Eine Diva mit Widersprüchen
Paris, 1992. Dem jungen Reporter Leon Dessauer ist es gelungen, für ein Interview die einstige Diva Marlene Dietrich in ihrem Pariser Appartement besuchen zu dürfen. Der Empfang ist kalt, das Licht darf nicht angemacht werden, er hat nur eine Stunde Zeit. Nach und nach befragt er sie zu ihrem Leben, das sie mehr oder weniger bereitwillig vor ihm ausbreitet.
Gehalten in Aquarelltechnik mit Bleistiftzeichnungen ist die Graphic Novel „Marlene Dietrich“ im Knesebeck Verlag über die gleichnamige Diva erschienen, die aus ihrem Leben immer ein Geheimnis gemacht hat, jedenfalls aus vielen Teilen daraus. Im Alter ist sie nicht mehr aus ihrer Pariser Wohnung weggegangen und hat die Öffentlichkeit gemieden. Die Graphic Novel versucht einen Zugang zu ihr und ihrem Leben zu finden, der Text stammt von Julian Voloj.
Die Zeichnungen von Claudia Ahlering konzentrieren sich dabei hauptsächlich auf die Gesichter der Menschen, der Rest ist nur untergeordnet. Daher stimmen auch manchmal die Perspektiven zwischen Köpfen und den dazugehörigen Körpern nicht richtig, aber das macht nichts, denn es passt zu der Frau, die stets auf ihr Aussehen konzentriert war und der Rest war nur untergeordnet.
Stationen ihres Lebens, privat wie beruflich
So lassen die Autoren Marlene Dietrich ihr Leben selbst erzählen, oder zumindest einige Eckpunkte daraus. Sie erzählt von ihrer Kindheit in Berlin, wie sie für den Film entdeckt wurde, wie sie ihren Ehemann kennenlernte, wie sie nach Amerika ging. Stationen ihres Lebens, den Dietrich-Kennern nicht neu, den neuen Interessierten wohl dosiert dargebracht. All dies immer aus Marlenes Perspektive, gelegentlich unterbrochen durch Nachfragen des Jungen Leon, dann wird wieder gesprungen.
Beeindruckend sind Szenen wie das Wiedersehen mit ihrer totgeglaubten Schwester nach dem Krieg, gefolgt von der sofortigen Entfremdung und Verleugnung der Schwester, da diese einen Nazi geheiratet hatte. Nach außen hin wurde die Schwester geleugnet, doch hatten sie heimlichen Kontakt – eine mysteriöse Doppelmoral, wie so oft in ihrem Leben.
Mythos mit Widersprüchen
Am Ende bleibt Marlene Dietrich ein Mythos mit vielen Widersprüchen bis zu ihrem Tod in Paris am 6. Mai 1992, und Leon weiß nicht, ob er alles nur geträumt hat. Vieles über sie wird immer mysteriös bleiben, dafür hat sie selbst mit ihrem Lebensstil vor, während und nach ihrer Karriere gesorgt. Das Leben einer Diva, vom Anfang bis zum Ende.
Die Graphic Novel endet mit einer Aufstellung berühmter „Gastauftritte“ in ihrem Leben, diese Persönlichkeiten werden noch einmal kurz vorgestellt und in das Leben der Dietrich eingeordnet, eine interessante historische Ergänzung. Ein Nachwort des Autors ergänzt die Graphic Novel, gefolgt von ein paar Literaturhinweisen.
Fazit:
Die Graphic Novel über den einstigen deutschen Weltstar Marlene Dietrich erzählt Stationen ihres Lebens aus ihrer Sicht, wie sie sie einem Jungen erzählt und damit wie sie sich selber reflektiert. Zeichnerisch werden vor allem die Gesichter der Personen betont, was zeitweise zu seltsamen perspektivischen Verstimmungen führt, was insgesamt gewöhnungsbedürftig ist. Ein Denkmal für einen Mythos, eine Diva, wie sie den Menschen in Erinnerung geblieben ist.
Julian Voloj, Claudia Ahlering, Knesebeck
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