Text:   Zeichner: Holger Klein

Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre

Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre
Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre
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Marcel Scharrenbroich
8101

Comic-Couch Rezension vonNov 2023

Story

WTF. Diese drei Buchstaben werden Euch beim Lesen sehr häufig im Kopf herumspuken. Und das ist auch gut so… denn sonst müsste man sich ernsthaft Sorgen machen.

Zeichnung

Dicke Tuschelinien, tiefschwarze Schattierungen und ein realistischer Look. Holger Klein bleibt seinem Stil treu.

Race With The Devil

„Whole Lotta Shakin' Goin' On“

Wusstet Ihr, dass der Teufel Gitarre spielt? Hm, ich auch nicht. Zumindest dachte ich bislang, dass er mäßig und ziemlich schief Schlager über blinde Discjockeys trällert, während seine Gattin ihr Taschengeld auf OnlyFans aufbessert. Tja, so kann man sich irren. Jedenfalls hat der Gehörnte wohl wirklich irgendwann mal eine E-Klampfe besessen, die im Laufe der Jahre durch so manche Hände ging. Und ich fresse einen Besen samt Putzfrau, wenn das Teil nicht heute im Besitz von Keith fucking Richards ist! Anderes Thema…

Ende der 1950er war jenes Instrument in Deutschland unterwegs. Es gehörte dem G.I. Johnny Cade, stationiert auf der Ramstein Air Base. Dessen Truck wurde Ziel eines heimtückischen Anschlags. Siggy, ein bescheidener Rockabilly-Sänger mit jedoch reichlich Talent an der Gitarre, befuhr mit seinem Wagen zufällig ebenfalls die Straße und handelte instinktiv. Er zog den G.I. aus dem Wrack, bevor es unter lautem Getöse in die Luft flog.

Eine mehr als nur gute Tat… doch leider vergeblich. Nach einem Auftritt mit seiner Band erfuhr Siggy von einem Sergeanten, dass der Soldat nicht überlebt hat. Allerdings hatte Cale noch einen letzten Wunsch: seine heißgeliebte Gitarre sollte seinem Retter vermacht werden. Der Sergeant erzählte Siggy, dass das Instrument einst einem Blues-Musiker namens Gene Vernon gehörte, der es in einem fairen Gitarren-Duell dem Teufel persönlich abluchste. Fortan war Vernons Musik überaus erfolgreich und populär. Jedoch spielte er derart exzessive Riffs, dass Satans Zupfgeige ein direktes Portal zur Hölle öffnete. Die daraus entwichenen Dämonen schnappten sich Vernon und *klabuff* er wurde nicht mehr gesehen. Außer seinem musikalischen Vermächtnis blieb lediglich der verfluchte E-Schrömmler übrig. Gruselig, nicht wahr?

„Long Gone Daddy“

Nun muss Siggy also schauen, was er mit dem edlen Teil anfängt. Generell mit der Gesamtsituation unzufrieden, jobbt der Rebell in Ausbildung als Mechaniker an der Tanke seines Ziehvaters Mime. An ihm nagt andauernd die Frage, wer seine leiblichen Eltern waren. Antwort darauf kann oder will Mime ihm nicht geben. Nach einer kleinen Auseinandersetzung ignoriert Siggy bewusst die Warnungen des Sergeanten und greift beherzt in die Saiten. So intensiv und von Wut getrieben, dass halt das nahezu Unmögliche tatsächlich geschieht. Er öffnet das Portal zur Hölle… und erblickt sogleich seinen leiblichen Vater. Ohne Namen zu nennen: kantige Rotzbremse, ein mit der Keule gezogener Scheitel, die größte Drecksau, die jemals auf unserer Erde wandelte… na, klingelt da was?

„Rock This Town“

Und genau ab diesem Zeitpunkt beginnt „Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre“ erst so richtig schräg zu werden. Keine Ahnung, wo Holger Klein - Autor und Zeichner des Comics - die Zutaten für diesen abgedrehten Cocktail hergeholt hat, aber ich hätte gerne das Rezept. Die Handlung wird im Laufe der Zeit immer wilder. Jedoch geschieht das mit einer fast schon lächerlichen Selbstverständlichkeit, dass man gar nicht auf die Idee kommt, jeden neuen Twist irgendwie zu hinterfragen. Man nimmt es hin und lässt Klein gewähren. Okay, es gibt ein paar konstruierte Schlenker und auch ein paar Logiklöcher, bei denen man mal kurz scharf durch die Zähne einatmen kann, aber rein vom Unterhaltungswert wird sauber abgeliefert. Vorausgesetzt, man steht auf diese Grenzen sprengende Art.

Holger Kleins Zeichnungen sind überaus atmosphärisch. Sein klarer Stil atmet 50er/60er-Luft, was sich in realistischen Figurenzeichnungen und großflächigen Schattierungen widerspiegelt. Das hat schon in den Comics „Blutspur“, „Paradies“ und „Der Vampir von Düsseldorf“ (ebenfalls bei KULT-COMICS erschienen) sehr gut funktioniert.

Wer es ein wenig exklusiver mag, darf anstelle des regulären Hardcovers zur Vorzugsausgabe greifen. Diese verfügt über ein leicht abgeändertes Cover-Motiv, ist auf 50 Exemplare limitiert und kommt mit einem Exlibris.

Fazit:

Eine satirisch-historische Weird-Fiction mit Rock-Einlagen und Nazi-Dämonen. Fragt mich nicht, ob das ein neues Genre ist, aber wenn es eins ist, haben wir hier den durchgeknallten Prototypen.

Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre

Holger Klein, Holger Klein, Kult Comics

Rockabilly Krauts - Des Teufels Gitarre

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