Die göttliche Soap-Opera
Zu Diensten
Bahnt sich da etwa eine göttliche Romanze an? Nachdem Hades, der Gott der Unterwelt, die blühende Unschuld Persephone ganz Gentleman-like nach einem Party-Knockout umsorgt hat, sind bereits erste Funken geflogen. Unbewusst wurde Persephone zum Spielball der Olymp-Elite, womit sich die Sorgen ihrer Mutter, Demeter, als durchaus berechtigt erwiesen. Sie zog ihre Tochter nämlich in der Welt der Menschen auf, damit das Mädchen nicht in die intriganten Machenschaften der Unsterblichen gerät. Tja, der Plan ging wohl nicht auf. Mit zarten neunzehn Jährchen auf dem grazilen Buckel, hat es Persephone in Rekordzeit geschafft, die Aufmerksamkeit verwandter und nichtverwandter Göttinnen und Götter auf sich zu ziehen. Dabei wollte sie doch eigentlich nur auf eigenen Beinen stehen und ihr Studium beginnen.
Während Persephone auf kleinen rosa Wölkchen schwebt, hadert Hades mit seinen Gefühlen. Erst recht, als er von Persephones Alter erfährt. Das wird nicht gerade einfacher, weil Hera, die Gattin des Zeus, die junge Göttin des Frühlings für einen Job vorgesehen hat… freilich nicht ohne Hintergedanken. Persephone soll eine Praktikantinnen-Stelle antreten. Eine besondere Herausforderung, um ihre Qualitäten auf die Probe zu stellen. Ein Austauschprogramm zwischen Olympus und der Unterwelt. Und wo genau? Bei der Underworld Corp… der Firma von Hades, der sich eigentlich fest vorgenommen hatte, auf Abstand zu gehen.
Toxic
Beziehungs-Wirrwarr, erste Liebe, Machtspielchen und Intrigen. Der enorm erfolgreiche WEBTOON-Webcomic von Rachel Smythe bietet alle Zutaten zur Genüge. Das hat reichlich Seifenoper-Charakter, reitet aber nicht die Klischee-Welle. Dafür hat der Clash mit der griechischen Mythologie viel zu viel Charme. Als hätte sich eine Daily-Soap in die Welt der Götter verirrt, die trotz ihrer offensichtlichen Macht überraschend menscheln. Inklusive einiger Beziehungen, die unter keinem guten Stern stehen. Wohl deshalb auch die Trigger-Warnung zu Beginn des Buches, welche eigentlich überflüssig ist. Immerhin haben wie es mit „Lore Olympus“ nicht mit einem Comic für Kinder zu tun. Und ich wage mal zu behaupten, dass die angepeilte Zielgruppe das Geschehen schon einzuschätzen weiß. Wer es RICHTIG toxisch möchte, braucht sich nur in der aktuellen Film- und Serien-Landschaft umschauen… oder in den sozialen Medien. Dagegen sind intrigante Göttinnen und Götter ein Mückenschiss in einer lauen Sommernacht.
Die markanten Zeichnungen von Smythe, die irgendwo zwischen modernem Zeichentrick und knuffigem Chibi-Style zu verorten sind, sind mit ihren knalligen Farben das i-Tüpfelchen. Ich mag mich täuschen, aber in den dunklen Passagen sieht es im zweiten Band nicht mehr so aus, als würden die nahezu schwarzen Hintergründe Details verschlucken. Das mag aber auch daran liegen, dass „Teil 2“ sehr oft die Location wechselt und damit auch in der Farbgebung abwechslungsreich geraten ist.
Augen auf!
Interessant ist, dass „Lore Olympus“ in Deutschland im LYX Verlag erscheint. Spezialisiert auf romantische Unterhaltung und Fantasy, gehört LYX zur großen BASTEI LÜBBE-Familie, und ist damit vielleicht nicht die erste Adresse, mit der man Comics unbedingt in Verbindung bringen würde. Neben „Lore Olympus“ hat der Verlag noch die Serien „Berühre mich. Nicht.“ Und „Let’s Play“ im Programm, von denen ich zumindest Erstere (mit kleinen künstlerischen Abstrichen) schon mal empfehlen kann. Es lohnt sich also, den Blick auch mal abseits prominenterer Publisher schweifen zu lassen. Interessierten Leserinnen und Lesern kann ich nur empfehlen, sich mit offenen Augen durch die Regale von Buch- oder Comic-Händlern zu arbeiten. Stöbern, stöbern, stöbern… und Ihr werdet Euch wundern, was da abseits von Superhelden, Galliern oder dem vermenschlichten Tierreich eines momentan fragwürdigen Unternehmens so wartet.
Fazit:
Der hervorragende Eindruck des ersten Bandes hat nicht getäuscht. „Lore Olympus - Teil 2“ (enthält die Webcomic-Kapitel 26 bis 49 + ein Bonuskapitel) ist frech, witzig und charmant. Die Qualität des massiven Hardcover-Wälzers ist obendrein überragend.
Rachel Smythe, Rachel Smythe, LYX
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