Teenage Mutant Ninja Turtles / Usagi Yojimbo - Namazu
- Dantes Verlag
- Erschienen: November 2017
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*NAMAZU!* …Gesundheit.
„Die Schildkröte(n) und der Hase“
Dieser Titel bezieht sich nicht nur auf den gleichnamigen Zeichentrick-Kurzfilm, den Disney 1935 im Rahmen seiner „Silly Symphonies“-Reihe veröffentlichte, und der Fabel des antiken griechischen Dichters Äsop, dessen Werk auch die Micky Maus-Schmiede inspirierte. Für Stan Sakais neues Crossover steht die tierische Konstellation ebenfalls an vorderster Front. Für die im vorliegenden Comic auftretenden Charaktere ist der Fabel-Vergleich natürlich eine Steilvorlage, auch wenn Schildkröten und Hase hier nicht im sportlichen Wettkampf gegeneinander antreten, sondern Seite an Seite stehen.
„Namazu – Die Geschichte vom Riesenwels“ startet gleich auf der ersten Seite rasant ins Abenteuer. Usagi verteidigt eine Gruppe Pilger auf einem Straßenabschnitt vor gierigen Banditen. Ein Klacks für den schwertschwingenden Langohr-Leibwächter! Von den dankbaren Geretteten erfährt er, dass „der Alte“ ihn in seiner nahgelegenen Höhle, der „grünen Grotte“, bereits erwartet. Neugierig, wer sich hinter dem vermeintlich Unbekannten verbirgt, macht Usagi sich auf zu besagter Grotte. Unterwegs wird er allerdings von einem Erdbeben überrascht… eine von vielen Erschütterungen der jüngsten Zeit. In der Höhle angekommen, stellt der Samurai überrascht fest, dass es sich bei „dem Alten“ um einen „alten“ Bekannten handelt… Kakera.
Nicht nur Kakeras Name, welcher übersetzt etwa „Splitter“ bedeutet – also im englischen „Splinter“ -, erinnert an den Lehrmeister der grünen Kampfkunst-Kröten, auch sein Äußeres gleicht der weisen Ratte aus der New Yorker Kanalisation wie ein Spiegelbild. Der Sensei der anthropomorphen Parallelwelt kommt auch gleich zur Sache und bittet Usagi, ihn zum Kashima-Schrein zu geleiten, wo er ein wertvolles Objekt deponieren muss. Da Kakera aber bereits Verfolger auf den Fersen sind, ist weitere kampferprobte Verstärkung vonnöten.
Mit Hilfe von vier frisch gefischten Schildkröten beginnt der Nager-Mystiker ein Beschwörungsritual… (ich würde ja sagen, er tanzt eine Runde Voodoo, aber dann würden mir wahrscheinlich die Buddhisten die Bude einrennen). Als Ergebnis der Zauberei stehen plötzlich die „Teenage Mutant Ninja Turtles“ in dem ihnen unvertrauten Terrain. Man könnte jetzt einwerfen „Die Geschichte von Hasen und Schildkröten ist eine Geschichte voller Missverständnisse“ und würde damit sogar voll ins Schwarze treffen, denn die Parteien rasseln erstmal ordentlich aneinander. Nachdem die anfänglichen Streitereien – im wahrsten Sinne - ausgefochten sind, macht man sich gemeinsam auf den gefährlichen Weg zum Schrein, denn die Zeit drängt…
Der Riesen-Wels „Namazu“, der tief unter der Erdoberfläche lebt, ist für die zahlreichen Beben in der Region verantwortlich. Sollten Usagi, Kakera und die Turtles das „mysteriöse“ Objekt nicht rechtzeitig an seinen Zielort bringen, ist die Zerstörung des Landes nicht mehr aufzuhalten. Und da wären ja auch noch die lästigen Verfolger…
KampfKunstKreuzung
Drei einzelne Worte, die das Gebotene auf den Punkt bringen, aber auch als ein Wort gelesen absolut zutreffen. Hier trifft der umherstreifende, herrenlose Samurai – also ein „Ronin“ – Miyamoto Usagi auf vier alte Bekannte, die seit Anfang der 90er nicht mehr aus der Pop-Kultur wegzudenken sind… die „Teenage Mutant Ninja Turtles“.
Usagis Schwertkampfkunst, die er während seiner Ausbildung perfektionierte, kreuzt sich hier mit den Lehren der weisen Ratte Splinter, welcher seine Schützlinge zu lautlos agierenden Ninjas ausbildete. New Yorker Street-Style clasht auf in sich ruhendes Mitglied des Kriegerstandes aus dem vorindustriellen Japan. Ein „ehrenvoller“ Samurai, der dem Verhaltenskodex Bushido folgt und vier „ehrlose“ Ninja, die hauptsächlich als Attentäter und Spione verpönt sind. Kann das gutgehen?
