November - 2. Die Stimme am Telefon
- Schreiber & Leser
- Erschienen: Mai 2023
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Fahrt zur Hölle!
Showdown
Ist der Karren nach einer nächtlichen Talfahrt erstmal hart auf dem Boden der Realität aufgeprallt, lässt er sich nur schwer wieder aus dem Dreck ziehen. Diese Erfahrung machen in einer herbstlichen Halloween-Nacht gleich drei Frauen… und zwar auf die harte Tour.
Eine von ihnen ist die ehemalige Polizistin Kay Kowalski. Als zivile Hilfskraft in der Telefonzentrale der Polizei ist sie zwar noch immer irgendwie Teil des Teams, wird jedoch von ihren früheren Kollegen gemieden. Ein korrupter Haufen mit reichlich Blut an den Fingern, der vor Raub, Mord und Erpressung nicht zurückschreckt. Einst war Kay eine von ihnen, entschied sich jedoch für den Ausstieg aus diesem Sumpf. Ausgerechnet in einer Nacht, in der alles, aber wirklich ALLES drunter und drüber geht, beschließt Kay, einem späten Gerechtigkeitssinn zu folgen. Sie will vergangene Fehltritte geradebügeln. Und das, obwohl es an der privaten Beziehungs-Baustelle ebenfalls reichlich zu tun gibt. Doch das muss warten, denn zuerst geht es um Leben und Tod.
Ebenfalls um Leben und Tod geht es für die dogenabhängige Dee und Emma-Rose. Letztere geriet völlig unbedarft in eine prekäre Notsituation. Sie kreuzte mehr oder weniger zufällig den Weg der korrupten Cops, während Junkie Dee sich von einem allzu verlockenden Angebot in eine Zwickmühle manövrieren ließ. Nun finden sich beide Frauen verschnürt in einer Lagerhalle wieder und treffen dort erstmals aufeinander. Sie wissen nur zu gut, dass ihre Entführer unmöglich Zeugen zurücklassen können. Die Uhr tickt, doch auch Kay ist unterwegs zur Lagerhalle, um ihr Leben in eine andere Bahn zu lenken. Egal wie, es endet… heute Nacht.
Lose Enden
Autor Matt Fraction fügt im zweiten und abschließenden Band von „November“ die verschiedenen Puzzleteile zusammen. Die drei Handlungsstränge verschmelzen. Die rätselhaften Aspekte des Noir-Thrillers, die noch im Vorgänger „Die Frau auf dem Dach“ vorherrschten, weichen nun einem actionorientieren und nicht minder bleihaltigen Finale. Das schaukelt Fraction souverän über die Bühne und nimmt sich außerdem Zeit, Blicke in die Vergangenheiten der Figuren zu werfen, sodass eigentlich keine Fragen des stylishen Krimis unbeantwortet bleiben. Als störend empfand ich lediglich die abgehackten Sätze in den dadurch anstrengenden Dialogen. Eine Unart, die nicht nur in Comics, sondern auch auffällig oft in modernen Filmen verwendet wird, und wohl ein realistischeres Bild vermitteln soll. Mag sein, dass es dadurch näher an der Realität ist, aber will ich, wenn ich fiktive Geschichten lese, nicht genau etwas, was mich aus dem Hier end Jetzt entführt und in eine spannend geschriebene Story eintauchen lässt? Wohl eine Frage des persönlichen Geschmacks, aber zerstückelte Satz-Bruchstücke wie „Ich hab - ich hab’s. Ich -„ oder „- Über die - nein unter - da!“ geben mir nicht wirklich viel.
Elsa Charretier liefert mit ihren atmosphärischen Zeichnungen wieder voll ab. Gerade wenn in dicht an dicht liegenden Panels eine Szene Stück für Stück weiterläuft, vermittelt das einen fast schon filmischen Eindruck. Die monochrome Kolorierung von Matt Hollingsworth geht in „die Stimme am Telefon“ noch ein paar Schritte weiter, da die den Hauptfiguren zugeordneten Farbtöne sich hier - entsprechend ihres Aufeinandertreffens - überlagern. So entstehen einige interessante Farbkombinationen.
Fazit:
Im Finale des Noir-Thrillers „November“ geht es hauptsächlich darum, die losen Enden zusammenzufügen und ein wenig Licht in die Geschichten der drei Hauptfiguren zu bringen. Der Ton ist weiterhin rau und diesmal deutlich actionlastiger. Das Suspense-Szenario des Vorgängers sagte mir doch eher zu, allerdings muss ja jede gute Geschichte irgendwie zu einem Ende gebracht werden. Und das gelingt nicht, wenn nicht Antworten bzw. Taten folgen.
Matt Fraction, Elsa Charretier, Schreiber & Leser
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