Bis zur Unendlichkeit, und noch viel weiter!
Ein Roboter träumt vom Fliegen
Leschek träumt davon, in den Weltraum zu fliegen und viele spannende Abenteuer zu erleben – genauso wie sein Vorbild, Kapitän Bafoonious. Man versteht aber auch, warum sich Leschek lieber in seine Tagträume über aufregende Weltraumreisen verzieht, als in der echten Welt zu leben. Sein Heimatplanet Neulins ist ein Industrieasteroid und dementsprechend schmutzig und rau, sein Job in einer Spielzeugfabrik ist trist und eigentlich rostet man nur vor sich hin und wartet darauf, dass man verschrottet wird. Denn der Großteil der Bevölkerung Neulins besteht aus Maschinenmenschen.
Obwohl Leschek in seiner Alltagsspirale gefangen ist, klopft das Glück dann doch an seine Tür. Denn sein kürzlich verstorbener Arbeitskollege hat ihm sein ganzes Hab und Gut vermacht – samt einem altmodischen, aber fahrtüchtigen Raumschiff. Das einzige Problem: Der örtliche Baupläne-Händler hat nur Anleitungspillen dieser Art von Raumschiff, die für Menschen geeignet sind – denn in der Welt von „Lescheks Flug“ werden Anleitungen nicht gelesen, sondern eingenommen. Also muss sich Leschek auf die Suche nach einem menschlichen Piloten machen. Aber dann, ja dann kann sein Weltraumabenteuer endlich beginnen!
Eine schöne, neue Welt
Die Welt, die Sebastian Stamm in „Lescheks Flug“ aufbaut ist unglaublich komplex, trotzdem hatte ich beim Lesen nie das Gefühl, total überfordert oder verloren zu sein. Wie bei einem guten Genrewerk bekommt man Vieles gezeigt und fast nichts erzählt, was das Worldbuilding angeht. Die einzige Ausnahme bildet die erste Passage des Comics. Man begleitet Faarman, der Lescheks Piloten-Gesuch antwortet, wie er frisch in Neulins ankommt und einen Intro-Song von einem Straßenmusiker mit Banjo vorgespielt bekommt, der den Asteroidenplaneten Neulins vorstellt. Während man die Musik „hört“ – ich hatte tatsächlich eine Melodie im Kopf und musste den Text fast schon mitsummen – geht man mit Faarman durch die Straßen von Neulins und staunt, genau wie der Neuling selbst, über diese neue, fremdartige und interessante Welt.
Der harte Bruch von der fast märchenhaften Einführung zu Lescheks Alltag verbildlicht ganz gut, wie trist und trocken Lescheks Leben ist. Außer, wenn er in die Abenteuer von Kapitän Bafoonious eintauchen kann oder sich Baupläne für seine eigenen Spielzeugfiguren ausdenken kann. Was mich aber erstaunt hat, ist, dass dieser Bruch lediglich über die Figuren und deren Situationen erfolgt. Der Zeichenstil und die Farbgebung bleiben gleich. Die Farben sind, passend zum etwas Wild-West-mäßigen Setting von „Lescheks Flug“, eher gedeckt. Die Gebäude, die Straßen und viele der Figuren sind in Braun-, Gelb- und Grüntöne gehalten. Hier und da gibt es ein paar bunte Flecken. Dementsprechend sticht Leschek, mit seinem rotweißen Körper, sehr heraus. Auch die Puppen, die er herstellt, sind in den selben Tönen gehalten, genauso wie seine tyrannische Chefin.
Der Anfang einer Weltraum-Odyssee
Die Welt und die Figuren, die Autor und Zeichner Sebastian Stamm für „Lescheks Flug“ konzipiert hat, sind unglaublich spannend und machen Lust auf mehr. Die Art und Weise, wie sich die Geschichte entwickelt, ist sehr spannend und packend, aber vor allem wie sie endet hat mich echt etwas verloren hinterlassen. Nicht, weil das Ende etwa schlecht wäre, ganz und gar nicht. Ich wollte einfach mehr lesen und weiter mit Leschek und Faarman unterwegs sein.
Von Despotinnen und sexy Puppen
Das einzige, was mich wirklich etwas an „Lescheks Flug“ gestört hat, ist, dass es kaum weibliche Figuren gibt. Klar, es gibt eigentlich im Grunde lediglich eine Handvoll Figuren, die zu Wort kommen und viele davon sind Roboter (haben Roboter überhaupt ein Geschlecht?!). Trotzdem ist es schade, dass die Figuren, die man als weiblich wahrnimmt, entweder zickige und nur auf das Aussehen fixierte tyrannische Roboter(innen) oder die sexy Puppen, die Leschek zusammenbauen muss, sind. Ein bisschen unterschiedlichere Figuren-Designs wären mir lieber gewesen. Diese sind bei den eher männlichen Figuren nämlich durchaus vorhanden: Es gibt den bulligen, muskelbepackten Straßenmusiker, den sehr übergewichtigen Baupläne-Händler und auch die Roboter haben alle sehr unterschiedliche Formen – lang, kurz, breit, schmal. Potential wäre also durchaus da, wurde aber leider meiner Meinung nach nicht für alle Figuren eingesetzt.
Fazit:
„Lescheks Flug“ ist für mich ein toller Sci-Fi-Abenteuer-Comic, der echt Spaß macht. Leider war der ganz schnell vorbei. Die Welt, die Sebastian Stamm in den 120 Seiten geschaffen hat, ist lebhaft und das Worldbuilding klappt auch ohne große Erklärungen sehr gut. Nur, dass die als weiblich wahrgenommenen Figuren alle ausnahmslos gleich und sehr negativ gezeichnet sind, finde ich schade. Ansonsten eine tolle, kleine Genre-Perle.
Sebastian Stamm, Sebastian Stamm, Rotopol
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