Text:   Zeichner: Djief

Götterdämmerung - Gesamtausgabe 2

Götterdämmerung - Gesamtausgabe 2
Götterdämmerung - Gesamtausgabe 2
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Yannic Niehr
9101

Comic-Couch Rezension vonNov 2022

Story

Eine Ballade um Liebe, Hass, Eifersucht, Gier, Weisheit, Verblendung, Glauben, den Wandel der Zeit, Leben und Tod, die trotz vereinzelter Handlungsknoten in Atem hält.

Zeichnung

Eingängige und ausdrucksstarke Figurendesigns, verträumt-brillante Farben und filmreifer Bildfluss: Die visuellen Kompositionen lassen beinahe nichts zu wünschen übrig.

Von Göttern und Menschen

Das mächtige Burgund befindet sich im Krieg mit den Sachsen. König Gunther kann die Übermacht der gegnerischen Streitkräfte nicht mehr dauerhaft zurückhalten. Hagen von Tronje jedoch weiß Rat: Weit, weit entfernt, auf Island, lebt der legendäre und vermeintlich unbezwingbare Held Siegfried, in dessen Adern göttliches Blut fließen soll. Er allein könnte noch dazu imstande sein, den Burgundern zu helfen. Siegfried folgt dem Ruf und lässt schweren Herzens seine Geliebte, Wotanstochter und Walküre Brunhilde, auf der zerklüfteten Insel zurück. In Burgund angekommen, verliebt sich Gunthers Schwester Kriemhilde in Siegfried. Sie kann es nicht ertragen, dass sein Herz bereits einer anderen gehört, und macht ihn sich mittels eines Zaubertranks gefügig. So verweilt Siegfried zunächst in Burgund und steht diesem im Kampf bei. Doch hinter seinem Rücken braut sich ein finsteres Komplott zusammen. Denn Hagen handelt auf Geheiß des verschlagenen Alberich – und beide haben es in Wahrheit nur auf den verfluchten Ring der Nibelungen abgesehen …

Zur gleichen Zeit ist die Welt der Götter in Aufruhr: Wotan, der einst der bösen Macht des Rings verfiel, hat Walhalla den Rücken gekehrt und schweift nach wie vor in Midgard, der Welt der Menschen, umher; seine Gattin Fricka regiert an seiner statt. Doch die Truppen der umliegenden Reiche machen mobil, wie auch Hel, Herrscherin der Unterwelt. Ihr Vater Loge plant einen Umsturz. Sowohl in Burgund als auch in Asgard spitzen sich bedrohliche Intrigen zu. Alles scheint auf Ragnarök hinauszulaufen, das Jüngste Gericht, welches das Universum ins Chaos stürzen wird …

„Die alten Absprachen vergehen, neue werden geboren … Alles steht nicht geschrieben“

Diese schmucke Fortsetzung der im Vorjahr veröffentlichten Gesamtausgabe von Götterdämmerung enthält die bereits zuvor erschienenen Bände 4-6 und schließt damit die Erzählung ab. Auch diesmal hat das Kreativteam bestehend aus Jarry, Djief und Héban wieder alle Register gezogen und präsentiert ein episches Schlachtengetümmel, das trotz aller Action Tiefgang nicht missen lässt. Wieder bedienen sich die Schöpfer des altgermanischen Nibelungenliedes, Richard Wagners Opernversion vom Rheingold, sowie diverser Einflüsse aus Mythologie und zeitgenössischer Fantasy, um daraus ihr ganz persönliches Magnum Opus um den Ring der Götter zu spinnen, der nichts als Verderben bringt.

„Das Universum wankt, das Ende der Zeit kommt näher, und die seit langem verstreuten Schicksalsfäden vereinen sich zu einem einzigen Strang …“

Ein paar kleine Kritikpunkte vorneweg: Auch diesmal wieder verlieren sich die Macher gelegentlich zu sehr in den diversen Handlungssträngen ihrer Story. Dies geht sogar soweit, dass man in den dynamisch und abwechslungsreich gestalteten Panels hin und wieder den Überblick verliert und ab und an genau hinschauen muss, um zu begreifen, was gerade geschieht. Viele Charaktere und Geschöpfe des nordischen Pantheons werden einem geradezu so um die Ohren gehauen, können aber inhaltlich nur angerissen werden, um den bereits zum Bersten gefüllten Plot nicht noch weiter zu überfrachten. Das ist spannend zu lesen, fühlt sich aber manchmal fast wie Verschwendung an, wäre man doch gerne noch tiefer in diese Welt eingetaucht. Die Charakterdesigns vor allem der männlichen Burgunder verblassen zudem im Vergleich zur detailverliebten Ausarbeitung aller anderen Figuren. Auch ist das Ende nicht ganz der weltverändernde Paukenschlag, auf den zuzusteuern man während des Lesens vielleicht erwartet hat; das ist nicht unbedingt als negativ zu bewerten, sollte man aber vorab wissen.

Immerhin haben Jarry, Djief und Héban diesmal einiges zu stemmen, müssen sie doch nicht nur die Geschichte um den göttlichen Krieg fortführen und zufriedenstellend zu Ende bringen, sondern diese auch noch mit den entsprechenden Lehnelementen aus der Nibelungensage verknüpfen, die narrativ komplett in diesen Band „gequetscht“ sind. Da kann man minimale Mankos durchaus verschmerzen, denn im Großen und Ganzen gelingt dieser Spagat geradezu überirdisch gut, besonders im letzten Drittel, wo das Unheil mehr und mehr an Fahrt aufnimmt und auf ein dramatisches Crescendo hinsteuert. Die wortgewaltigen, lyrischen Texte vermitteln die passende Stimmung und können stellenweise bis ins Mark erschüttern oder gar tief bewegen und berühren. Die Illustrationen sind wieder zu wahrhaft meisterlichen Gemälden geworden, die einen komplett in diese Welt der Götter und Menschen hineinzieht, und besonders bei den finalen Schlachten wird es teils so episch, dass man sich geradezu mitten in einem Heavy-Metal-Plattencover wähnt. Bei aller Kunstfertigkeit sind es die großen, emotionalen Wahrheiten, die am Ende dieser Graphic Novel nachhallen: wie die Gier, symbolisiert durch den teuflischen Ring, die Menschheit bis ans Ende aller Tage vergiften und korrumpieren wird, und wie die Mächte der Hoffnung und der Liebe diesem Dunkel bis in alle Ewigkeit entgegenstrahlen werden.

Fazit:

Götterdämmerung ist ein modernes Fantasy-Epos für die Ewigkeit! Mit dem 2. Gesamtband dieser Graphic Novel kann man als Comicfan nichts verkehrt machen.

Götterdämmerung - Gesamtausgabe 2

Nicolas Jarry, Djief, Splitter

Götterdämmerung - Gesamtausgabe 2

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