Invincible 1

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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonAug 2020

Story

Einmal die Speisekarte von oben nach unten, bitte. Hier ist alles vorhanden: Action, Drama, Humor und ein Fitzelchen Liebe. Dazu ordentliche Wendungen, die richtig Dampf in die Story bringen.

Zeichnung

Sehr stylish und ohne unnötigen Firlefanz, der vom Geschehen ablenken könnte. Die kantigen Charaktere stehen der Thematik gut zu Gesicht.

Family-Business

Ganz dem Vatter ihm sein Sohn…

Mark Grayson, die namensgebende Hauptfigur dieser Geschichte, sitzt auf dem Lokus und liest Comics. Ist ein Superheld jemals epischer eingeführt worden? Ich glaube nicht…

Eigentlich ist Mark ein ganz gewöhnlicher Teenager. Er besucht die High School, jobbt im Burger Mart, besucht gerne mal den Comic-Shop und ärgert sich an der Schule mit großmäuligen Bullies rum. Nichts Sonderbares in dem Alter. Eine klitzekleine Ungewöhnlichkeit gibt es aber in seinem Leben. Und zwar in Marks Familienleben. Sein Dad ist nämlich ein *täterätäääää* waschechter Superheld! Als Omni-Man rettet Daddy nicht nur regelmäßig die Welt, sondern kommt auch sonst im Sonnensystem und der angrenzenden Umgebung weit rum. Omni-Man ist zwar der stärkste, aber nicht einzige Superheld den unser kleiner blauer Planet zu bieten hat. Es gibt haufenweise Anwärter, die so ziemlich alles dafür tun würden, um den Guardians of the Globe anzugehören, dem wohl bekanntesten Team in Helden-Kreisen. Nolan Grayson war zwar nie offiziell Teil des Teams, unterstützt sie aber regelmäßig mit aller Kraft. Vor seiner Familie braucht er sich bei seiner Tätigkeit auch nicht verstecken, seine Frau Debbie und Sohn Mark wissen durchaus von Nolans Alter Ego… beziehungsweise seinem wahren Ich. Er stammt ursprünglich vom Planeten Viltrum, Milliarden Meilen von der Erde entfernt. Diese fortschrittliche Welt könnte man kurz und knapp als perfekt bezeichnen. Keine Kriege, kein Mord und keine Krankheiten. Fähigkeiten wie Fliegen oder unglaubliche Stärke gehörten dort zum Normalzustand. Um sich nicht auf ihren Lorbeeren auszuruhen, wurde das Komitee zur Verbesserung der Welt gegründet. Ein Programm, mit dem man Planeten mit Potential Entwicklungshilfe geben wollte. Nolan ging noch einen Schritt weiter und bot sich als Beschützer der Erde an. Er studierte die menschliche Zivilisation und konnte unerkannt unter den Erdlingen leben. Dort fand er auch seine große Liebe, aus welcher schließlich Klein-Marky hervorging. Seinem Sohn erzählte Nolan schon vor Jahren, dass er aus einer fernen Welt kommt. Auch, dass Mark auch einmal besondere Kräfte entwickeln wird. Eine kleine, aber nicht unerhebliche Winzigkeit hat Nolan seiner Familie allerdings verschwiegen…

Echt super, Mann!

Marks Kräfte melden sich ziemlich unvorbereitet, als er einfach nur den Müll der Burger-Braterei entsorgen will, das Säckchen dann aber quer über die halbe Stadt wirft. Ein Tag, den er schon sehnlichst erwartet hatte. Aller Anfang ist’s aber schwer und es braucht noch ein wenig Übung, bis der überpowerte Mark, alias Invincible (= Unbesiegbar), sich mit seinen neuen Fähigkeiten eingegroovt hat. Bei seinen nächtlichen Ausflügen trifft er dabei auf das Teen-Team, angeführt von Robot. Des Weiteren bestehend aus Rex Plode, Dupli-Kate und der hübschen Atom Eve, findet er in der Gruppe auch schnellen Anschluss. Vor allem, da Eve auf die gleiche High School geht wie Mark. Dumm nur, dass sie ausgerechnet mit Rex zusammen ist…

Aber es gibt keine Superhelden-Geschichte ohne Superschurken. Da macht auch „Invincible“ keine Ausnahme. Und wo viele Helden sind, gibt es auch viele Widersacher, die ihnen ans Spandex wollen. Invincible, seine neuen Gefährten und auch die restlichen Beschützer der Erde haben bald alle Hände voll zu tun… aber die größte Gefahr sieht keiner von ihnen kommen.

