Toni und Charlie - Band 1: Dinos und Donnerwetter

Den Eltern-Code geknackt

Ja, sie wissen, wie sie ihren Willen durchsetzen können. Niemand sollte unterschätzen, wie kreativ Kinder werden können, wenn es darum geht, einen Elternteil entweder um den Finger zu wickeln, hinters Licht zu führen oder angesichts kindlicher Logik ziemlich schnell in Erklärungsnot geraten zu lassen. Die Schwestern Toni und Charlie bilden da keine Ausnahme. Eher sind sie Paradebeispiele, von denen angehende Leons und Leonies noch Einiges lernen können.

Toni, eigentlich Antonia, ist die ältere der beiden und geht bereits in die Schule. Eine spannende Zeit, die den weiteren Lebensweg maßgeblich prägt, aber auch frustrierend sein kann. Zum Glück gibt es ja noch Ferien… und Wirbelwind Charlotte, genannt Charlie, mit der es in der freien Zeit wirklich nie langweilig wird. In Kombination sind die Schwestern die abenteuerlustigste Symbiose seit Nitro und Glycerin, was… irgendwie überhaupt keinen Sinn ergibt…, jedoch bin ich mir sicher, dass Toni und Charlie selbst diesen hanebüchenen Vergleich mit ihrer charmanten Art irgendwie sinnvoll erklären könnten. Um Ausreden und halsbrecherische Thesen, gestützt durch feinste Kinder-Logik, sind die beiden nämlich nie verlegen. Nicht selten treiben sie damit ihren Vater in den drohenden Wahnsinn, der als freiberuflicher Software- und App-Entwickler versucht, Home-Office und Kinderbespaßung irgendwie unter einen Hut zu kriegen. Während ihre Mutter berufsbedingt oft auf Geschäftsreisen ist, haben die Mädels im Haus definitiv die Hosen an.

Jubel, Trubel, Heiterkeit

In bester frankobelgischer Tradition hat der deutsche Comic-Zeichner und -Autor Marcus Repp eine feine Zusammenstellung seiner Chaos-Schwestern Toni und Charlie als Album im Selbstverlag veröffentlicht. Warum im Selbstverlag? Nun, vielleicht weil ein Band mit einseitigen Kurzgeschichten von größeren Verlagen nicht als möglicher Verkaufsschlager angesehen wird und man lieber auf fortlaufende Reihen setzt, um eine Stamm-Leserschaft zu binden, anstatt Gelegenheitsleser einmalig anzusprechen… who knows? Jedenfalls hätten „Toni und Charlie“ und auch Marcus Repp es verdient, dass ein größeres Publikum auf sie aufmerksam wird, denn die kleinen Geschichten aus dem Alltag haben alles, was gute Unterhaltung braucht. Kreativität, Witz, sympathische Figuren und – besonders wichtig, damit die Nummer auch funktioniert – das wachsame Auge eines zeichnerisch begabten Familienvaters, der für seine Storys reichlich Inspiration aus dem wahren Leben zieht und damit die perfekte Grundlage schafft, dass vor allem Eltern beim Lesen durchgängig nicken und schmunzeln.

Begonnen hat Marcus Repp mit seinen kleinen Alltagsgeschichten bereits 2015. Auf der Homepage tonieundcharlie.de sind seitdem 79 Strips erschienen, bei denen die Fantasie der Kids sie auch gerne mal aus der Realität ausbrechen lässt. Mal führt es sie in eine brütend heiße Wüste, dann auf den Meeresboden, in einen Märchenwald, ins frühe 19. Jahrhundert oder sogar ins Weltall. Dennoch bleiben ihre zahlreichen Abenteuer stets geerdet und immer augenzwinkernd.

Im vorliegenden Album „Dinos und Donnerwetter“ finden sich ausgewählte Highlights, die mit frühen Geschichten ab dem Jahr 2016 beginnen. Die Storys werden mit jeder Seite, derer es insgesamt 44 gibt, aktueller, bis wir schlussendlich in 2021 ankommen. So lässt sich kontinuierlich sehr schön die zeichnerische Entwicklung von Marcus Repp verfolgen, der dem markanten Design seiner Figuren zwar weitestgehend treubleibt, aber einen immer sicherer werdenden Strich aufs Papier zaubert.

Fazit:

„Toni und Charlie“ liefern beste Unterhaltung für die ganze Familie. Kleine Frechdachse und angehende Rabauken werden sich an den Späßen der Schwestern erfreuen, während Eltern von so manch fein beobachteter Eskapade ein Liedchen singen können. Ein kurzweiliger Episoden-Comic mit viel Fantasie, wortgewandtem Humor und einer Menge Herz.