Santas große Sause - Band 2: Rotkäppchen

Santas große Sause - Band 2: Rotkäppchen
Santas große Sause - Band 2: Rotkäppchen
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Marcel Scharrenbroich
6101

Comic-Couch Rezension vonDez 2022

Story

Es geht drunter und drüber, ohne wirklich viel Zusammenhängendes zu erzählen. Das liest man zwar so weg, kann allerdings nicht lange davon zehren.

Zeichnung

Ein solides Debüt von Torben Bockholt. Festliche Stimmung kommt beim digitalen Look dafür aber nur bedingt bei der Leserschaft an.

Alle Jahre wieder

Abgestürzt

Es ist mal wieder diese gewisse Zeit im Jahr. Weihnachtsmärkte, hektisches Treiben in den Innenstädten, der Geruch von leckerem Gebäck, Wham!, überteuerte Glühwein-Plörre mit einem Schuss Schädelspalter… und ein hochmotivierter Santa, der alle Hände voll zu tun hat, um rechtzeitig die Wunschlisten der Kleinen abzuarbeiten. Da muss es - dank des engagierten Rentier-Gespanns - schon ordentlich schnell gehen. Mit Fullspeed zwischen Wolke 7 und 9 hindurch, hätte es dann fast einen ordentlichen Crash gegeben, da der Luftverkehr auch vor einem dicklichen Typen im roten Zweiteiler keinen Halt macht. So reißt es unser Dickerchen vom Schlitten und er stürzt ungebremst in die Tiefe. Auf dem Boden der Tatsachen angekommen, stellt Santa fest, dass es ihn in einen einsamen Wald verschlagen hat. Von der Rentier-Brut, die ihr Chefchen im Eifer des Gefechts überhaupt noch nicht vermisst, fehlt jede Spur. Für Santa nicht das größte Problem, hat er sich doch derart die Murmel angeschlagen, dass er nicht einmal mehr weiß, wer er ist und was er dort zu suchen hat… schon wieder!

Ein weiser Mann sagte einmal die klugen Worte „Dieselbe Scheiße passiert demselben Mann zum zweiten Mal!“, und ja… er hatte recht. Nein, es war kein Dichter, und auch kein Poet oder Philosoph. Es war fucking John McClane. Und wenn einer weiß, wie man Weihnachten rettet, dann er. Aber Santa muss sich nicht mit irgendwelchem Terroristen-Gelumpe herumschlagen, sondern im Idealfall dafür sorgen, dass im Oberstübchen wieder alles geradegerückt wird. Unfassbar, aber der Dicke hält sich tatsächlich für Rotkäppchen! Ob er aus der Nummer noch rechtzeitig herauskommt? Immerhin steht Weihnachten bereits mit scharrenden Hufen vor der Tür…

Zu Risiken und Nebenwirkungen…

Anderenorts treffen wir auf einen Mann, der es ebenfalls nicht einfach hat. Auftritt: Heinz. Jetzt nicht zwingend das Idealbild von einem Traummann, bei dem die Damenwelt weiche Knie bekommt, dafür aber fest entschlossen, für seine Angetraute wieder attraktiv zu werden. Die Wunderpille FettEx soll ihn wieder auf Vordermann bringen, damit es zwischen ihm und Hilde mal wieder anständig knistert. Ihr wisst, was ich meine >knick, knack<. Also knallt er sich das vermeintliche Wunderpräparat in den runden Wanst und wartet gespannt ab. Eine Wirkung tritt ein, was leider hauptsächlich auf sämtliche Nebenwirkungen zutrifft. Darunter auch eine Verminderung der Sehkraft, weshalb er ein junges Mädel auf der Straße mit seiner Hilde verwechselt. Dennoch optimistisch, dass die angestrebte Wirkung noch eintritt, folgt er der Teenagerin in den dichten Wald. Gewicht verlieren tut Heinz nicht gerade, eher das Gegenteil ist der Fall. Zumindest was seine Körperbehaarung betrifft. Es sprießt an den Stellen, wo sich kein Mann niemals nie Haare wünscht. Schon bald macht er dem Wolfsmenschen optisch Konkurrenz, was ihn jedoch nicht davon abhält, tiefer in den finsteren Wald vorzudringen. Sehr zum Unbehagen der jungen Frau, die er doch für seine Gattin hält. Fehlt ja eigentlich nur noch das Rotkäppchen, um die märchenhafte Gaudi perfekt zu machen. Moment, Rotkäppchen… da war doch was?

