Wer gewinnt die Schlacht um die Erde?
Marsianer vs. Menschheit: Finalrunde
In Band 2 bringt der SPLITTER-Verlag seine Adaption von H.G. Wells´ Science-Fiction-Drama zuende. Während die Marsianer weiterhin ungerührt Menschen meucheln, sie vampirisch als Nahrungsquelle missbrauchen und den Planeten mit einem roten Gewächs nach ihren Vorstellungen umformen, schlägt sich der gebeutelte Protagonist ins blutende Herz des erschütterten britischen Imperiums vor. Nach einem erbitterten Gefecht liegt London in Trümmern. Als nunmehr sämtliche Hoffnung verloren scheint, pflastern plötzlich marsianische Leichen seinen Weg, ganz ähnlich der menschlichen, die zuvor die Angreifer hinter sich zurückgelassen haben. Das Blatt hat sich gewendet: Die Marsianer (Spoiler-Alarm für einen über 100 Jahre alten und zigfach adaptierten Roman) wurden von irdischen Mikroben in die Knie gezwungen, denen ihre Abwehrkräfte nichts entgegenzusetzen hatten. Langsam, aber sicher, wird die Menschheit sich von dem schweren Schlag erholen…
Bleibt leicht hinter dem 1. Teil zurück
Auch im zweiten Teil wird die Präsentation des Plots zu Gunsten der Dramaturgie leicht verändert: so schließt Teil 1 mit einem Cliffhanger bereits vor dem Einfall der Marsmenschen in London. Diese Sequenz wird stattdessen verwendet, um Teil 2 mit einem Paukenschlag zu eröffnen. Leider nimmt der Rest der Erzählung danach nicht mehr ganz so viel Fahrt auf, was durchaus der Vorlage geschuldet ist, aber auch daran liegt, dass der Fluss der Story im ersten Band besser funktionierte. Manche Szenen des Romans werden diesmal eher kurz angerissen, andere ganz weggelassen (der Irrglauben des verwirrten Artilleristen von einer Zukunft im Untergrund), an anderen Stellen verliert sich die Handlung etwas zu sehr in Exkursen. So wird z.B. beim Streifzug durch Londons Ruinen ein Handgefecht zwischen dem Protagonisten und einem Marsbewohner etwas überflüssig zugefügt.
Am besten ist der Comic da, wo Platz gelassen wird für ruhige Reflektionen über Hochmut und Fall der Menschheit, über die grauenhaften Ereignisse, über das Schicksal selbst. Zeichnerisch hat sich – erwartungsgemäß – im Vergleich zu Teil 1 nichts verändert. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Band deutlich ruhiger und melancholischer ist, hätten die Szenen in London ruhig eine Portion Dunkelheit und Tristesse vertragen können. Hier wäre etwas mehr Varianz wünschenswert gewesen. Von diesem kleinen Manko abgesehen, ist die visuelle Umsetzung wie zuvor stimmig und stark. Die Bilder, in denen der Protagonist auf die den Leichen Pompejis gleichenden, verkohlten Überreste der unglückseligen Opfer stößt und ihm die Worte (bzw. Sprechblasen) fehlen, bringen den Geist der Vorlage emotional kraftvoll rüber.
Der deutschen Übersetzung von Tanja Krämer gelingt das nur bedingt (dies mag aber bereits der französischen Bearbeitung des Originaltextes geschuldet sein). Wo an manchen Stellen die unheilverkündenden Sätze des Romans zu stark eingedampft werden, kann Krämer das aber in anderen Passagen, die sehr wirkungsvoll geworden sind, wieder ausgleichen. Dieser Band lässt sich sehr viel Zeit mit dem Nachspiel (sozusagen Epilog) der Geschichte, in welchem angeschnitten wird, wie die außerirdische Invasion von Kultur und Wissenschaft eingeordnet und trotz Schock und Trauma zum menschlichen Fortschritt genutzt wird. So bleibt am Ende der Leser trotz der im Raum stehenden Möglichkeit, dass sich die Ereignisse wiederholen könnten, überraschend hoffnungsvoll und optimistisch zurück – für eine Adaption dieser Story durchaus originell.
Fazit:
Im Vergleich zum ersten Band schwächelt diese Umsetzung in einigen wenigen Gesichtspunkten. Das ist jedoch Jammern auf hohem Niveau. Insgesamt betrachtet handelt es sich bei dieser zweiteiligen Graphic Novel um eine starke Umsetzung der Vorlage, die sowohl visuell als auch inhaltlich überzeugt.
Dobbs, Vicente Cifuentes, Splitter
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