M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium

M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium
M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium
Wertung wird geladen
Marcel Scharrenbroich
8101

Comic-Couch Rezension vonNov 2019

Story

Anfänglich noch gut nachvollziehbar, geht es in der Handlung bald über Tische und Bänke. Weniger wäre hier mehr gewesen, was zu Punktverlust führt.

Zeichnung

Große Kunst, die detailliert und mit Tiefe gebenden Schattierungen überzeugt. Fans von Mike Mignola dürften sich sehr angesprochen fühlen.

Hyde and Seek

Anarchy in the UK

Da will der gute Dr. Jekyll in der örtlichen Opium-Höhle mal ordentlich einen durchziehen, um die angespannten Nerven zu beruhigen, und dann SOWAS: Der unkontrollierbare Mr. Hyde bricht hervor, übernimmt die Kontrolle und richtet kurzerhand ein wahres Blutbad an. Die herbeigeeilten Uniformierten können die wilde Raserei auch nicht sofort stoppen und werden von dem Ungetüm nacheinander fachmännisch filetiert. Erst durch geballte Waffengewalt bricht der Wüterich blutüberströmt zusammen und das Massaker ist vorerst beendet…

Zeitgleich bekommt man im Londoner Stadtteil Mayfair nichts von diesem Zwischenfall mit. Sherlock Holmes gesellt sich hier zu einer launigen Poker-Runde, um einem gewissen Mr. Gibbs auf den Zahn zu fühlen. Dieser nimmt nämlich die High Society der britischen Hauptstadt nach allen Regeln der Kunst aus. Holmes hat auch schon den perfekten Plan, um das alte Schlitzohr im Rollstuhl zu überführen: Er bescheißt. Simpel, aber effektiv. Mr. Gibbs schmoren bei der offensichtlichen Schummelei alle Sicherungen durch, was nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch wortwörtlich zu nehmen ist. Der alte Gibbs ist in Wahrheit eine Maschine. Ein technisches Wunderwerk, welches sich äußerlich nicht von einem Menschen unterscheiden lässt. Holmes vermutet, dass das Ausnehmen der reichen Bürger nur ein Testlauf sein sollte, um herauszufinden, wie sich der mechanische Geselle unter Menschen macht und dass noch etwas Größeres im Busch ist. Er soll recht behalten…

Im Krankenhaus werden zur selben Zeit die Kugeln aus dem durchlöcherten Mr. Hyde geporkelt und er wird anschließend in ein Zimmer verfrachtet. Geschwächt verwandelt sich Hyde zurück in Dr. Jekyll und kann dadurch unbemerkt das Hospital verlassen. Währenddessen treffen sich der Detektiv und sein treuer Gefährte Dr. Watson mit Mycroft Holmes, Sherlocks Bruder. Die berühmte Spürnase hegt den Verdacht, dass die Einzelteile des mechanischen Mr. Gibbs in den Fabriken des Nobel-Imperiums gefertigt wurden. Und tatsächlich bestätigt ihm Mycroft, dass sich rein zufällig gerade die Witwe von Alfred Nobel in London aufhält, um Finanziers zu treffen. Sie erbte das komplette Vermögen, zu dem auch ein Rüstungskonzern gehört. Sherlock Holmes glaubt allerdings nicht, dass Nobel eines natürlichen Todes starb. Er denkt, dass er ermordet wurde. Noch fehlen allerdings die Beweise zu dieser These… noch.

Als Holmes kurze Zeit später von einem gewissen Mr. Utterson aufgesucht wird, schließt sich auch der Kreis zu Dr. Jekyll. Der Notar vertritt nämlich Jekyll und macht sich Sorgen über dessen Verbleib. Er berichtet, dass der Doktor sich mit einem zwielichtigen Typen namens Hyde abgegeben hätte und vermutet, dass ihm nun etwas zugestoßen sei. Holmes und Watson suchen das Labor des Doktors auf und schauen sich nach Hinweisen um. Tatsächlich entdecken sie ein Morphin. Urplötzlich fallen jedoch Maskierte in Jekylls Wirkungsstätte ein und entwenden das Morphin, bevor Holmes genauere Untersuchungen anstellen konnte. Sie flüchten in riesigen Luftschiffen. Luftschiffe, die bald erneut auftauchen sollen.

