Romie. Yui. Lucas. Billy. Bats. Vickie. Ronnie. Raymond … 8 Kinder … 8 Vampire!
Ein Gruppe Kinder lebt in einer zerstörten Welt. Seit vielen, vielen Jahren schon. In einer Welt, in der die Menschheit vor langer Zeit Opfer einer Katastrophe wurde. Erwachsene? Fehlanzeige! Das hat einen Grund. Die Kinder sind überaus besonders. Nicht auf den ersten Blick. Doch sie sind allesamt Vampire. Gut, dass sie sich hier in den Ruinen der Stadt ungestört die Zeit mit belanglosen Spielchen vertreiben und von Ratten ernähren können. Doch eines Tages bekommen sie einen überlebenden Menschen in die Hände, oder besser zwischen ihre Kiefer…
Veränderung kann Gutes bewirken. Oder auch nicht!
Langsam zieht Lemire den Spannungsbogen in „Little Monsters“ an. Die dystopische Stimmung kann sich behutsam entfalten. Die Kinder sind in ihren Charakterzügen verschieden und unterschiedlichen Alters, teilen aber ein gemeinsames Schicksal. Sie haben sich mit den Umständen arrangiert, haben vergessen. Aber natürlich spüren wir, dass hier etwas in der Luft liegt, „Veränderung“, wie es immer wieder bedeutungsschwanger in „Little Monsters“ vor Augen geführt wird.
Diese Veränderung bricht dann in Form eines Überlebenden mit aller Wucht in den tristen Alltag der Kids ein. Wir werden Zeuge, wie ein alter Durst entfacht wird. So spielt Lemire geschickt mit dem klassischen Horror-Motiv des Vampirs. Blut bleibt überlebensnotwendig und wird in den ansonsten komplett in schwarz und weiß umgesetzten Bildern effektvoll in sattem Rot betont. Und auch in „Little Monsters“ müssen die Vampire das Sonnenlicht meiden. Davon bleiben auch die Kinder nicht verschont. So präsentieren sich die Panels entsprechend atmosphärisch düster mit tiefschwarzen Schatten und starken Kontrasten.
Schnell aber wird klar, dass es Lemire vor allem um die langsam fortschreitende Veränderung unter den Kindern geht. Die Kinder sind über all die Jahre Kinder geblieben. Umgeben von einer Welt ohne Leben, ohne Bewegung. Dieses bereits Jahrhunderte funktionierende Miteinander wird nun aufgebrochen. Immer stärker kristallisieren sich unterschiedliche Interessen heraus. Die Gruppendynamik verändert sich in rasantem Tempo. Unweigerlich werden hier Erinnerungen an “Herr der Fliegen“ wach. Lemire verleiht seinen Figuren nach und nach mehr Konturen und durch Rückblenden erfahren wir von den individuellen Schicksalen. Gerne hätte hier noch schärfer zu Werke gegangen werden dürfen, gelegentlich gerät mir das etwas oberflächlich gezeichnet und die Geschichte wird vorhersehbarer.
Dennoch gelingt es Lemire schnell spannende Fragen aufzuwerfen, insbesondere nach den Hintergründen und den Ereignissen, welche die Kids hier an diesen Ort gebracht haben. Schon bald beginnt das reizvolle Spannungsfeld von „Little Monsters“. Denn aus den anfänglich bemitleidenswerten Kindern werden blutdürstende Geschöpfe, die auf die Jagd gehen müssen. Was aber, wenn sich die Beute wehren wird?
Wie schon erwähnt ist „Little Monsters“ nahezu ausschließlich in schwarz und weiß umgesetzt. Dustin Nguyen gestattet in seinen Bildern nur selten den großzügigen Blick auf verwüstete Stadtbezirke, bei denen auffällige, farbige Kinderzeichnungen beinahe verstörend und surreal wirken. Natürlich haben diese ihre besondere Bedeutung. Den Kindern verleiht Nguyen markante Gesichtszüge mit gegensätzlichem Minenspiel. Kindliches Antlitz und verzerrte Fratze, die Veränderung wird sichtbar.
Fazit:
„Little Monsters“ ist ein gelungener Vampir-Horror, der nicht auf kurzweilige, Effekt heischende Blutorgien setzt - zumindest noch nicht - sondern durch seine besondere Figurenkonstellation und das atmosphärische Setting dem Thema spannende Facetten verleiht. Ist der Blutdurst erstmal geweckt, wird die uralte Sucht zum Lebensinhalt. Bleibt also abzuwarten, was uns im zweiten Band erwarten wird. Die Jagd ist eröffnet, in beide Richtungen....
Jeff Lemire, Dustin Nguyen, Splitter
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