„Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“ -Mahatma Gandhi (Freiheitskämpfer)
Ziviler Ungehorsam
Zwei Worte, die in letzter Zeit enorm viel Zündstoff bieten. Bewusst gegen geltendes Recht zu verstoßen, um auf existierende Problematiken aufmerksam zu machen. Wiegen moralische Ansichten mehr als Gesetzbücher? Wie dehnbar ist eine bestehende Ordnung, bevor der dünne Faden zwischen der Grenze zur Kriminalität reißt? Was sind die richtigen Mittel, um eigentlich wohlwollende Interessen durchzusetzen? Fragen, die derzeit an vielen Brandherden ausgelotet werden. Verständnis und selbstverständliches Pflichtbewusstsein auf der einen, Unmut und Wut über sich aufspielende Selbstdarsteller mit fanatischen Ansichten auf der anderen Seite. Wie und vor allem wo positioniert man sich? Und muss man das überhaupt? Brisant und mit Sicherheit nicht leicht zu klären. Vor allem auf globaler Ebene, denn darauf käme es letztendlich an. Beim Blick aufs aktuelle Weltgeschehen fast schon utopisch, überfallen doch Länder auf grausamste Art ihre Nachbarn, zerfleischen sich selbst koalierende Parteien gegenseitig und ist ein Volk selbst in simplen Gesundheitsfragen derart gespalten, dass ein für viele vielleicht lebensrettender Pieks zum nationalen Aufreger des Jahres wird. Fakt ist allerdings, dass ziviler Ungehorsam schon seit der Antike Praxis ist. Gewaltfreier Widerstand findet sich in allen Epochen, quer über den Erdball. Sucht man allerdings im Kleinen, findet man vielleicht eine unscheinbare, abgelegene Farm mitten im Nirgendwo…
Neu formiert
Stier Silvio herrscht im alten Schloss noch immer mit eisernem Huf. Erst kürzlich statuierte er ein Exempel, indem er seine Nr. 1, den Anführer seines Bluthund-Rudels, opferte und den aufständischen Tieren überließ. Diese fackelten auch nicht lange, da es sie nach Vergeltung dürstete. Nr. 1 ist somit Geschichte… und hinterlässt eine trauernde Witwe und zwei Welpen. Einen Nachfolger findet der selbsternannte Präsident schnell, doch das hilft der hinterbliebenen Familie wenig. So konfrontiert die Witwe die alleinerziehende Katzenmutter Miss Bengalore, die den Aufstand der Tiere gegen den despotischen Herrscher Silvio erst initiiert hat. Dass ihre Leidensgenossinnen und -genossen sich aber dazu hinreißen lassen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, war nie ihre Absicht. So sieht sie ihre Mission gescheitert und gibt auf.
Doch Azelar, die weise Wanderratte, die Miss B erst von der Art des friedlichen Widerstands erzählte, nimmt die niedergeschlagene und desillusionierte Katze ins Gebet. Sie schöpft neuen Mut, doch um die anderen Tiere, erschöpft von der unmenschlichen Plackerei für den Präsidenten, erneut zu mobilisieren, braucht es einiges an Überzeugungskraft. Ganz besonders, da Miss Bengalore es anders machen möchte, und nicht einfach einen Machtwechsel anstrebt. Sie steht für ein friedliches Miteinander. Und das schließt Silvio und seine Meute ein. Ein Gedanke, mit dem ihre Mitstreiter sich nur schwer anfreunden können. Zu viel Leid ist geschehen. Doch Miss B gibt nicht auf…
Wichtiger denn je
„Die Nacht der Gerechten“ leitet das große Finale ein, denn nach dem vierten Band wird die Geschichte um das „Schloss der Tiere“ zu Ende erzählt sein. Wie der Kampf um Gerechtigkeit am Ende auch ausgehen mag, schon jetzt ist sicher, dass Xavier Dorison und Zeichner Félix Delep hier ein außergewöhnliches Gesamtwerk geschaffen haben. Ein mahnendes Beispiel, wohin Diktaturen die Gesellschaft treiben. Die blanke Gier nach Macht ätzt uns nun sein einem Jahr aus jeder Nachrichten-Sendung an, gepaart mit Tod, Leid und Schreckensszenarien, in die sich niemand von uns hineinversetzen möchte. Dass Standhaftigkeit, Mut und ein langer Atem nicht ausreichen, um das Überleben eines gesamten Volkes zu sichern, wird durch unmenschliche Bilder – live und in Farbe – auch dem friedliebendsten Pazifisten klar, doch die Idee eines friedlichen Widerstandes, der eine Welt – und sei sie noch so klein – zum Besseren wendet, ist einfach zu schön, um nicht an ihr festzuhalten.
Fazit:
Eine wichtige, bewegende Fabel mit aktueller Brisanz, die schöner nicht aussehen könnte. Ob „Das Blut des Königs“ letztendlich fließen wird, werden wir im abschließenden Band dieser grandios bebilderten Erzählung sehen.
Xavier Dorison, Félix Delep, Splitter
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