Stets bemüht…
Fluch (nördlich) der Karibik
Übernatürliche Phänomene haben eine Heimat. Nein, nicht die Kleinstadt Hawkins… und auch nicht den Keller des FBI-Headquarters in Washington, D.C. Es ist ein malerisches Urlaubsparadies mitten im Atlantik, wo die Crème de la Crème der internationalen Spionage-Elite dauerhaft damit beschäftigt ist, größenwahnsinnige Superschurken, Tiefsee-Ungeheuer, Terroristen und weitere Mysterien, von denen die Außenwelt nicht den Hauch einer Ahnung hat, in Schach zu halten. Für gewöhnlich arbeiten die Spioninnen und Spione auf eigene Faust und agieren im Auftrag ihrer jeweiligen Regierung, doch hin und wieder kommt es vor, dass das verträumte Flair der „Insel“ zwei einsame Herzen zusammenbringt… hauptsächlich für flotten Sex, bevor das Tagesgeschäft wieder ruft. Nora Freud ist eine dieser Top-Spioninnen, die sich mit dem übernatürlichen Gedöns, dass das Bermudadreieck so anschwemmt, herumschlagen muss. Es riecht nach Arbeit, als ihre Schwester Connie mit einer Schar Touristen auf der „Insel“ ankommt. Connie ist nämlich Meereskryptozoologin. Laut ihrer Aussage gibt es seit einiger Zeit besorgniserregende Vorkommnisse der dort ansässigen Meerjungfrauen zu beobachten. Das zeigt sich schon sehr bald nur allzu deutlich. Der Sohn einer deutschen Touristen-Familie wird am Strand attackiert und getötet. Grund genug, um der Sache genauer auf den Zahn zu fühlen…
Dauerwerbesendung
Wäre man jetzt gemein, könnte man sagen, dass der Inhalt größtenteils aus einer Retro-Reisebroschüre und Cocktail-Rezepten fürs heimische Besäufnis bestünde… aufgefüllt mit kaschierenden Comic-Seiten. Das ist natürlich leicht übertrieben, obwohl die Story, welche im amerikanischen Original in vier Einzelheften bei DARK HORSE erschien, in dem gewollt unterhaltsamen Werbe-Overkill ordentlich untergeht. Es vergehen nämlich kaum zwei, drei Comic-Seiten bis man wieder rausgerissen wird und der nächste Reklame-Einschub für die ach so tolle Insel folgt. Zum Sammelsurium der Story-Spalter gehören zudem noch Fahndungsplakate, Warnhinweise, Abbildungen einer Gedenkstätte (R.I.P.), Inhalte einer Damenhandtasche (was zum…???), News aus der Tageszeitung (*gähn*), Anreize für einen zehnbändigen Brockhaus aus der Hölle, Landkarten, Mini-Comics, Touristen-Führer und ein Flugblatt der Gesellschaft zur Erhaltung des Bermudadreiecks. Braucht man das? Eher nicht…
Der genaue Nutzen will mir noch nicht ganz einleuchten, aber sollte den Machern eine ähnlich kreative Erzählweise wie bei „Shooting Ramirez“ vorgeschwebt sein, wo die dezenten Werbe-Anzeigen brüllend komisch und sinnvoll platziert wurden (und sich sogar auf im Comic verwendete Produkte bezogen), ging der Schuss gehörig nach hinten los. Witzig ist hier schon mal gar nichts und dass die (eh nur leidlich spannende) Geschichte anhand der Masse an unnützen Gimmicks schon fast in den Hintergrund rückt, ist wohl auch nicht im Sinne des Erfinders. Sehr schade, denn die poppige Kolorierung des Comics ist durchaus gelungen und sowohl Thematik und Setting angemessen. Ebenfalls gefällt, dass immer wieder mal Fotos in die Zeichnungen eingearbeitet wurden, was einen interessanten Collagen-Look erzeugt. Damit enden die Highlights dann schon wieder… aber wenigstens bleiben genug kreative Rezepte, um sich im Anschluss ordentlich den einen oder anderen Cocktail hinter die Binde zu löten. Wohl bekomm’s…
Fazit:
„Spy Island - Ein Bermudadreiecksmysterium“ macht den Eindruck, als würde der Comic viel, viel mehr wollen, als er letztendlich liefern kann. Es gibt einige interessante Ansätze, andere kreative Kniffe werden dafür bis zum Erbrechen plattgetreten, ohne einen Mehrwert zu liefern. So dümpelt die die Story in bunten Bildern seicht dahin und wirkt dabei… stets bemüht.
Chelsea Cain, Elise McCall, Splitter
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