Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann…
Er ermittelt wieder!
Die Fähigkeit, seinen Patienten wortwörtlich in die Köpfe gucken zu können, ist dem Psychoanalytiker Simon Radius abhandengekommen. Seit er sich an seinem ärgsten Konkurrenten John-Lou Bonseigneur, den sogenannten „Psycho-Doc der Stars“, rächte und ihm mit seinen Fähigkeiten das Hirn dauerhaft schädigte, praktiziert er nicht mehr. Dass zusätzlich noch ein Verfahren mit ungewissem Ausgang gegen ihn läuft, macht es dem Psycho-Investigator nicht einfacher. Speziell der zwielichtige Inspektor Padovani würde Radius lieber hinter Gittern sehen, als dass er noch mal Patienten betreut. Ganz anders seine Vorgesetzte, die Kommissarin Sandra Brody, die unkonventionellen Methoden weniger kritisch gegenübersteht und an Radius‘ Fähigkeiten glaubt. Doch in diesem schwerwiegenden Fall sind ihr die Hände gebunden.
Grund zur Hoffnung liefert ausgerechnet der Mann, der im Prozess gegen Simon Radius als Hauptbelastungszeuge auftreten soll. Ganz im Privaten wendet sich Henri Du Perthuis an den Ermittler in Auszeit und macht ihm ein vielversprechendes Angebot. Anders ausgedrückt: er erpresst ihn.
Der nun geistig komplett demolierte John-Lou Bonseigneur behandelte vor Radius‘ Racheakt den hundertjährigen Vater von Du Perthuis. Als dieser vor fünf Jahren die Treppe hinunterstürzte und sich den Kopf anschlug, verlor er sein Gedächtnis. Schlimm genug, doch kurz vor diesem Unfall erwähnte er einen mächtigen Schatz… in Zusammenhang mit dem Namen Radius. Und dieser Schatz soll nun „gehoben“ werden.
Simon Radius hat keine andere Wahl, er muss den Auftrag annehmen, damit Du Perthuis ihn vor Gericht entlastet. Also reist er mit Assistenten - und neuerdings auch Freundin - Maud ins ansehnliche Château auf dem Land, wo Du Perthuis mit seiner Familie und dem pflegebedürftigen Vater lebt. Große Hoffnungen hat Radius nicht, denn das Kurzzeitgedächtnis des Hundertjährigen leert sich bereits nach fünf Minuten wieder. Dennoch muss er es versuchen. Der alte Mann führte ein bewegtes Leben, und damit wird der Psycho-Investigator von Sekunde 1 an torpediert. Um den Schlüssel zum besagten Schatz zu finden, muss er ungeahnte Hürden überwinden. Er stößt auf Antworten, die nicht nur Eugène Du Perthuis betreffen, sondern seine eigene tragische Familiengeschichte… und er muss sich seinem bislang ärgsten Feind stellen.
Im Rausch
„Das Erbe des Hundertjährigen“ steht seinem Vorgänger in nichts nach. Der zweite Band toppt diesen sogar noch und spielt die Stärken aus, die wir schon im Ende 2021 erschienenen Comic „Im Kopf von Sherlock Holmes: Das Rätsel der skandalösen Eintrittskarte“ (SPLITTER) so sehr lobten. Dort arbeitete Benoit Dahan mit dem Co-Autor Cyril Lieron zusammen, doch es waren vor allem Dahans verschwurbelte Zeichnungen, die sich von anderen Werken abhoben. Beim ersten „Psycho Investigator“-Band, „Die Genese“, musste man auf die künstlerischen Kniffe, bei denen man als Leser aktiv gefordert war, noch verzichten. Das ändert sich nun, und um versteckte Botschaften und Hinweise zu entschlüsseln, muss schon mal eine Seite gebogen, gegen das Licht gehalten oder das Buch gedreht werden. Wenn uns der Comic wie im Rausch in die Gedankenwelt von Eugène Du Perthuis katapultiert, gibt es dann überhaupt kein Halten mehr. Panel-Grenzen verschwinden, Bilder greifen ineinander und die Kreativität des Künstlers springt regelrecht von den Seiten.
Im umfangreichen Anhang finden wir ein Glossar von Maud Keravec, Notizen von Simon Radius‘ Schreibtisch, einen Stammbaum der Familie Du Perthuis, einen Grundriss deren Anwesens, Skizzen und ein Beobachtungsquiz.
Fazit:
Für Krimi- und Rätselfreunde ein großer Spaß. Die Story wirkt gut durchdacht und ausgeklügelt und kann immer wieder überraschen. Die Zeichnungen sind fantastisch und überaus aufwendig. Der Stil selbst mag eine Frage des persönlichen Geschmacks sein, die Inszenierung jedoch ist über jeden Zweifel erhaben.
Erwan Courbier, Benoit Dahan, Benoit Dahan, Splitter
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