Der Teufel trägt Louis Devilon
Engel links, Teufel rechts… lechz!
In einer Welt, die von Engeln, Teufeln und Dämonen bevölkert wird, ist das Verlagshaus Infernum Press jüngst an die Spitze der Branche geklettert. Nicht zuletzt wegen des Bestsellers „Spice It Up!“, geschrieben vom angesagten und mindestens ebenso selbstverliebten Autoren Burnet. Eine Entdeckung der Kreativchefin Paprika, denn zufälligerweise ist Burnet ihr Ex. Paprika hat sich von der Lektorin nach oben gearbeitet und geht höllisch in ihrem Job auf… wortwörtlich. Die junge Teufelin hat sich komplett der Arbeit verschrieben, schwelgt im Luxus und besitzt ein nobles Apartment am Central Park. Von nichts kommt halt nichts… und das lässt Paprika tagtäglich ihre eingeschüchterten Mitarbeiter spüren. Mit ordentlich Dampf auf dem Kessel faltet sie schonmal die komplette Belegschaft zusammen, wenn etwas nicht nach Plan oder ihren eigenen Wünschen verläuft. Nicht nur deshalb ist ihr privater Freundeskreis extrem überschaubar. Aber für außerberufliche Aktivitäten hätte der Workaholic wohl auch mit einer sozialeren Ader kaum Zeit. Dementsprechend mau sieht dann auch Paprikas Liebesleben aus. Beziehungen bekommt sie nicht auf die Kette. Sogar das ganz private Vergnügen unter der heimischen Bettdecke wird für sie zum Spießrutenlauf, erscheint ihr doch während ihrer Sexfantasien regelmäßig ihr eigener Vater, der ihr vorhält, wie verdorben sie doch sei. Also bleibt nur die volle Konzentration auf den Job… zum Leidwesen der Verlags-Crew.
Einziger Lichtblick in den heiligen Hallen von Infernum Press ist Dill, der gestählte Lieferbote mit einem Sexualtrieb, der jeden hochtourigen Pornostar wie ein asexuelles Mauerblümchen erscheinen lässt. Sein Heiligenschein täuscht nicht darüber hinweg, dass der schmeichelnde Playboy es faustdick hinter den Ohren hat. Die weibliche Belegschaft schmilzt bei seinem schnulzigen Geseiere gleich reihenweise dahin, aber bei Miss Paprika beißt der Sex-Protz regelmäßig auf Granit. Sie hält eh nichts von diesem oberflächlichen Rumgemache, weshalb die beiden im Büro fast täglich aneinandergeraten.
Als Paprika von höchster Stelle aber darauf angesetzt wird, dem ausführenden Produzenten von Purgatory Pictures - der Firma, die den Bestseller von Burnet verfilmen soll - Honig ums Maul zu schmieren, muss sie aus ihrer Komfortzone heraus. Und bei einem abendlichen Empfang hat sie an der Seite des charmanten Teufels Za’atar sogar so etwas wie… Spaß? Das sind ja ganz neue Töne! Leider ist die gute Paprika komplett aus dem Training und auch innerlich noch reichlich blockiert. Gäbe es da nur jemanden komplett Unbeteiligten mit der nötigen Erfahrung, mit dem sie probehalber mal auf Tuchfühlung gehen könnte. So einen wie… Dill. Hmmm…
Paarungs-Tanz der Teufel
Mit „Sweet Paprika“ hat die italienische Künstlerin Mirka Andolfo ihre neue Creator-owned-Reihe endlich auch bei uns am Start. Nach Hits wie „Contronatura“ (PANINI), „Mercy“ (PANINI), „Die Chroniken von Under York“ (SPLITTER) und der in Deutschland (noch?) unveröffentlichten „Un/Sacred“-Reihe, lässt die vielbeschäftigte Künstlerin, die ganz nebenbei schon unzählige Arbeiten für alle großen Comic-Verlage ablieferte und mit ihrer „Contronatura“-Fortsetzung „Unnatural: Blue Blood“ (IMAGE) und „Red Sonja“ (DYNAMITE) aktuell gleich zwei fortlaufende US-Reihen als Autorin betreut, wieder ordentlich die Puppen bzw. Teufel tanzen. Anlehnungen an den Kino-Hit „Der Teufel trägt Prada“ aus dem Jahr 2006 sind dabei nicht nur zufällig, sondern treiben dessen Inhalt noch auf die Spitze. In mehrerlei Hinsicht. Die gezeichnete Sex-Komödie kommt ziemlich schlüpfrig daher, wird aber nicht so explizit, dass es einem die Schamesröte ins Gesicht treibt. Erotik und Comedy gehen hier auf gutem Mittelmaß Hand in Hand. Zum Hit fehlt aber noch der gewisse Pfiff.
