Text:   Zeichner: Gou Tanabe

H.P. Lovecrafts Cthulhus Ruf

H.P. Lovecrafts Cthulhus Ruf
H.P. Lovecrafts Cthulhus Ruf
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Lisa Reim-Benke
10101

Comic-Couch Rezension vonSep 2021

Story

Die Manga-Umsetzung von Lovecrafts Meisterwerk ist absolut gelungen! Spannender Nervenkitzel, der einen bis in die Träume verfolgen wird.

Zeichnung

Die düstere Atmosphäre ist perfekt getroffen, der Horror Cthulhus wird genial visualisiert – auch wenn Details manchmal nur schwer zu erkennen sind.

Eine Wahrheit, die niemand kennen darf …

Tief unter dem Ozean schlafen sie und warten, bis ihre Zeit wiedergekommen ist: Die großen Alten, außerirdische Wesen, gottgleich, uralt und gefährlich. Diesen Mythos erschuf der amerikanische Autor Howard Phillips Lovecraft vor beinahe 100 Jahren. Dennoch sind die Großen Alten auch heutzutage jedem eingefleischten Horror-Fan ein Begriff, und das liegt nicht nur daran, dass Lovecraft eine feste Größe innerhalb des Genres ist. Zahlreiche Autoren und Autorinnen und Filmschaffende haben sich über die Jahre hinweg von Lovecrafts Geschichten inspirieren lassen und hielten so den Mythos am Leben.

Innerhalb zahlreicher, teilweise aufeinander Bezug nehmender Kurzgeschichten und dem berüchtigten „Necronomicon“ ist die Erzählung „Cthulhus Ruf“ wohl die bekannteste Geschichte über die Großen Alten. 1928 veröffentlicht ist sie die einzige Erzählung, in der der Große Alte Cthulhu selbst einen beeindruckenden Auftritt hinlegt. Es überrascht also nicht, dass der japanische Zeichner Gou Tanabe dieses Werk für eine Manga-Umsetzung ausgewählt hat. Geübt hat er bereits, denn was er 2007 mit der Adaption von Lovecrafts Erzählung „Der Außenseiter“ begann, setzte er u. a. mit „Berge des Wahnsinns“ oder „Die Farbe aus dem All“ fort. Nun widmet er sich also mit „Cthulhus Ruf“ der Meisterklasse – ein Vorhaben, das Gou Tanabe hervorragend geglückt ist.

„Träumend wartet der tote Cthulhu in seinem Haus in R’yleh“

Die Rahmenhandlung zu „Cthulhus Ruf“ ist schnell erzählt: Der junge Francis Wayland Thurston berichtet in seinen Aufzeichnungen vom Nachlass seines Großonkels George G. Angell. Dieser war Professor für semitische Sprachen und sammelte zeit seines Lebens Dokumente, die über ein Wesen namens Cthulhu und einen Kult, der dieses Geschöpf verehrt, berichten. In einem dieser Dokumente wird von einem Künstler erzählt, der von beängstigenden Träumen geplagt wurde und daraufhin wie in Trance eine Statue des Cthulhu erschuf. Ein anderer Bericht behandelt Inspektor Legrasses Erlebnis, als dieser einem mordenden Kult auf die Spur kommt, der in den Sümpfen Louisianas ein Wesen mit Tentakeln anbetete und grausame Rituale durchführte. Der letzte Teil der Aufzeichnungen erzählt von Thurstons eigenen Nachforschungen über das Abenteuer des Seemanns Gustaf Johansen, der als einziger Überlebender einer Expedition zurückkehrte und dessen grauenhafte Entdeckung im Meer ihm schließlich den Tod brachte.

Gänsehaut und Schockmomente

Gou Tanabes Umsetzung der Lovecraft-Erzählung ist eine wahre Heimsuchung. Lovecrafts Idee über die Großen Alten allein ist schon eine Wucht, ihre unnatürliche Macht und Bedrohung für die Menschheit ist schier unfassbar. Wo die Geschichten rund um Cthulhu und seine Monster-Freunde also sowieso schon gruseliges Schaudern verbreiten, setzt die Manga-Version noch einen drauf. Durch die visuelle Adaption brennt sich der Horror in den Lesern erst richtig ein, es entsteht ein ungemütliches Gefühl, das man immer mit sich herumträgt und die schaurige Frage befeuert: Was, wenn es die Großen Alten tatsächlich gäbe?

Cthulhu als ein übergroßes Monsterwesen mit Tentakeln und Klauen und sein verheerender Einfluss auf die menschliche Psyche seiner Opfer präsentiert Gou Tanabe in eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Zeichnungen. Der Schrecken über Cthulhu bildet sich auf den Gesichtern der Figuren nur allzu deutlich ab, man spürt die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit angesichts eines solchen Grauens, das vor den Menschen verborgen vor sich hinschlummert. Der Höhepunkt ist dann erreicht, wenn Cthulhu selbst auf der Bildfläche erscheint. Gou Tanabe weiß einfach genau, worauf es ankommt, wobei er sich erfreulich genau an die Vorlage hält.

Die Geschichte über Cthulhu ist von Natur aus düster, aber genau das wird den Zeichnungen teilweise zum Verhängnis. Gepaart mit einem großen Detailreichtum kann es schwierig sein, sich in dem dunklen Setting zu orientieren. Oft erkennt man erst auf dem zweiten Blick, was gerade los ist. Besonders bei den action-lastigeren Szenen ist das dramaturgisch gesehen etwas unvorteilhaft. So schlimm ist das letztendlich jedoch nicht, denn durch die gründlichere Betrachtung der Zeichnungen hat man länger etwas von diesem tollen Werk.

Fazit:

Lovecrafts unverwechselbarer Horror, der so gut in Textform funktioniert, wurde hier auf raffinierte Weise bildlich dargestellt: Gou Tanabes Zeichnungen unterstützen das Grauen der Story zusätzlich. Diese Interpretation von „Cthulhus Ruf“ ist ausnahmslos jedem zu empfehlen, der etwas für Cosmic Horror übrighat und der einen zugänglichen Einstieg in Lovecrafts Werk sucht.

H.P. Lovecrafts Cthulhus Ruf

Gou Tanabe, Gou Tanabe, Carlsen

H.P. Lovecrafts Cthulhus Ruf

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