Was macht uns zu Menschen?
Die Menschheit unterwegs
Nachdem die Erde als Heimatplanet für die Menschen nicht mehr bewohnbar ist, muss die Menschheit sich nach Alternativen umschauen. Bei einem Erkundungsflug um einen scheinbar unbewohnten Planeten stürzt die Mannschaft mit ihrem Raumschiff ab. Sie werden von überdimensionierten Kraken gerettet, die sie zu einem Strand bringen. Dort angekommen, mach die Mannschaft eine erstaunliche Entdeckung: Auf diesem Planeten leben bereits Menschen. Noch erstaunlicher ist es, dass diese Menschen die gleiche Sprache wie sie sprechen. Doch die Freude währt nicht lange, denn die Bewohner des Planeten scheinen alle unter einer Art Hypnose zu stehen, die ihren freien Willen unterdrückt. Nach und nach scheint diese Hypnose sich auch auf die Mannschaft des abgestürzten Raumschiffs zu übertragen. Werden sie es schaffen, rechtzeitig von diesem merkwürdigen Planeten zu fliehen oder werden auch sie zu willenlosen Kreaturen werden?
Die Welt, auf der die Protagonisten gestrandet sind, wirkt wie ein verlorenes Paradies. Der weiße Sandstrand mündet an eine wunderschöne Lagune, die von einem azurblauen Ozean umschlossen wird. Die Einheimischen tragen kleine Kleidung, ihr einziger Schmuck sind Girlanden, die sie auf den Köpfen tragen. Doch je weiter die Raumfahrer in diese Welt eindringen, desto mehr bröckelt der Schein vom Paradies auf Erden. Ich will nicht viel mehr über die Handlung verraten, denn die Art und Weise, wie die Protagonisten diese seltsame und unbekannte Welt erkunden, ist sehr spannend gestaltet.
Ist der freie Wille unser Untergang?
„Inhuman“ stellt die großen Fragen über die Menschheit: Ist der freie Wille wirklich das Beste für die Menschen? Sind Menschen von Grund auf egoistisch, dass sie – wenn sie die Wahl haben – sich eher selbst zerstören würden, als dass sie für ein gemeinsames Ziel zusammenarbeiten würden? Steht das Individuum einem gemeinschaftlichen Dasein im Wege? Aber ist ein Leben ohne jegliche Individualität überhaupt lebenswert?
Die Mischung aus sehr philosophischen Themen und actiongeladenen Szenen gefällt mir sehr gut. Auch wenn es vielleicht zu viel klingt, war ich zu keiner Zeit überfordert. Zwischen Verfolgungsjagden und Überlebenskämpfen gibt es genug Raum, um die Welt kennenzulernen und über die Handlung nachzudenken. Es hilft auch sehr, dass Zeichner Thibaud de Rochebrune auf großen Seiten viel Platz für seine Bilder bekommt. Die Panelgestaltung ist sehr übersichtlich und leitet den Leser gut durch die Geschichte. Dass die verschiedenen Ebenen der Welt, die die Protagonisten erkunden, unterschiedlich gefärbt sind, vereinfacht auch die Übersicht über die Handlung und wo man sich gerade befindet.
Interessante Welt, die Figuren eher weniger
Was für mich ein bisschen zu kurz kommt, ist die Charakterentwicklung. Auf knapp über 100 Seiten wird eine komplett neue Welt vorgestellt, mit eigenen Regeln und Rahmen, die man erst kennenlernen muss. Zu keinem Zeitpunkt gibt es eine lange Erklärung nach dem Motto „was bisher geschah“, was ich sehr angenehm finde. Ich bin großer Fan davon, wenn in Science-Fiction-Geschichten die Welt innerhalb der Handlung präsentiert wird, ohne dass zu viel erklärt wird und man sich aus den gegebenen Informationen selbst ein Bild machen muss. Ähnlich mag ich es, wenn man die Figuren im Laufe der Geschichte kennenlernt und nicht von Anfang an weiß: er ist der Draufgänger, sie ist die Anführerin, der nächste ist der Stratege usw. In „Inhuman“ wird die Gruppendynamik zwar nach und nach vorgestellt, aber die Figuren haben für mich zu wenig Tiefgang. Ich habe oft nicht nachvollziehen können, warum bestimmte Figuren so handeln, wie sie handeln und mir war teilweise recht egal, was mit ihnen passiert.
Auch die Art und Weise, wie die Figuren gezeichnet sind, hat mich etwas auf Abstand gehalten. Während die Hintergründe und die Körper der Figuren relativ detailreich gezeichnet sind, sind die Gesichter sehr skizzenhaft. Vor allem, wenn die Gesichter von ganz nah gezeigt werden, sehen sie meistens sehr gekritzelt aus.
Fazit:
„Inhuman“ erzählt eine sehr interessante Science-Fiction-Geschichte, die sich mit komplexen Fragen rund um die Menschheit und was uns zu Menschen macht auseinandersetzt. Auch wenn sich das vielleicht abgehoben und sperrig anhört, werden diese Fragestellungen gekonnt in eine spannende, actionreiche Geschichte verpackt, sodass man gleichzeitig unterhalten wird, sich aber auch Gedanken darüber macht, welche Tücken der freie Wille hat und inwiefern dieser uns zu dem macht, was wir sind. Die Panelgestaltung leitet einen sehr gut durch die Handlung des Comics und die unterschiedliche Farbgestaltung der einzelnen Ebenen der Welt gibt einen guten Überblick, wo man sich gerade befindet. Nur bei den Figuren muss ich „Inhuman“ einige Punkte abziehen. Sie sind sehr grob gezeichnet, sowohl bildlich als auch buchstäblich. Die Gesichter haben wenige Details und auch die Charakterentwicklung ist relativ oberflächlich. Trotzdem finde ich, dass „Inhuman“ eine sehr empfehlenswerte Sci-Fi-Lektüre ist.
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