Text:   Zeichner: Taiyo Matsumoto

Go Go Monster

Go Go Monster
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonJul 2021

Story

Schwierig. Damit bringt es man es mit einem Wort eigentlich auf den Punkt. Taiyo Matsumoto zieht den surrealen Trip ohne Halt durch. Ob man während der Fahrt abspringt oder sich mit ihm in die Kurven legt, muss jeder selbst entscheiden.

Zeichnung

Skizzenhafte Bilder, die mit typischen Manga-Charakteristiken wenig zu tun haben. Mangelnde Fantasie kann man dem Mangaka auch bei der visuellen Umsetzung nicht vorwerfen.

Matsumotos Große Pause

Ich habe… Fragen.

Sagen wir’s mal so: Je weiter ich durch dieses ungemein schöne Hardcover blätterte, desto mehr wurde mir klar, warum weder auf dem an beiden Seiten offenen Pappschuber noch auf der Buch-Rückseite eine Inhaltsanagabe zu finden war. Wie soll man das, was da auf immerhin 458 Seiten passierte oder eben NICHT passierte, irgendwie sinnvoll in ein paar Sätzen zusammenfassen? Ich ringe noch immer nach Antworten… müsste dazu aber erstmal die passenden Fragen kennen. Während des ersten Drittels dachte ich noch „Nanu… das ist aber merkwürdig“, während ich im zweiten Drittel zwischenzeitlich zweifelte, ob ich den Manga auf der richtigen Seite begonnen hab (japanische Leserichtung, hinten nach vorne, Ihr kennt das ja…). Mitten im letzten Drittel fühlte ich mich dann, als hätte jemand heimlich den Sauerstoff abgestellt. Am Ende kam mir der Gedanke „So muss es sich also anfühlen, wenn man langsam wahnsinnig wird…“. Nun, nachdem ich den Brocken etwas habe sacken lassen, kann ich guten Gewissens sagen, dass ich diese Schwelle deutlich überschritten habe. Ihr merkt vielleicht schon, dass ich mich etwas vor einer Inhaltsbeschreibung herumdrücke… Richtig. Das liegt daran, dass Ihr mich wahrscheinlich für bescheuert haltet, wenn ich erst mal loslege. Aber auch daran, dass ich mich vor Flashbacks fürchte. Versuchen wir trotzdem mal – ganz wertfrei… noch! – ein wenig Ordnung in dieses wirre Story-Geflecht zu bringen.

Grüße von der „anderen Seite“!

Wir befinden uns in einer japanischen Grundschule (soweit konnte ich der Story noch folgen). Dorthin begleiten wir Yuki Tachibana. Yuki ist ein klassischer Außenseiter, der sich oft dem Spott seiner Mitschüler ausgesetzt sieht. Erst als neue Schüler der zuvor geschlossenen Shinmei-Grundschule auf die Klassen aufgeteilt werden, findet der Sonderling in Makoto so etwas wie einen Freund. Mit seinen Aussagen, dass er in Kontakt zu unsichtbaren Monstern steht, hält Yuki sich die anderen Kinder weitestgehend vom Hals und bis auf den Hausmeister Gantz, der sich um die Gartenpflege der Schule kümmert, hat er keinerlei Bezugspersonen. Makoto ist fasziniert von der Fantasie des Jungen. Sind dessen Monster nur ein Schutzmechanismus? So selbstverständlich, wie Yuki von „den anderen“, wie er sie nennt, spricht, könnte tatsächlich ein Fünkchen Wahrheit in den Spinnereien liegen. Gantz ist jedenfalls nicht gänzlich von der Idee abgeneigt. So spannend die Ausführungen des Monster-Sehers sind, umso mehr beginnt Makoto, sich Sorgen um seinen Freund zu machen. Dieser ist davon überzeugt, dass „die anderen“, angeführt von ihrem Boss Superstar, den Weg in unsere Welt suchen. Was die gesperrte Etage der Grundschule und der seltsame Schüler IQ, der dauernd unter einem Pappkarton steckt, welcher gerne mal Größe, Farbe und Beschaffenheit ändert, damit zu tun haben, versuche ich selbst noch zu ergründen… ebenso, warum zwischenzeitlich alle Schüler wie Blumen aussehen und ein sprechender Hund durch die Flure rennt.

