Kitsch & Kill
Quotenhit!
So ist das mit den TV-Dating-Formaten: tierisch billig, tierisch asi… und tierisch erfolgreich. Und da man weltweit so ziemlich jede Insel abgeklappert hat und auf der Suche nach interessanten Fernweh-Settings an seine Grenzen stößt, gibt es nur eine logische Konsequenz: auf ins Weltall (RTL, übernehmen Sie!).
Eigentlich steht die Besiedlung des Mars im Vordergrund, aber warum nicht das Nützliche mit dem Praktischen verbinden? Schließlich will der zukünftige Heimatplanet auch langfristig bewohnt werden, da kann man schon mal ein paar paarungswillige Kandidaten ins All pusten. Die riemige Besatzung besteht aus jeweils sechs internationalen Kandidatinnen bzw. Kandidaten, welche sich regelmäßig in Einzeldates näherkommen können. Das TV-Publikum ist auf der Erde stets live dabei, wenn werbeträchtig die Funken fliegen. Außerdem können die Zuschauer spenden, damit sich der Pärchen-Start in der New-Eden-Basis luxuriöser gestalten lässt. Aber noch ist es nicht soweit…
Und was weder die Kandidaten noch die weltweiten Zuschauer wissen, ist, dass das sogenannte Genesis Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Serena McBee, der skrupellose Kopf hinter dem Unternehmen, wird währenddessen gefeiert, ist sie mit ihrer heuchlerischen Art doch zur beliebtesten Persönlichkeit der Vereinigten Staaten aufgestiegen. Ihre Popularität könnte sie demnächst sogar ins Weiße Haus bringen… als Vizepräsidentin! Dafür geht sie über Leichen. Nur ein kleiner Kreis weiß, dass das Überleben auf der Mars-Station nicht möglich ist. Und diejenigen, die diese brisanten Infos hätten veröffentlichen können, wurden bereits beseitigt.
Allerdings gibt Andrew Fisher, der Sohn eines tödlich verunglückten Genesis-Mitarbeiters, sich nicht mit dem angeblichen Unfalltod seines Vaters zufrieden. Er wird tätig und beginnt, Nachforschungen anzustellen. Dazu sucht er die frisch verwitwete Cecilia auf, deren Gatte angeblich bei einem Tauchunfall starb. Auch er war ins Genesis-Programm involviert.
Auf dem Raumschiff Cupido bekommt davon natürlich niemand etwas mit, während das Liebes-Karussell sich fleißig weiterdreht. Leonor, die französische Kandidatin, ist zwischen zwei potentiellen Partnern hin- und hergerissen. Marcus und Mozart buhlen um die Gunst der schönen Rothaarigen. Doch Leonor hat Geheimnisse. Eines davon bewahrt sie versteckt unter ihrer Matratze auf: das Handy, welches sie von dem mysteriösen Mann hat, der ihr kurz vor dem Start ins All noch etwas mitteilen wollte. Ruben Rodriguez… der Mann von Cecilia.
Kurswechsel?
Okay… der zweite Band hat es geschafft, dass ich meine Meinung über die Story ein wenig umsortieren muss. Der Kitsch ist geblieben, da lässt sich nicht dran rütteln. Und das ist teilweise so schleimig und platt, dass einem die Augen Bluten und der Zahnschmelz vom Zähneknirschen lustig aus dem Maul bröckelt. Dann sind da aber noch die Verschwörungs-Aspekte, die immerhin ein leichtes Flair von Polit- und Wirtschafts-Thriller aufkommen lassen. Das gefällt und sorgt für ein wenig Spannung. Dass es nicht tiefer geht, ist den immer noch zahlreichen Cringe-Momenten zu verdanken, aber wenigstens gibt die Geschichte jetzt so viel her, dass ich wissen möchte, wie es weitergeht.
Die Pros und Kontras der Zeichnungen von Eduardo Francisco hatte ich bereits in der Besprechung des ersten Bandes erwähnt, und da hat sich auch nicht viel getan. Durchaus stylish, jedoch fast schon überladen. Was mir besonders in „Die Spielregel“ ins Auge sprang: WAS ZUR HÖLLE IST MIT DEN PROPORTIONEN LOS??? Francisco meinte es sicher gut damit, dass er möglichst jeden Millimeter einer Seite ausnutzen wollte, aber Charaktere derart in die Länge zu ziehen, als kämen sie gerade von der Streckbank, geht weit über künstlerische Freiheit hinaus.
Fazit:
Der Raumschiff-Kitsch hat zwar noch die Oberhand, doch abseits des Dating-Geschehens geht es durchaus interessant zu. Sollte der dritte Band ein wenig mehr Thriller-Elemente bereithalten, könnte das Ruder noch weiter herumgerissen werden.
Victor Dixen, Eduardo Francisco, Splitter
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