Gung Ho - Band 1: Schwarze Schafe

Gung Ho - Band 1: Schwarze Schafe
Gung Ho - Band 1: Schwarze Schafe
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonOkt 2019

Story

Ein waschechtes Coming-of-Age-Apocalyptic-Drama-Adventure, welches - bei genauerer Überlegung – ein gänzlich neues Genre einläuten könnte. Ein starker Auftakt, der in den Folgebänden mit Sicherheit noch an Inhalt – und damit auch Punkten – zulegen wird. Es sei den Machern gegönnt!

Zeichnung

Visuell herausragend und einfach wunderschön. Ein unverbrauchter Stil, der frischen Wind in die Endzeit bringt.

Von der Spitze der Nahrungskette aufs Tagesmenü der Speisekarte

Europa geht den Bach hinunter

Hört sich an, wie eine Schlagzeile aus der Tageszeitung mit den vier Buchstaben, nicht wahr? Hier sind wir allerdings schon einen ganzen Schritt weiter, denn der Brexit scheint bereits vollzogen und die Apokalypse – die, wie wir wahrscheinlich alle erwarten, die unweigerliche Folge dessen ist – hat uns einen weiteren Schubser Richtung Steinzeit 2.0 gegeben.

Wir befinden uns im Jahr „keine Ahnung“, irgendwo in der Nähe von „watt weiß ich?“. Affenartige Wesen, die in Rudeln auf Beutejagd gehen, haben die Menschheit dezimiert und aus ihrem gewohnten Lebensraum zurückgedrängt. Zusammengerottet leben die Überlebenden der „Weißen Plage“ in abgeriegelten Forts. Mitten in der Gefahrenzone liegt die Siedlung Nr. 16, auch „Fort Apache“ genannt. Auf dem Weg dorthin befinden sich die Brüder Zack und Archer Goodwoody. Frisch aus dem Waisenhaus gekickt, soll dem Pech-und-Schwefel-Duo im „Fort Apache“ eine letzte Chance auf Resozialisierung gewährt werden, denn die beiden haben es nicht so mit der Autorität. Ihre Liste an Vergehen ist lang und sollten sie es erneut verkacken, heißt es Au revoir, mes amis… denn dann geht es raus vor die Mauern der Siedlung. Dort wären sie, inmitten der weitläufigen Gefahrenzone, vollkommen auf sich gestellt… und den umherstreifenden Bestien schutzlos ausgeliefert. So weit ist es allerdings noch nicht.

Die Regeln im „Fort Apache“ sind streng. Das müssen sie auch sein, um das Überleben jedes Einzelnen zu garantieren. Die Aufgaben sind unter den rund 400 Einwohnern wohl verteilt. Die Hierarchien klar festgelegt. Der Fortbestand der spärlichen Zivilisation hat höchste Priorität. Alle Lebensmittel sind rationiert, die Gemeinschaft arbeitet Hand in Hand und bewaffnete Wachen sichern die Siedlung. Und ausgerechnet hier soll das aufsässige Brüderpaar die Regeln des Zusammenlebens erlernen… na Prost Mahlzeit. Unterricht, Kampftraining und Arbeitsdienst stehen auf dem neuen Stundenplan von Archer und seinem jüngeren Bruder Zack. Da Archer bereits volljährig ist, hat er die Vormundschaft für den noch Minderjährigen. Während Zack bemüht ist, sich in die Gemeinschaft einzufügen und innerhalb der Siedlung schnell Kontakte zu Gleichaltrigen knüpft, läuft Archer noch im Rebellen-Modus. Nur entfernt daran denkend, einen sinnvollen Beitrag zu leisten, hat er nur Augen für die Damenwelt in „Fort Apache“. Ein Hormon-Überschuss, der für reichlich Konfliktpotential sorgen könnte…

Doch auch die scheinbar wie Zahnräder ineinandergreifenden Strukturen im Fort laufen holpriger, als es sich anhören mag. Selbst auf dem begrenzten Raum von Siedlung Nr. 16 finden sich schwarze Schafe… und damit sind nicht etwa die strafversetzten Neuankömmlinge gemeint. Schon früh gibt es Anzeichen, das es innerhalb der Mauern noch mächtig rappeln wird… und dann ist ja da auch noch die Bedrohung durch die „Weiße Plage“, in deren Kreisen Menschenfleisch als Delikatesse angesehen wird.

