ROBERT - Endlich eingeschult.

Schulbank-Flashbacks

Endlich kein Zwang mehr. Aus streng getakteten Strukturen ausbrechen, neue Pfade betreten und endlich die Zahnräder aus den trägen Mühlen der 5-Tage-Woche treten. Die Welt erobern, Pionierarbeit leisten, die Ketten der Monotonie abstreifen! FUCK THE SYSTEM!!! Goodbye Kindergarten!

Öhm, ja… vorher geht’s aber noch mal schnell für mindestens zehn Jahre auf die Schulbank, gelle? Während TikTok und Co. in vielen Fällen schon die Erziehung übernehmen, ist das Vermitteln von Bildung in unserer Kirmes, die wir Heimat nennen, glücklicherweise noch gesetzlich verpflichtend. Doch da brennt es an vielen Baustellen, wie jeder sehen kann, der auch nur ein funktionierendes Auge besitzt. Und da rede ich nicht nur von einer drastisch unterbesetzten Lehrerschaft und maroden Schulgebäuden, die bei zu heftigem Türenschlagen wie ein Kartenhaus einzustürzen drohen. Eine PISA-Studie hier, fehlende Digitalisierung dort und on top noch ein paar Pandemie-Schließungen, die es für beide Seiten im proppenvollen Klassenzimmer nicht wirklich einfacher machen. Doch das soll den kleinen Robert erstmal – die Betonung liegt auf erstmal – nicht jucken. Happy, dass die „Wichtelgruppe“ nun der Vergangenheit angehört, freut er sich auf das, was vor ihm liegt. Er sieht seine Zeit gekommen, hat sich zur Vorbereitung durch unzählige Bastelstunden gequält, Singen und Klatschen trainiert wir kein Zweiter und sieht sich körperlich und seelisch gewappnet, der ersten Klasse triumphierend in den Arsch zu treten. Leider tritt die Realität zurück… und das nicht gerade sanft.

Als neustes Mitglied der „Entenklasse“ (was für ein glorreicher Karriereaufstieg) folgt dem Festakt der Einschulung bald der schnöde Alltag, bestehend aus Basteln, Rechnen auf höchstem Niveau, Singen… und dem Lauschen der Chart-Hits der „Flötengruppe“. Alter… wo ist Robert hier nur gelandet???

Simpel… aber nicht einfach

Andre Lux, der schwäbische „Meischdr“ der Strichmännchen, erzählt hier nach „LARS – Der Agenturdepp“ (ebenfalls bei CROSS CULT erschienen) seine zweite durchgängige Geschichte. Dabei folgen wir den zynischen Gedankengängen des sechsjährigen Titelhelden, der kein Detail unkommentiert lässt. Eine bissige Mischung aus Abgebrühtheit und kindlicher Neugier lässt die Leser die eigene Zeit in der Grundschule noch mal Revue passieren und offenbart gleichzeitig schonungslos, woran es dem aktuellen Bildungssystem fehlt. Das Ganze kommt aber nicht mit dem mahnenden Zeigefinger daher, sondern wird von Lux brüllend komisch auf die Spitze getrieben. Bart Simpson und Charlie Brown hätten sich mit ihren Lehrerinnen-Pendants bestimmt blendend mit dem kleinen Robert verstanden. Leidensgenossen sozusagen. Bah!

Stilistisch bekommt man das, was man von Andre Lux kennt: Strichfiguren auf kariertem Papier und gelegentliche Textverbesserungen powered by Tipp-Ex. So zeichnet der EGON FOREVER!-Schöpfer seine in vielen Magazinen, Cartoon-Büchern (im VENTIL VERLAG) und Social-Media-Kanälen abgedruckten Strips bereits seit Mitte der 90er-Jahre, als er selbst die Grundschule mit Pauken und Trompeten erfolgreich hinter sich ließ. Dass der sympathische Künstler dem Schul-Business auch nach seinem Abschluss nicht den Rücken gekehrt hat, hat er uns ausführlich in einem Interview erzählt. Andre Lux ist nämlich mittendrin im Geschehen, was „Robert“ trotz zynischer Übertreibungen erstaunlich ehrlich macht.

Fazit:

Perfektes Timing und schwäbischer Charme machen „ROBERT – Endlich eingeschult.“ zum gelungenen Flashback-Schmöker, der einen noch mal in die eigene Schulzeit katapultiert. Rotzfrech und sauehrlich. Also los… Taschengeld sparen und nach Schulschluss gleich zum Comic-Onkel Eures Vertrauens… sonst gibt’s drei Wochen Tafeldienst mit anschließender Sicherheitsverwahrung!