1, 2 oder 3

Wenn es um bunte Superhelden geht, denkt man unweigerlich zuerst an MARVEL oder DC. Kein Wunder, decken diese beiden Helden-Schmieden doch den Markt schon fast im Alleingang ab. Viele andere Charaktere haben da oft das Nachsehen oder haben es extrem schwer, sich überhaupt zu etablieren, bevor ein Verlag wieder die Reißleine zieht. Anfang der 90er-Jahre kam dann aber wieder etwas Pfeffer ins Genre, als gleich mehrere Künstler von den „Großen“ abwanderten und den unabhängigen Image Verlag gründeten. Das besondere war, dass jeder Künstler, der dort unter Vertrag war, die Rechte an seiner jeweiligen Schöpfung nicht abtreten musste. Der Künstler hatte die volle Kontrolle über sein jeweiliges Projekt.

Am bekanntesten dürfte dabei Todd McFarlanes „Spawn“ sein, der erst im Spätsommer 2019 die magische #300 knackte und somit zur am längsten laufenden Independent-Reihe wurde. Aber auch Jim Lee („X-Men“) und Deadpool-Schöpfer Rob Liefeld („X-Force“) gehörten zu den Image-Gründern. Deshalb muss man seit fast 30 Jahren auch immer ein Auge auf diesen Verlag haben, wenn es um Superhelden geht. Gut, es gibt noch weitere Beispiele, wie „Black Hammer“ aus dem Hause Dark Horse, Titel von IDW oder Valiant, aber kein Publisher kommt MARVEL und DC in der veröffentlichten Menge näher als Image.

Robert Kirkman, der Schöpfer von „The Walking Dead“, wagte sich 2003 auch an das mal kunterbunte, dann wieder düstere Genre. Unnötig zu erwähnen, dass dies im Hause Image vonstattenging. Damit wagte der Verlag sich nach einer Auszeit wieder aufs Superhelden-Eis und landete einen echten Hit. „Invincible“ brachte es auf stolze 144 Ausgaben, bevor die Serie Anfang 2018 endete.

Kantig, aber rund

Die ersten sieben Kapitel wurden von Cory Walker („SuperPatriot“, „Ant-Man“, „Battle Pope“) gezeichnet, bevor mit US-Ausgabe 8 Ryan Ottley („The Amazing Spider-Man“, „The Walking Dead“, „Witchblade“, „Haunt“) das Ruder übernahm. Ihre Stile unterscheiden sich nur minimal, was den Zeichner-Wechsel ziemlich flüssig und kaum spürbar über die Bühne gehen lässt. Beide zeichnen sehr kantig, was mir im Falle von „Invincible“ sehr zusagt. Die Charaktere wirken so sehr stylish und markant, ohne ZU überzeichnet zu sein. Die Farben von Bill Crabtree kommen dabei sehr angenehm und gedämpft rüber. In weiten Teilen hell und freundlich, was zumindest sehr gut zum Anfang der Story passt. Später wird es inhaltlich deutlich düsterer.

Und genau dies hat mir an Cross Cults erstem Sammelband so gefallen: Wir werden auf sympathische Art mit den Figuren vertraut gemacht, erfahren Hintergründe in Rückblenden und sind hautnah dabei, wenn Mark seine Kräfte entdeckt und den Umgang mit diesen erlernt. Dann noch der Slice-of-Life-Aspekt mit Schulalltag, Wahl der Uni, Liebeleien etc., bevor der Lümmel Kirkman uns kräftig ins Kreuz tritt. Dann geht es zur Sache und die humorvolle Leichtigkeit weicht der knallharten „Realität“. Ganz große Klasse!

Fazit:

Der erste Wälzer enthält stolze 13 US-Hefte und ich kann es gar nicht erwarten, mich auf den zweiten Klopper zu stürzen. Ein waschechtes Superhelden-Action-Coming-of-Age-Teenie-Drama mit satirischen Comic-Industrie-Seitenhieben, welches sich jeder Genre-Liebhaber auf den Zettel schreiben sollte.

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