Holmes ist sich sicher, dass ein gewisses kriminelles Superhirn seine Finger im Spiel hat und von langer Hand die Fäden zieht. Ein Genie, das eigentlich tot sein müsste. Er sah ihn einst beim Kampf auf Leben und Tod die Reichenbachfälle in der Schweiz hinunterstürzen… Professor Moriarty. Doch noch kann er seine Vermutung nicht beweisen. Zuerst gilt es, den verschwundenen Dr. Jekyll zu finden. Allerdings bricht Chaos über London herein, als die Luftschiffe wieder am Himmel über der Stadt auftauchen. An Bord: Monströse Gestalten, die die Straßen mit Blut tränken und einem gewissen Mr. Hyde nicht unähnlich erscheinen…

Overload

Puh, hier passiert wirklich viel, sehr viel… zu viel. Die Autoren Fred Duval und Jean-Pierre Pécau wollten eine Menge Stoff in ihrer Geschichte verarbeiten und haben sich für meinen Geschmack ein wenig übernommen. Es fällt schwer, alle losen Enden im Auge zu behalten und logisch zuzuordnen. Dabei ist die Idee, Robert Louis Stevensons „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ mit Arthur Conan Doyles „Sherlock Holmes“-Kosmos kollidieren zu lassen, sehr gelungen. Literarische Schwergewichte zu kombinieren ist dabei keine gänzlich neue Idee, wobei Alan Moores „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ im Comic-Bereich wohl als Paradebeispiel gesehen werden kann. Hier tummeln sich Figuren wie Allan Quatermain (nach Henry Rider Haggard), der Unsichtbare, Dr. Moreau (beide nach H.G. Wells), Mina Harker (Bram Stoker), Kapitän Nemo (Jules Verne), Dr. Fu Manchu (Sax Rohmer), John Carter (Edgar Rice Burroughs) und eben auch Jekyll & Hyde und Moriarty, sowie Mycroft und Sherlock Holmes. Die letztgenannten reichen aber auch schon, um „M.O.R.I.A.R.T.Y: Das mechanische Imperium“ an den Rand der drohenden Überlastung zu führen. Dabei ist die teilweise unübersichtliche Anordnung der Panels nicht gerade förderlich, um der Story fließend zu folgen. Hier hätte ein wenig mehr Struktur gutgetan, da die Geschichte den Leser schon genug beansprucht und man nicht erst suchen möchte, welches Panel jetzt auf welchem folgt.

Künstlerisch wird hier allerdings ordentlich abgeliefert! Feine Schraffuren verhelfen, dem London des ausgehenden 19. Jahrhunderts einen rauen und dreckigen Look zu verpassen. Zeichner Stevan Subic stellt die Charaktere dabei sehr realistisch dar und bedient sich ausgiebig am schwarzen Tusche-Töpflein, um großflächige Schattierungen zu setzen. Diese geben den Bildern enorm viel Tiefe und lassen sie in Teilen an zerkratzte, künstlerische Verwandtschaften von Mike Mignola erinnern. So entsteht eine tolle Atmosphäre, die viele kleine Details entdecken lässt und einer Sherlock Holmes-Story absolut würdig ist.

Fazit:

Holmes-Fans und Mystery-Freunde machen mit „M.O.R.I.A.R.T.Y: Das mechanische Imperium“ garantiert keinen Fehlkauf, auch wenn die Story etwas überladen/überfordernd wirkt. An den grandiosen „Dr. Watson“, den Splitter Anfang 2018 veröffentlichte, reicht dieser Band zwar nicht heran, kann aber zumindest optisch voll überzeugen. Das Hardcover-Album im inhaltlichen Überformat (Splitter Double) enthält dabei beide Kapitel, die im französischen Verlag Delcourt als „Empire mécanique“ einzeln erschienen sind.

M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium

Fred Duval, Jean-Pierre Pécau, Stevan Subic, Splitter

M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium

Deine Meinung zu »M.O.R.I.A.R.T.Y - 1. Das mechanische Imperium«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Alita:
Battle Angel

Der „Große Krieg“ ist seit 300 Jahren vorbei. Unter der gigantischen Himmelsstadt Zalem, der letzten ihrer Art, befindet sich Iron City. Hier sind alle Strukturen zusammengebrochen, was die Straßen - speziell nach Einbruch der Dunkelheit – zum gefährlichen Pflaster werden lässt. Im Jahr 2563 sind Cyborgs keine Seltenheit mehr und viele von ihnen verdienen sich ihr Geld als Kopfgeldjäger… sogenannte Hunter-Warrior. Titelbild: © 2019 Twentieth Century Fox

mehr erfahren