Text:   Zeichner: Hamed Eshrat

Nieder mit Hitler! oder Warum Karl kein Radfahrer sein wollte

  • Avant
  • Erschienen: September 2018
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Nina Pimentel Lechthoff
10101

Comic-Couch Rezension vonApr 2019

Story

Eine tolle Geschichte, die respektvoll und interessant erzählt wurde. Nur hier und da wären ein paar Überleitungen gut gewesen.

Zeichnung

Tolle Zeichnungen, die sowohl simpel als auch detailreich sind. Manche Panels könnte man sich auch als Kunstdrucke ins Wohnzimmer hängen.

Wenn’s die Erwachsenen nicht richten, müssen die Kinder ran

Warum kenne ich diese Geschichte nicht?!

Wenn man an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland denkt, fällt einem – oder zumindest mir – immer direkt die „Weiße Rose“ ein, vor allem die Geschwister Scholl. Deswegen finde ich es immer wieder schön, wenn man neue Geschichten über deutsche „Rebellen“, die sich gegen das Nazi-Regime gestellt haben, zu hören bekommt. Die Geschichte um die Widerstandsgruppe „Nationalkomitee Freies Deutschland“ wurde im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojekts der Stiftung Ettersberg recherchiert, das gemeinsam mit der Universität Erfurt, der Stadt Erfurt und der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt wurde. Jetzt ist die Geschichte von Karl Metzner, einem der Mitglieder der Widerstandsgruppe, im Comic „Nieder mit Hitler!“ verewigt worden.

Nach oben bücken, nach unten treten

Der Untertitel des Comics lautet „Oder warum Karl kein Radfahrer sein wollte“. Dieser verdeutlicht ganz schön den Lebensweg von seiner Hauptfigur. Denn Karl Metzner hat sich nicht nur gegen das Nazi-Regime gestellt, er war auch maßgeblich an der Friedlichen Revolution beteiligt. Umso schöner, dass diese Geschichte jetzt den Weg aus den Geschichtsbüchern zum Publikum gefunden hat. Das schönste aber an „Nieder mit Hitler!“ ist, dass die Geschichte sehr natürlich und ohne viel Firlefanz erzählt wird. Es gibt keine unnötigen Ausschmückungen. Das einzige, was ich mir hier und da gewünscht hätte, wären zeitliche Einordnungen. An der einen oder anderen Stelle fehlte mir ein bisschen die Überleitung zwischen den einzelnen Episoden.

Der Protagonist mit der markanten Nase

Die Zeichnungen von Hamed Eshrat sind einerseits sehr simpel – die Gesichter der Figuren sind ein bisschen nach dem „Mondgesicht“ Prinzip gezeichnet: zwei Striche für die Augenbrauen, zwei Punkte als Augen, ein Strich jeweils für die Nase und den Mund. Andererseits schafft er es sehr gut, die Menschen so detailliert zu zeichnen, dass man sie wiedererkennt, vor allem Karl Metzner. Durch seine sehr markante Nase – sie sieht aus wie ein langgezogener Wassertropfen – kann man ihn im Comic (auch als Erwachsener) sehr schnell erkennen. Was mir aber vor allem gefallen hat, ist der Detailreichtum der Umgebungen. Das ist besonders wegen des geschichtlichen Hintergrunds sehr interessant, da auch viele Fotos, die man aus dem Geschichtsunterricht kennt – wie etwa das eingeschlagene Fenster eines jüdischen Geschäfts während der Reichspogromnacht –als Zeichnungen aufgenommen werden. Ganz stark ist auch das Bild der flatternden Flugblätter, die aus der Tram direkt vor dem Erfurter Dom geworfen werden. Das Bild würde ich mir am liebsten als Kunstdruck im Wohnzimmer aufhängen.

Graue DDR, bunte Nazi-Zeit

Obwohl die Geschichte des Widerstands gegen das Nazi-Regime deutlich im Fokus von „Nieder mit Hitler!“ steht, spielt die Handlung auf zwei Zeitebenen. Diese sind auch ganz deutlich voneinander getrennt. Während die Teile, die sich in der DDR abspielen, in einem grau-bläulichen Ton gehalten sind, dominieren in der Nazi-Zeit die Erdtöne. Diese Zweifarbigkeit funktioniert nicht nur als Unterscheidungsmerkmal auf der narrativen Ebene, sondern unterstreicht auch die unterschiedlichen Settings. Während die DDR-Episode sich in einem einzigen Raum abspielt, wo sich zwei Personen aufhalten – das Blau-Grau passt auch ganz gut zur verrauchten Atmosphäre einer Vernehmungszelle –, sind die fünf Jungs während des NS-Zeit sehr viel draußen unterwegs. Zwar unterstützt die Farbgebung der DDR-Epoche das „Grau-In-Grau“-Klischee dieser Zeit, trotzdem finde ich diese Art der Abgrenzung der beiden Zeitebenen sehr gelungen.

Fazit:

Meiner Meinung nach ist „Nieder mit Hitler! oder warum Karl kein Radfahrer sein wollte“ eine wunderschöne Erzählung über den (gewaltlosen) Widerstand gegen eine Ideologie, die man nicht teilt. Auch wenn es einfacher gewesen wäre, „nach oben zu bücken und nach unten zu treten“, hat Karl Metzner nicht klein beigegeben – nicht während des NS-Regimes, noch zur Zeit der DDR. Diese Geschichte haben Jochen Voit und Hamed Eshrat wunderschön in einen Comic gepackt, der nicht nur im Geschichtsunterricht in der Schule gelesen werden sollte.

Nieder mit Hitler! oder Warum Karl kein Radfahrer sein wollte

Jochen Voit, Hamed Eshrat, Avant

Nieder mit Hitler! oder Warum Karl kein Radfahrer sein wollte

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