Vor „Elf“ kommt? Richtig… „Sechs“
Sprünge
Wo die bisher veröffentlichten drei Staffeln der Netflix-Serie „Stranger Things“ noch chronologisch erzählt werden, gehen die Publikationen in weiteren Medien da andere Wege. Der erste Roman, „Suspicious Minds“ von Gwenda Bond, verfolgt die Geschichte von Elfis Mutter, die im Hawkins National Laboratory ein junges Mädchen kennenlernt, das die Nummer „Acht“ trägt und ebenso wie College-Studentin Terry Ives an den Experimenten eines gewissen Dr. Brenner teilnimmt. Die Handlung spielt im Sommer des Jahres 1969.
Ein paar Jahre später - 8 um genau zu sein - begleiten wir den bärbeißigen Cop Jim Hopper bei der Jagd nach einem Serienkiller, der New York in Angst und Schrecken versetzt. Autor Adam Christopher nimmt sich für seinen Roman „Finsternis“ den Fan-Liebling zur Brust und spendiert ihm einen passenden Background. Fantasy- und Mystery-Elemente bleiben aus und nur die Rahmenhandlung, in der Hopper Elfi am Weihnachtsabend aus seiner Vergangenheit erzählt, erinnert an gewohnte „Stranger Things“- und Hawkins-Momente. Also ein waschechter Cop-Thriller.
Der erste Comic-Band - „Die Andere Seite“ -, den Panini im Juni 2019 veröffentlichte, enthält die komplette US-Mini-Serie, die aus vier Einzelhefte besteht und im amerikanischen Original bei Dark Horse erschien. Die Handlung spielt dabei parallel zur ersten Staffel von „Stranger Things“. Dort wird verzweifelt nach dem spurlos verschwundenen Will Byers gesucht, während der Comic dessen Aufenthalt auf der „Anderen Seite“ verfolgt. Somit ist „Stranger Things: Die Andere Seite“ eine nette Ergänzung zu den Geschehnissen von Staffel 1 geworden, bietet inhaltlich aber keinen großen Mehrwert.
„Stranger Things: Sechs“ verlässt nun die Pfade der ersten Comic-Mini-Serie und orientiert sich vom Erzählerischen mehr an den Roman-Ablegern. Die Handlung spielt vor der Netflix-Serie und fügt sich gut in den Kanon ein.
1970 - 1978
Die junge Francine verfügt über ein besonderes Talent: Sie kann bestimmte Dinge voraussehen. Dies rettet sie und ihre Mutter, als das Mädchen beide vor einem drohenden Autounfall bewahrt. Dass sich solche Talente auch gewinnbringend einsetzen lassen, interessiert besonders Francines aufbrausenden Erzeuger. Dieser nutzt die Gabe seiner Tochter schamlos aus, um die große Kohle in der Lotterie abzugreifen. Jedoch sind die noch unausgereiften Kräfte von Francine nicht immer zu 100% zuverlässig. Da ihre Mutter auch keine große Hilfe ist, was die Verteidigung vor dem Vater mit der lockeren Hand und dem ungezügelten Temperament angeht, sucht Francine immer mehr die Nähe von Ricky. Der gleichaltrige Teenager wohnt mit seiner Mutter in der Nachbarschaft. Als Francine sich nach einem weiteren Wutausbruch ihres Dads Ricky anvertraut, erzählen er und seine Mom ihr von einem speziellen Programm…
Acht lange Jahre sind vergangen, seit Dr. Brennan Francine einen geschützten Ort versprach, an dem sie lernen könnte, ihre Fähigkeiten zu kontrollieren. Acht Jahre voller Lügen und Experimente, völlig abgeschirmt und isoliert von der Außenwelt. Acht Jahre, seit sie nur noch mit „Sechs“ angesprochen und als Experiment betrachtet wurde. Acht Jahre eingesperrt im Hawkins National Laboratrory… und ohne Ricky… bis jetzt! Genau dieser läuft Francine nämlich in den kalten Gängen der Einrichtung über den Weg. Und auch er trägt eine Nummer: „Drei“.
Als „Sechs“ immer bedrohlichere Visionen von der Zukunft hat und auch Dr. Brennans Experimente unter immer menschenunwürdigeren Bedingungen stattfinden, gibt es für die menschlichen Testsubjekte nur noch eine Möglichkeit: Flucht.
Auf der richtigen Seite
Jody Houser, die bereits die erste Mini-Serie als Autorin inszenierte, befindet sich mit „Sechs“ auf einem guten Weg. Die Vorgeschichte ist gut und einigermaßen spannend inszeniert, wenn es auch hier und da Parallelen zu Stephen Kings „Feuerkind“ und dessen aktuellen Roman „Das Institut“ gibt. Die zwischen 1970 und 1978 pendelnde Handlung bekommt durch den Wechsel den nötigen Drive, da viele Szenen ineinandergreifen, was auch visuell gelungen umgesetzt wurde.
Der hierfür zuständige Edgar Salazar setzte für Dark Horse Comics bereits die TV-Serie „The Strain“ um, war bei „Smallville: Season Eleven“ an Bord und mischte bei „Constantine“ und „Red Sonja“ mit… um nur ein paar seiner Projekte zu nennen. Reichlich Erfahrung bringt Salazar also mit und meistert die Umsetzung von Jody Housers Story auch sehr solide. Optischen Bombast darf man nicht erwarten, da die Geschichte einen solchen auch nicht hergibt. Daher geht es eher gemächlich und strukturiert zu, was die künstlerische Bandbreite betrifft.
Die Arbeiten anderer Künstler gibt es am Ende des Bandes zu sehen. Darunter großartige Cover-Artworks von David Mack, Jenny Frison oder Tyler Crook. Als Kapitel-Trenner fungieren die stimmig-düsteren Original-Cover von Aleksi Briclot. Neben dem Standard-Softcover hat Panini auch dem zweiten „Stranger Things“-Comic ein limitiertes Hardcover spendiert. Diese Ausgabe ist auf 333 Exemplare begrenzt und verfügt zudem über ein extrem gelungenes Cover von Christian Ward, welches als Variant schon die vierte und somit finale US-Ausgabe zierte.
Fazit:
Eine Steigerung gegenüber dem ersten Band, da die Handlung hier nicht parallel zu dem abläuft, was wir eh schon kennen. Fans der Netflix-Serie können also bedenkenlos zugreifen und sollten nicht enttäuscht werden. Aktuell läuft in den USA mit „Into the Fire“ bereits die nächste „Stranger Things“-Mini-Serie, die mit Sicherheit in naher Zukunft ebenfalls den Weg zu uns finden wird.
Jody Houser, Edgar Salazar, Panini
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