Um es kurz zu machen: Ja, das kann es. Aber eigentlich müsste es heißen: Kann das ERNEUT gutgehen? Das aktuelle Crossover „Namazu“ ist nämlich nicht das erste Aufeinandertreffen der anthropomorphen Comic-Stars! Bereits 1987 kreuzten sich ihre Wege in der Kurzgeschichte „Turtle Soup and Rabbit Stew“ aus dem Hause Mirage Studios. In Deutschland ist diese Story – unter dem Namen „Schildkrötensuppe und falscher Hase“ - im Band „Usagi Yojimbo 03 – Der Weg des Wanderers“ nachzulesen, der ebenfalls – wie die gesamte Reihe, welche aktuell stetig vervollständigt wird – bei Dantes Verlag erschienen ist.
Weitere Crossover-Stories bei Mirage waren „The Crossing“ (in „Usagi Yojimbo“ Vol.1 - #10, 1988), „The Treaty“ (im „Shell Shock“-Sammelalbum, 1989) und der Dreiteiler „Shades of Green“ (in den Ausgaben „Usagi Yojimbo“ Vol.2 - #1-3, 1993). Letztgenannter findet sich auch in der deutschen Veröffentlichung „Usagi Yojimbo 08 – Im Schatten des Todes“.
Das hier vorliegende Wiedersehen „Teenage Mutant Ninja Turtles / Usagi Yojimbo“, welches im Original den Untertitel „Namazu or the Big Fish Story“ trägt, erschien in den USA im September 2017 und stellt eine Zusammenarbeit der Verlage Dark Horse Comics und IDW Publishing dar.
Eigenwillig…
…aber gefällig. So könnte man den Stil von Stan Sakai kurz und knapp beschreiben. Seine Zeichnungen sind nicht die schönsten, haben aber einen hohen Wiedererkennungswert, da er seiner Linie unbeirrt treu bleibt… und das ist auch gut so. Alles andere würden langjährige Fans ihm wohl auch nicht verzeihen (hoffentlich schlägt mir für die Bezeichnung „gefällig“ niemand die Rübe ein).
Das Charakter-Design erscheint simpel, erfüllt aber seinen Zweck und versprüht schwungvolle Dynamik. Auch stecken viel mehr Details in den Panels, als ein erster rascher Blick vermuten lässt. Die Farben von Tom Luth sind cartoonig-bunt und wirken freundlich und frisch. Dass ein wenig Farbe ins Spiel kommt, steht sowohl „Usagi Yojimbo“ als auch den quietschgrünen „Turtles“ gut zu Gesicht. Die Reihen, die beide ihre Anfänge 1984 nahmen, wurden nämlich ursprünglich in schwarz-weiß gezeichnet. Die „Heroes in a Half Shell“ von Kevin Eastman und Peter Laird gab es zwar schon öfter koloriert in Aktion, begannen ihre (teils recht blutige) Comic-Karriere aber farblos. „Usagi Yojimbos“ Trip in die kunterbunte Farb-Welt ist da eher ein Ausnahmefall… seine Abenteuer erscheinen – bis auf die Cover-Motive – ausschließlich in schwarz und weiß.
Man kann dem Dantes Verlag, hinter dem sich Verlagsleiter Josua Dantes verbirgt, nur gratulieren, denn er schafft, was der Carlsen Verlag und Schwarzer Turm seinerzeit nicht vermochten zu vollbringen: Eine lückenlose Veröffentlichung der „Usagi Yojimbo“-Reihe!
Einige Bände stehen noch aus, sind aber bereits für das laufende Jahr angekündigt. „Teenage Mutant Ninja Turtles / Usagi Yojimbo – Namazu“ rundet das zukünftige Gesamtpaket hervorragend ab und kann auch optisch und haptisch überzeugen. Das Softcover liegt gut in der Hand und ist qualitativ auf hohem Niveau. Ein richtig feines Comic-Büchlein, das man gerne öfter aus dem Regal zieht.
Im Anhang plaudert dann Ted Adams, der CEO von IDW Publishing, noch mit dem „Usagi“-Vater Stan Sakai und es gibt eine beachtliche Galerie der großartigen Variant-Cover zu bestaunen… unter anderem von Sakai höchstpersönlich, Kevin Eastman und „Groo“-Schöpfer Sergio Aragonés.
Fazit:
Crossover-Geschichten sind manchmal ein zweischneidiges Schwert und in der Comic-Welt auch eigentlich ein alter Hut. „Alien vs. Predator“, „RoboCop vs. Terminator“, „Batman / Teenage Mutant Ninja Turtles“, „Ghostbusters / Teenage Mutant Ninja Turtles“, „Archie meets Batman ‘66“ und unzählige andere Konstellationen gibt es bereits in gedruckter Form. Nur selten erfolgt ein Aufeinandertreffen so gelungen wie im aktuell erschienenen „He-Man und die Masters of the Universe / ThunderCats“, da viele Stories doch recht dünn geraten sind und der Geruch eines schnell verdienten Dollars einen miefigen Schatten auf die hohen Erwartungen wirft. „Namazu“ gehört erfreulicherweise nicht zu dieser Crossover-Gattung und macht richtig viel Spaß!
Stan Sakai, Stan Sakai, Dantes Verlag
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