HELFT MIR!!!

Na… da fehlen einem doch fast die Worte, nicht wahr? Die wichtige Frage lautet nun aber: Ist „Go Go Monster“ deswegen schlecht? Nein, definitiv nicht… denn der Manga gehört zu dieser seltenen Gattung von Werken, mit denen man sich noch länger beschäftigt. Egal, ob das Hirn schon dampft oder nicht. Es ist anspruchsvoll, sperrig und entfaltet seine Wirkung am besten, wenn man möglichst ohne Vorkenntnisse herangeht. Die rund zwei Stunden, die ich mit dem Kopf zwischen den Buchdeckeln gehangen hab, fühlten sich wie meine komplette Grundschulzeit an… inszeniert von einem David Lynch auf Pilzen. Im Anschluss, während der Verdauungsphase, schneiten dann nacheinander Darren Aronofsky, Gaspar Noé und Alejandro Jodorowsky zur Hausaufgaben-Betreuung rein und wir tanzten gemeinsam rückwärts durch einen schwarz-weiß-gefliesten Raum mit roten Vorhängen.

Nach und nach setzen sich Wort-Bausteine zusammen, die irgendwann zu Fragen werden. Und sind diese erstmal gestellt, will man Antworten. Diese fliegen einem aber nicht zu. Man muss sie suchen. Abtauchen. Sich mit dem Stoff beschäftigen. Eine entspannte Lese-Session sieht definitiv anders aus, aber wenn man sich drauf einlässt…

Der Mangaka Taiyo Matsumoto („Tekkon Kinkreet“, erschienen bei CROSS CULT) fährt mit „Go Go Monster“ seinen ganz eigenen Film. Kontinuierlich… und lässt sich von keinem Hindernis aus der surrealen Bahn werfen. Er nutzt die Bilder, deren Anziehungskraft man als Leser auch erst zulassen muss, um darin ganz eigene Gefühle auszudrücken. Gezeichnete Metaphern für Alles und Nichts. Hat man den Dreh raus, was zugegeben wirklich nicht einfach ist (und ich behaupte nicht, dass ich den vollen Durchblick hätte), öffnen sich neue Möglichkeiten. Abzweigungen, die womöglich wieder in Sackgassen enden, jedoch ebenfalls zum Ziel führen können… falls es ein solches überhaupt gibt. So experimentell, wie Taiyo Matsumoto die Geschichte erzählt, setzen sich dann auch seine Bilder zusammen. Keine künstlerischen Meisterwerke, was aber nicht schmälert, dass sie eigenartig harmonisch wirken. Man sollte sich aber nicht wundern, wenn der Mangaka plötzlich mal seine „schwarze Phase“ einläutet und gleich mehrere Seiten in Folge dunkel bleiben.

Schieb mich rein, zieh mich raus

Wie eingangs bereits angesprochen, hat der REPRODUKT Verlag „Go Go Monster“ in einem Schuber untergebracht. Dieser glänzt jetzt nicht gerade durch herausragende Qualität, sondern dient wohl rein der Funktionalität. So sind dort lediglich Titel und Künstler verewigt, während der Rest - sowie das Hardcover selbst - farbenfroh gestaltet wurde. Ein besonderes Highlight, welches auch den an beiden Seiten offenen Schuber erklärt, ist der farbige Buchschnitt. Das satte Rot sieht als Eyecatcher richtig klasse aus und durch farbige Abstufungen wurde außerdem ein Muster in den Schnitt eingearbeitet.

Fazit:

Bilder sagen mehr als tausend Worte… so sagt man. Wenn beide Ausdrucksweisen auf surreal-wackeligen Beinen stehen, wird es schwer, den Halt zu bewahren. Lässt man sich darauf ein, wird wahrscheinlich jede Leserin, jeder Leser, mit anderen Schlüssen auf festem Boden aufschlagen. Schwindelerregende Nachwirkungen nicht ausgeschlossen.

Go Go Monster

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