Ohne Rücksicht auf Verluste

So lässt sich „Gung Ho“ in etwa übersetzen. Zumindest in diesem Fall… der Ausruf wurde aber auch als Kampfschrei der „Marine Raiders“, einer Elite-Truppe des United States Marine Corps, verwendet. Die ursprüngliche Bedeutung der beiden Worte steht übersetzt für „arbeiten“ und „zusammen“. Auf den Comic von Autor Benjamin von Eckartsberg und Zeichner Thomas von Kummant treffen eigentlich alle genannten Definitionen zu, was „Gung Ho“ als Titelwahl zielgenau ins Schwarze treffen lässt.

Gesicherte Forts, eine Gemeinschaft, die ums Überleben in einer apokalyptischen Welt kämpft, tödliche Bedrohungen von Außerhalb… das alles mag so manchem Genre-Freund bekannt vorkommen. Sicher bin ich nicht der Einzige, dem sofort Robert Kirkmans Schnarchnasen aus „The Walking Dead“ vor dem inneren Auge aufblitzten. Doch so schnell die zahnlosen Beißer dort aufgeflackert sind, so rasch waren sie auch wieder verschwunden, in eine Kiste gesteckt, abgeschlossen, angezündet, gesprengt und sieben Meter tief vergraben. „Gung Ho“ zeigt nämlich schon im ersten Band, dass hier enorm viel Potential vorhanden ist. Die ganze Reihe ist insgesamt auch nur auf fünf Alben angelegt, was von vornherein feststand und weswegen man sich als Leser keine Sorgen machen braucht, dass hier mal inhaltlich auf der Stelle getreten wird. „Schwarze Schafe“ legt ein ordentliches Tempo vor. Die Geschichte um Überleben, Integration, Erwachsenwerden, Verantwortung, Korruption und Familie beginnt stark und stellt früh die Weichen für kommende Ereignisse, ohne den Leser zu überfordern und das gesamte Pulver im Auftakt zu verschießen. Vier Bände sind bereits erschienen, das Finale ist für 2021 geplant und ich kann es kaum erwarten, wieder im „Fort Apache“ nach dem Rechten zu sehen… irgendeiner muss es ja machen.

Holla die Waldfee…

…dachte ich nur, als ich den ersten Band der „Gung Ho“-Reihe aufschlug und war sofort schockverliebt in das ungewöhnliche, jedoch herausragende Artwork! Entgegen anderer Vertreter des Endzeit-Genres, die entweder gänzlich auf Farbe verzichten oder gerade nur Schwarz in allen Varianten zur Hand hatten, strahlen einen hier farbenprächtige Gemälde an, dass man zuerst instinktiv zur Sonnenbrille greifen möchte. Die Zeichnungen sind digital angefertigt worden, was das tadellose Ergebnis auf keinen Fall schmälert. Ich weiß, dass viele Comic-Leser dem Computer gestützten Zeichnen skeptisch gegenüberstehen, aber wenn SO etwas Außergewöhnliches dabei herauskommt… bitte, gerne mehr davon. Die lebendige Welt, mit ihren markanten Protagonisten, besitzt Zeichentrick-Charakter und leuchtet in brillanter Farb-Vielfalt. Selbst wenn die Handlung in der Nacht spielt, erhellt strahlendes Blau die Dunkelheit und Mondlicht und Taschenlampen erhellen die detaillierte Umgebung. Deutsche Comic-Kunst, die einem Großteil der internationalen Künstler DAS zeigt, was auf dem Cover zum dritten „Gung Ho“-Band zu sehen ist… schaut gerne nach.

Fazit:

Man kann wohl guten Gewissens behaupten, dass die Endzeit nie schöner ausgesehen hat. Wem nach dem Ende der langlebigen Zombie-Saga aus den Staaten nach Frischfleisch giert, sollte NICHT über den Tellerrand schauen, denn das erfahrene Duo von Eckartsberg und von Kummant liefert mit „Gung Ho“ die denkbar beste Alternative zu „The No-More-Walking Dead“… und kommt dabei gänzlich ohne ausgelutschte Untote aus.

Gung Ho - Band 1: Schwarze Schafe

Benjamin von Eckartsberg, Thomas von Kummant, Cross Cult

Gung Ho - Band 1: Schwarze Schafe

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