Text:   Zeichner: Lukas Kummer

Prinz Gigahertz

Prinz Gigahertz
Prinz Gigahertz
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonAug 2020

Story

Fantasy, Endzeit, Science-Fiction, Märchen… und irgendwie alles dazwischen. „Prinz Gigahertz“ überrascht, schockiert und macht richtig Bock!

Zeichnung

Bunt, grell und dennoch düster. Ein eigenwilliger Mix, der schlicht, modern und irgendwie zeitlos wirkt. Für diese Story ist er wie gemacht!

De Prinz kütt!

Ritter der Apokalypse

Er irrt zielsuchend durch die Ödnis. Eine Welt, die zum Großteil entvölkert ist. Weggebombt unter lautem Getöse. Diejenigen, die den großen Knall überlebten, haben mit den Spätfolgen zu kämpfen. Krankheiten, Mutationen. Mitten in der leergefegten Wüste findet er, der erste Ritter des Königs und General der royalen Widerstandsarmee, die Ruinen einer alten Festung. Im Inneren gerät er in einen Hinterhalt und wird angegriffen. Die Mutierten sind in der Überzahl und bringen den Prinzen zu ihrem Anführer. Zur allgemeinen Verwunderung kennen sich die beiden. Sehr gut sogar. Doch seit dem letzten Treffen mit dem einstigen Weggefährten Brancelot ist viel Zeit vergangen. 30 Jahre. 30 Jahre, seit die Bombe alles veränderte.

In dieser Zeit ist der Prinz kein Stück gealtert. Ganz im Gegensatz zu Brancelot, dem zusätzlich noch die Strahlung zusetzte. Erinnern kann der Prinz sich nicht an die letzten Jahre. Nur, dass er vor der großen Detonation die Prinzessin rettete. Er teleportierte sie aus seiner Welt. Brachte sie in Sicherheit… bevor er hilflos zusehen musste, wie die gigantische Druckwelle das Königreich dem Erdboden gleichmachte. Dann wurde es dunkel um ihn. Die erste Erinnerung setzte ein, als auf dem Grund eines schlammigen Tümpels die Augen öffnete. Zurück an der Oberfläche, war nichts mehr, wie es einst war. Es dauerte eine Weile, bis er realisierte, dass dies noch immer seine Welt war. Eine Welt, die durch einen dünnen Schleier von einer magischen, mysteriösen Welt getrennt war. Nur war dieser Schleier durchbrochen und brachte Chaos über das Land. Chaos, Verwüstung und einen Dämon, der umgehend die Verfolgung des Prinzen aufgenommen hatte. So irrt er weiter, nachdem sein alter Freund Brancelot ihm seine treu verwahrten Habseligkeiten überreicht hat… Utensilien voller Magie und geheimnisvoller Technik. Und sein Schwert… Excalibur.

Den unbarmherzigen Verfolger dicht auf den Fersen, hat Prinz Gigahertz nur ein Ziel: Die Prinzessin retten, die irgendwo gefangen ist… irgendwo zwischen Raum und Zeit.

Kurswechsel

Was als apokalyptisches Fantasy-Märchen beginnt, entpuppt sich schon bald als Genre-Mix sondergleichen. Mit Versatzstücken der Artus-Saga gespickt, driften wir immer weiter in den Science-Fiction-Bereich, der das Weltuntergangs-Szenario bald gänzlich vereinnahmt. Mit nur allzu irdischen Waffen kämpft sich Prinz Gigahertz durch mutierte Horden, Kannibalen und Roboter. Dabei trifft er auf skurrile Gestalten, die diese seltsam vertraute und doch gänzlich neue Welt bevölkern, und offenbart uns Lesern seine Geschichte. Stück für Stück. In Rückblenden werden die Puzzlestücke gedreht und gewendet, bis sie sich ins abgedreht-kunstvolle Bild einfügen.

Wenn’s passt…

…dann passt es. Die recht einfach gehaltenen Zeichnungen lösen zwar keine Begeisterungsstürme aus, funktionieren jedoch überraschend gut. Sogar sehr gut. Hatte ich bei Lukas Kummers autobiographischer Thomas Bernhard-Adaption „Die Ursache“ (Residenz Verlag, ebenso „Der Keller“) noch monotone Bilder, die zwar zum trostlosen Inhalt passten, jedoch Abwechslung vermissen ließen, bemängelt, zeigt er in „Prinz Gigahertz“, wie viel Kreativität in ihm steckt. Abseits von geschichtlichen Stoffen schöpft er aus dem Vollen, was sich in einem wilden und Grenzen sprengenden Ritt entlädt. Er findet für diese Geschichte einen ganz eigenen Stil, der seine phantastische Welt irgendwo zwischen poppiger Fantasy und Retro-Sci-Fi-Märchen mit Leben füllt. Dabei geht Kummer nicht gerade zimperlich vor, was in so manchen Gewaltspitzen wieder derart schräg reingrätscht, dass man es als Leser zwar nicht direkt erwartet, sich bei diesem abgefahrenen Setting aber über NICHTS mehr wundert. Dazu noch kräftige Farben, die man in ihren knalligen Kombinationen schon fast in den 80ern verorten würde. Das kreischend-grelle Frontmotiv des Hardcovers, veredelt mit einem leichten Glanzeffekt, verstärkt dieses Retro-Feeling nur noch. Ein – im positiven Sinne – BASTARD von einer Graphic Novel!

Fazit:

Die Story hat mich echt geplättet! Irre Wendungen und eine extrem kreative Umsetzung. Lukas Kummer mischt Genre-Zutaten, die augenscheinlich nicht zusammenpassen, und drückt ihnen einen seiner vielfältigen Stempel auf. Er rührt so lange in den verschiedensten Zutaten, bis ein knallbuntes und kochend-heißes Süppchen entstanden ist, das - von Eurem Vorkoster gesättigt abgenickt - unbedingt auf der Speisekarte Eures Comic-Händlers stehen sollte. ZAHLEN BITTE!

Prinz Gigahertz

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