Das gilt auch für Andolfos Zeichnungen. Dass die Italienerin künstlerisch was auf dem Kasten hat, brauche ich bestimmt niemandem zu erzählen. Ihre zahlreichen Arbeiten und Cover-Artworks sprechen da für sich. In „Sweet Paprika“ überspannt sie den Bogen aber gelegentlich, was in mangaesken Fratzenschneidereien gipfelt, die weder hot sind, noch recht zum Inhalt passen wollen. Da bin ich noch etwas zwiegespalten und würde den Stil an sich mit einer soliden 7er-Note bewerten. Einen Extrapunkt gibt es aber für die großartige Cover-Galerie im Anhang. Neben tollen Artworks von Mirka Andolfo geben sich dort „Sonnenstein“-Schöpfer Stjepan Šejić, „Karmen“-Mastermind Guillem March oder Cover-Könner Kael Ngu die Ehre.
Naughty or Nice
In den Staaten bei IMAGE als monatlicher Heft-Titel zu beziehen, bekommen wir die ersten vier Ausgaben im praktischen Hardcover. Wie schon im italienischen Original, wo die Reihe bei STAR COMICS in drei Bänden erschien, wird die deutsche SPLITTER-Ausgabe ebenfalls mit dem dritten Buch abgeschlossen sein. Besonders ist hier, dass interessierte Leserinnen und Leser die Qual der Wahl haben. Für Gelegenheitsleser wird die reguläre Ausgabe eventuell ausreichen. Zumindest, wenn man nur eine gute Zeit mit einer unterhaltsamen Story erwartet und den Band anschließend ins Regal stellen möchte. Sammler und Artwork-Puristen, die vor allem Wert auf Illustrationen und Detailreichtum legen, fahren mit der limitierten Variante besser. Diese ist im Gegensatz zu „Sweet Paprika 1“ komplett farblos, was den Fokus auf Andolfos Bilder noch verschärft.
Apropos „verschärft“: Die limitierte Auflage trägt nicht umsonst den Titel „Hot Paprika 1“. Sie ist graphisch expliziter, was das teuflisch heiße Treiben angeht. Deshalb ist die Empfehlung „ab 18 Jahren“ für die Vorzugsausgabe nicht haltlos aus der Luft gegriffen. Um das Ganze noch etwas schmackhafter zu machen, liegt der „hotten“ Edition ein von Mirka Andolfo signierter Kunstdruck bei. Für Fans der Künstlerin mit Sicherheit nicht uninteressant.
Fazit:
Die stylishen Zeichnungen unterstreichen den schlüpfrigen Humor, sind aber gelegentlich etwas drüber. Speziell wenn es in die Manga-typische Ecke abdriftet, wird es zu überdreht. Dass Mirka Andolfo aber sichtlich Spaß an der Arbeit an „Sweet Paprika“ hatte, lässt sich nicht von der Hand weisen. Mal schauen, wie die Story sich noch entwickelt. Bislang reicht es für einen flotten „Quickie“… wogegen ja auch nichts einzuwenden ist.
Mirka Andolfo, Mirka Andolfo, Splitter
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