Am Ziel vorbei?

Wie man unschwer herauslesen kann, hat Autor Michael Mikolajczak hier in bekannten Märchen-Gefilden gewildert und lässt sogar schmerzliche „Bambi“-Erinnerungen wiederaufleben. Altbekanntes wird auf sehr schräge Art und Weise ad absurdum geführt. Das geschieht aber meist nicht subtil, sondern kommt mit dem Holzhammer. Damit tat ich mich schwer, denn die konstante Überdrehtheit des Comics wird schnell anstrengend. Einige Gags sind platt, während andere gar nicht erst zünden wollen. Es passiert einfach zu viel, um eine gelungene Pointe aufzubauen und diese im richtigen Moment abzufeuern. Die Charaktere sind derart drüber, dass die Zeichnungen von Torben Bockholt Hand in Hand mit dem hektischen Treiben gehen. Stark überzeichnet und immer am Anschlag, wenn es um aufgerissene Augen, schnelle Bewegungen und übereifrigen Cartoon-Slapstick geht. Sehr oft durchbrechen Figuren die Panel-Struktur und der Einsatz von Soundwords wird derart überstrapaziert, dass die gute Erika Fuchs es mit der Angst bekäme. Schafft man es, die Übersicht zu behalten, fällt aber auf, dass Torben Bockholt - der hier übrigens sein Comic-Debüt abliefert - im Grunde gar nicht viel verkehrt macht. Seine Zeichnungen sind sauber und schwungvoll, womit er schon mal eine Menge mitbringt, um einen Funny zu einem Funny zu machen. Nur Timing und Pacing benötigten noch etwas mehr Ausgewogenheit. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Noch rätsele ich, wo genau die Zielgruppe für diesen Comic liegen soll. Der Cartoon-Look legt nahe, dass auch eine jüngere Zielgruppe angesprochen werden soll, allerdings kommen Zweifel auf, ob die Thematik auch kindgerecht ist. Bei zahlreichen Anspielungen wird eine junge Leserschaft sich fragend am Köpfchen kratzen, während erwachsenen Leserinnen und Lesern Anflüge von Sozialkritik und angedeuteter Zotigkeit zu harmlos ausfallen dürften.

Wie schon im ersten Band, der noch von André Lammert umgesetzt wurde, gibt es auch hier wieder einen Bonusteil mit Skizzen und Charakterentwürfen. Diese Bleistiftzeichnungen gefallen mir sogar richtig gut und versprühen mehr Charme als das cleane Endresultat. Ebenfalls gibt es wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit anderem Cover-Motiv und signiertem Exlibris. Diese Edition ist auf 50 Exemplare limitiert, unterscheidet sich ansonsten aber nicht von dem regulären Hardcover im Albenformat.

Fazit:

Michael Mikolajczak hat schon viele tolle Geschichten geschrieben, die mich immer wieder überrascht haben. Mal kurz, mal lang… aber immer wieder mit neuen, spannenden Facetten. Im Funny-Genre sehe ich ihn und seine Kreativität dann aber mehr mit gemischten Gefühlen. Weder Pute noch Ente, verpufft die zweite „Sause“ dann für mich doch eher zu einem „Vorglühen“ mit leichtem Kater-Anflug. Ein paar gute Lacher sind drin. Leider nicht genug, um über den Durchschnitt zu kommen. Kurzweilig ist der Dicke mit dem leicht aus der Bahn zu bringendem Gedächtnis aber allemal.

Santas große Sause - Band 2: Rotkäppchen

Michael Mikolajczak, Torben Bockholt, Kult Comics

Santas große Sause - Band 2: Rotkäppchen

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