Kult Geschichten 2 - Flint & Mortimer

Kult Geschichten 2 - Flint & Mortimer
Kult Geschichten 2 - Flint & Mortimer
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Marcel Scharrenbroich
6101

Comic-Couch Rezension vonFeb 2025

Story

„Zwischen den Zeilen lesen“ bekommt hier eine gewichtige Bedeutung. Die Losgelöstheit zwischen Wort und Bild hat mir durchaus gefallen.

Zeichnung

Solide over-the-top Action mit humorvollen Slapstick-Einlagen vs. Unterdurchschnittliche Illustrationen im Digital-Look. Hier pendeln wir uns im Mittelfeld ein.

Grusel-Klamauk in den 70ern

Mehrere Ebenen

Das besondere an Comics ist, dass sie uns gleich zwei unterschiedliche Möglichkeiten liefern, in Geschichten einzutauchen. Je nachdem wie sie erzählt werden. Wird das Erzählte über den Text zum Leser transportiert, nehmen Zeichnungen eine eher unterstützende Funktion ein. So entfällt der Teil, bei dem wir uns – wie beispielsweise in Romanen – das Setting selbst im Kopf zusammenbauen. Schließlich hat jeder eine andere Vorstellung davon, wie Charaktere oder Orte aussehen könnten. Wohl ein guter Grund dafür, dass Roman-Verfilmungen so oft beim Publikum durchfallen, immerhin lässt sich nie der Geschmack eines jeden Einzelnen treffen. Es gibt aber auch Comics, die voll auf die visuelle Ebene setzen. Manche kommen gar ganz ohne Texte daher und lassen einzig und allein die Bilder sprechen. Auch hier ist der Leser gefordert, muss er doch den Grips auf vollen Touren laufen lassen, um das Gesehene schlüssig zu interpretieren und logische Zusammenhänge herzustellen. Beide Herangehensweisen haben durchaus ihre Vorteile… sofern Autoren und Künstler gut abliefern und die Leserschaft nicht auf halber Strecke verloren geht.

„Flint & Mortimer“, der nun zweite Band der „Kult Geschichten“, bricht ein wenig mit den bekannten Konventionen. Ich muss zugeben, dass mich dies ziemlich überrascht hat, denn in einem auf den ersten Blick humorvollen Grusel-Episodencomic hätte ich einen solchen Kniff nicht gerade erwartet. Allerdings hätte ich erahnen können, dass hier auf tieferer Ebene erzählt wird, da alle vier enthaltenen Geschichten vom Autor Michael Mikolajczak stammen. Dieser hat nun schon mehrfach gezeigt, dass er eine ordentliche Bandbreite beherrscht, wenn es um das Erzählen von schaurigen („Blutspur“), nachhallenden („Ratten“), psychologisch-düsteren („Sandmann“), humorvollen („Santas große Sause“) und auch experimentellen („Irrlicht“) Storys geht.

In „Flint & Mortimer“ scheinen sich Text und Bilder auf den ersten Blick regelrecht zu beißen. Jede Geschichte hat Überschneidungen im eigentlichen Comic-Part und den Text-Blöcken, die dem jeweiligen Erzähler vorbehalten sind. Beide Elemente lassen sich losgelöst voneinander betrachten, werden jedoch von einem roten Faden zusammengehalten. So werden tiefgehende, durchaus ernste Erzähl-Passagen mit ziemlich schrägem Comic-Klamauk in einen bunten Topf geworfen, was die Geschichten inhaltlich spannend macht bzw. aufwertet, auf der künstlerischen Ebene aber leider nicht immer für Begeisterung sorgen kann.

Ein Auf und Ab

Schon während der ersten Geschichte, „A.D.A.M“, gewöhnt man sich an diese interessante Erzählweise. Hier bekommen wir es mit einem Familienvater zu tun, der zugedröhnt mit Drogen einen regelrechten Amoklauf startet. Eigentlich will er nur seinen Jungen zurück, den er nach der Trennung von seiner Frau nicht mehr sehen darf. Blöde Sache, keine Frage, aber kein Grund, direkt zum Schießprügel zu greifen und wild durch die Gegend zu ballern. Erst recht nicht auf dem Grundstück der Brüder Flint & Mortimer, die im beschaulichen Salem, bekannt für seine ausufernden Hexenjagden im späten 17. Jahrhundert, das klapprige Haus ihrer Vorfahren bewohnen. Und das ungleiche Duo scheut sich nicht, seinen Besitz mit einem bestens ausgestatteten Waffenarsenal zu verteidigen.

In „Schlafstörung“ bekommen Flint & Mortimer dann Besuch von einem ziemlich untoten Staatsanwalt. Dieser hat ein ausgesprochenes Faible für Recht und Ordnung, wurde aber schon zu Lebzeiten bitter vom System enttäuscht. Korruption, Gewalt… pures Chaos. Ähnlich dem Chaos, welches eine ganze Horde von Zombies auf dem Grundstück der Brüder anrichtet.

„Happy Halloween“ bringt den guten alten Jack O’Lantern zurück auf die Bildfläche. Während wir andächtig lauschen, wie er als Mensch Jack Oldfield besoffen in Irland an den Teufel persönlich geriet, zieht er im Salem der 70er eine saftige Blutspur hinter sich her. Zumindest so lange, bis Flint & Mortimer gedenken, der Sauerei in der Nachbarschaft ein Ende zu setzen.

Die abschließende Story „Der Brezel“ hat mich leider ziemlich schnell verloren. Hier sitzt ein ziemlich früh dahingeschiedener Ex-Bäcker, der seine Brötchen (hihi…) im 15. Jahrhundert am Hofe eines Grafen verdiente, auf seinem Wölkchen, sinniert über die gute alte Zeit (naja, eigentlich liest er Comics), als ihn plötzlich ein Blitz flambiert und in Richtung Erde schießt. In der Gegenwart (also 1977) ergreift er Besitz eines klopsigen Brezel-Bäckers und fährt fortan auf der Superhelden-Schiene…. ööööhm…. ja.

Fazit:

Haben die ersten beiden Geschichten (gezeichnet von Christian Scharfenberg und Ernesto „Erggo“ Rodriguez) mich noch voll abgeholt, konnte ich mit den beiden Letzteren recht wenig anfangen. Zum großen Teil lag dies auch an den Zeichnungen von Miriam Esdohr und Kaydee Artistry, mit deren simplen Digital-Looks ich wenig anzufangen wusste. Es bleibt eine kurzweilige Anthologie mit textlichem Tiefgang, die übrigens vollkommen unabhängig vom ersten „Kult Geschichten“-Band „Tick Tock“ gelesen werden kann. Überschneidungen gibt es hier keine.

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