Ein wahrlich dämonisches Finale
Das Cover lässt mal wieder nichts Gutes erahnen. Dylan steckt in einer Zwangsjacke. Sein Blick panisch, gequält, verzweifelt. Wir starten im letzten Band der Reihe „Kill or be Killed“ dann auch passenderweise in der Psychiatrie.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt
Nachdem Dylan zwischenzeitlich in Erfahrung gebracht hat, dass der Dämon nicht nur ihn selbst, sondern auch seinen Vater und seinen Halbbruder heimgesucht hat, beschäftigt ihn der Gedanke, was es mit diesem Familienfluch auf sich hat.
Eines Tages beschließt Dylan seiner Freundin Kira von seinen Erlebnissen und Taten zu erzählen und reinen Tisch zu machen - auch in der Hoffnung, dass sich der Dämon dann endlich in Luft auflöst. Denn dieser ist mittlerweile wieder allgegenwärtig und erinnert Dylan unentwegt daran, dass sein nächstes Opfer fällig ist. Doch die Situation eskaliert. Dylan beginnt in Anwesenheit von Kira und Mitbewohner Mason auf den Dämon einzureden. Dieser Dämon „mischt“ sich in das Geschehen ein und hetzt ihn gegen Mason auf. Dylan geht Mason schließlich sprichwörtlich an die Gurgel... und landet in der Psychiatrie.
In der geschlossenen Anstalt erfährt Dylan von einem Nachahmer, der wie er selber, mit roter Maske zahlreiche Morde verübt und die Stadt in Aufruhr versetzt. Doch der Täter kann gestellt und erschossen werden.
Für die Polizei ist die Akte damit endgültig geschlossen. Nicht jedoch für Detective Lily Sharpe. Sie ist sich sicher, dass der ursprüngliche „Rote Rächer“ - wie die Medien den seinerzeit unbekannten Täter getauft haben - noch immer nicht gefasst ist. Sie führt die Ermittlungen auf eigene Faust weiter. Ach ja und die russische Mafia gibt es natürlich auch noch. Und die hat bekanntermaßen noch eine Rechnung offen.
Moral mal Moral sein lassen
Es ist schon faszinierend, wie es Ed Brubaker über 4 Bände gelingt, die Spannung und Faszination permanent aufrecht zu halten. Die besondere Erzählweise aus Sicht der Hauptfigur - den Leser direkt ansprechend - mit der Brubaker geschickt auf der Zeitachse der Haupthandlung navigiert, holt den Leser unglaublich nah an das Geschehen und vor allem nah an die Figur Dylan. Brubaker spielt mit unserer Erwartungshaltung und wirft uns immer wieder bewusst in die Ambivalenz, in einem brutalen Serientäter auch den sympathischen Antihelden zu sehen. Und es ist selten so unterhaltsam, die Moral mal Moral sein lassen zu können.
Dylan reflektiert seine Taten, lässt uns an seinen Gedanken teilhaben. Mal scheint er die Situation und seine Psyche im Griff zu haben und wieder auf dem Weg in ein normales Leben zu sein, bevor sich wieder alles ändert. Und der Dämon ist präsenter, als in jedem anderen Band zuvor.
Mit seiner Mischung aus Stärke und Abgeklärtheit auf der einen Seite, sowie depressiv angeschlagener Typ „gescheiterte Existenz“ auf der anderen, genießt Dylan die volle Unterstützung des Lesers. Natürlich wird auch Dylan wieder töten. Doch es gilt weiterhin: seine Opfer sind alles „schuldige“ Menschen, die den Tod verdient haben... oder?
Doch bei aller dramaturgischen Raffinesse, ohne die Bilder von Sean Philips und die geniale Kolorierung von Elizabeth Breitweise wäre „Kill or be Killed“ nicht die Ausnahme-Comic-Reihe, die sie darstellt. Sie sind für die durchweg intensive, bedrückende und eher düstere Atmosphäre auf jeder Seite verantwortlich.
Fazit:
„Kill or be Killed“ findet mit Band 4 einen mehr als würdigen Abschluss einer durchweg hervorragend erzählten und eindrucksvoll inszenierten Comic-Reihe. Ed Brubaker hält wieder einige Überraschungen parat und setzt zum Ende noch einmal ein deutliches Ausrufezeichen - ein wahrlich dämonisches Finale!
Ed Brubaker, Sean Phillips, Splitter
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