen Großteil der Atmosphäre aus.
Fazit:
Eine handfeste Spaceopera, die ihre Handlung nicht sofort auf dem Silbertablett serviert, sondern in mundgerechten Happen serviert, die Du auch ohne zu Kauen schlucken kannst. Die Action ist filmreif in Szene gesetzt und dreckig, wie der Aschenbecher im Millennium Falcon.
Didier Tarquin, Lyse Tarquin, Didier Tarquin, Splitter
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