You Look Like Death: Klaus - Eine wandelnde Leiche
- Cross Cult
- Erschienen: Februar 2022
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Fear and Loathing in Hollywood
„…under my Umbrella.“
2007 ging Gerard Way, der Frontmann und Gründer der mittlerweile aufgelösten Rockband My Chemical Romance,als Autor mit einem Comic an den Start, der sich schnell zum Geheimtipp mauserte. Zusammen mit dem „Daytripper“-Co-Schöpfer Gabriel Bá hob er „The Umbrella Academy“ aus der Taufe. Eine der wohl ungewöhnlichsten Superhelden-Kombos überhaupt. Die Handlung dreht sich um die Zöglinge eines exzentrischen Milliardärs, der sieben Kinder adoptierte, welche unter extrem mysteriösen Umständen geboren wurden. Sir Reginald Hargreeves erkannte deren Potential und machte sich zum Ziel, diese zu Superhelden auszubilden. Heraus kamen mehr oder weniger verkorkste Charaktere, die einiges aufzuarbeiten haben. Ganz nebenbei müssen sie noch die Welt retten und versuchen stets, sich nicht selbst an die Gurgel zu gehen. Wenn es innerhalb dieser dysfunktionalen Familie um verkorkste Persönlichkeiten geht, steht vor allem Klaus in der ersten Reihe ganz weit vorne… und winkt dabei noch hektisch mit dem ganzen Zaun, während mehrere Leuchtpfeile wild blinkend auf ihn zeigen. Verhaltensauffällig, drogensüchtig und ein Paradebeispiel für schlechten Umgang, ist es vor allem dem irischen Schauspieler Robert Sheehan zu verdanken, dass Klaus Hargreeves auch im NETFLIX-Hit schnell zum Fan-Liebling mutierte. Da ist es wenig verwunderlich, dass der fleischgewordene Klaus himself das vielleicht verwirrendste Vorwort verfasste, was ich je in einem Comic lesen durfte. Und zwar in einem Comic, der sich ausschließlich um diesen durchgeknallten Charakter dreht. Um den sperrigen Titel hier einmal in Gänze glänzen zu lassen: „The Umbrella Academy präsentiert: You Look Like Death: Klaus - Eine wandelnde Leiche“. Geht federleicht über die Lippen, was? Jedenfalls werden hier die Uhren zurückgedreht… und wir erleben einen 18-jährigen Klaus in seiner wohl wildesten Phase. Zehn Jahre vor den Ereignissen der „Weltuntergangs-Suite“, dem ersten Story-Arc der „Umbrella Academy“.
HELLO - GOODBYE
Da hat wohl einer den Bogen überspannt. Mal wieder. Kräftig überspannt sogar. So sehr, dass Reginald Hargreeves seine Nummer Vier (welcher treusorgende „Vater“ nummeriert seine Kinder nicht?) kurzerhand vor die Tür setzt. Wiederholte Regelverstöße, sein übermäßiger Drogenkonsum und schlicht und einfach die Tatsache, dass er die pure Enttäuschung in Person ist, sorgten für diesen Entschluss. Klaus, gesegnet mit der Gabe Verstorbene heraufzubeschwören, muss sich nun ohne die Kohle seines Ziehvaters durchschlagen. Trotzdem zieht es ihn erstmal zum örtlichen Drogendealer, dessen gesamten Vorrat er sich umgehend hinter die Nasenflügel kloppt. Der Stoff beamt ihn an einen mysteriösen Ort: die Leere. Ein friedvolles Plätzchen zwischen Himmel und Hölle, wo Klaus eine ungeahnte Bekanntschaft macht. Bekanntschaft macht er allerdings auch mit dem Drogenbaron Shivers, einem Vampir-Schimpansen (ja, ich weiß… ich musste auch zweimal hingucken), dessen Vorräte er ungefragt geplündert hatte. Das gefällt dem blutsaugenden Primaten nämlich nicht so gut, weshalb er zur Jagd auf den flüchtigen Hargreeves-Spross bläst.
Klaus zieht es derweil nach Hollywood. Genau der richtige Ort für kaputte Seelen, die mehr im Schein als im Sein leben. Auf einer ausschweifenden Party lernt er die ausgebrannte Hollywood-Diva Vivian Clarke kennen. Sie möchte von dem frischen Wind, den Klaus mit sich bringt, profitieren. Immerhin kann dieser die verblichenen Stars reanimieren, mit deren Coaching-Hilfe Vivian noch einmal den Schauspiel-Olymp erklimmen möchte. Um Klaus die Entscheidung zu erleichtern, lockt die Dame mir reichlich Alk und einer Palette feinster Drogen. Da lässt sich die Ex-Nummer Vier nicht zweimal bitten… zumal ihn seine Trips immer wieder in die Leere katapultieren, an der er so langsam Gefallen findet. Allerdings sollte er nicht die Rache von Shivers und Vivian Clarkes Beharrlichkeit unterschätzen…
Umbrellaspotting
„You Look Like Death“ ist das erste Spin-off im „Umbrella Academy“-Universum. Die Autoren Gerard Way und Shaun Simon haben eine leicht zugängliche Solo-Vorgeschichte erschaffen, die selbst für „Umbrella“-Neulinge gut funktioniert und nicht die aus den Bänden „Weltuntergangs-Suite“, „Dallas“ und „Hotel Oblivion“ bestehende Hauptgeschichte referenziert. Wie auch… die Handlung spielt ja Jahre vor den Ereignissen. Wenn, tauchen höchstens Figuren am Rand auf, deren genauere Charakterzeichnungen den drei „Umbrella“-Bänden vorbehalten bleibt. Wer also mehr über die ausschließlich im ersten Kapitel auftauchenden Hargreeves-Familienmitglieder wissen möchte, sollte nach „You Look Like Death“ unbedingt mit „Weltuntergangs-Suite“ weitermachen, oder in die NETFLIX-Serie einsteigen, von der bislang zwei Staffeln abrufbereit stehen.
Im Gegensatz zur Hauptserie durfte hier der Künstler I.N.J. Culbard zum Stift greifen. Der Stil des Briten ist sichtlich von der Ligne Claire beeinflusst, was sich in seiner präzisen Linienführung jederzeit wiederspiegelt. Visuelle Experimente sind den Drogen-Trips vorbehalten, während die nüchterne Erzählweise angenehm übersichtlich ausfällt. Culbards Farben sind hingegen poppig und stehen oft in direktem Kontrast zueinander. Verspielt und mit hohem Wiedererkennungswert. Cover und Kapiteltrenner stammen vom ursprünglichen „Umbrella“-Zeichner Gabriel Bá. Eine Cover-Galerie zeigt Variant-Motive der sechs Einzelhefte, die im US-Verlag DARK HORSE erschienen sind. Darunter tolle Artworks von David Mack, Jenny Frison und I.N.J. Culbard. Letzterer gibt abschließend - und nach einem Nachwort von Co-Autor Shaun Simon - noch Einblicke in sein Sketchbook.
Fazit:
Ein schwer unterhaltsamer und ebenso bitterböser Trip in die benebelte Welt von Klaus Hargreeves. Fans von „The Umbrella Academy“ - egal ob von der gedruckten Variante von CROSS CULT oder der gleichnamigen NETFLIX-Serie - können bedenkenlos zugreifen. Aberwitzig, schwarzhumorig und manchmal sogar überraschend tiefgründig.
Shawn Simon, Gerard Way, Gabriel Bá, I.N.J. Culbard, Cross Cult
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