Eine Klasse für sich
Girls‘ Night Out
An der Universität von Sheffield steht der alljährliche Winterball vor der Tür, was die partyerprobte Esther zum Anlass nimmt, ihre Freundinnen und Mit-Kommilitoninnen Susan und Daisy ausgehtauglich aufzubrezeln. Dieser Kampf gegen Windmühlen missfällt vor allem der burschikosen Susan und sorgt bereits früh für den ersten Lacher. Während Esther am Partyabend sofort in ihrem Element ist, wandelt das unberührte Mauerblümchen Daisy weiterhin auf dem Pfad der sexuellen Orientierungslosigkeit und kann sich nicht entscheiden, welchem Geschlecht sie sich mehr zugetan fühlt. Susan, die es eher bevorzugt, sich mit dem hauseigenen Flachmann gepflegt einen anzulöten, kommt dem kürzlich noch verhassten Schnauzbartträger McGraw näher, mit dem sie bereits eine gemeinsame Vergangenheit teilte. Susans Blick, als sie am nächsten Morgen neben besagtem Kommilitonen erwacht, spricht Bände und ließ mich laut losbrüllen. Der folgende Walk-of-Shame nach dem One-Night-Stand, unterstützt von Esthers lautstarkem „Hat da jemand verwuschelte Sex-Haare?“, gab mir dann den Rest. Ein gelungener Auftakt für das, was noch folgt.
Susan… verzweifelt gesucht
Die Winterferien brechen an und die Mädels machen sich getrennt auf dem Heimweg. Die heile Welt wird unterbrochen, als Susan ihre Freundinnen zu einem „Notfall“ ruft. Als anschließend weder Esther noch Daisy die dauermürrische Susan erreichen können, beginnen sie sich Sorgen zu machen… keine Antwort auf Nachrichten und auch sonst kein Lebenszeichen… absolut nicht ihre Art. Gemeinsam machen sie sich auf, um in Susans Umfeld zu ermitteln und stoßen auch schon bald auf eine heiße Spur. Susan steckt ordentlich in der Klemme… doch auf ihre Freunde ist Verlass.
Die Schadenfreundinnen
Esther de Groot (nicht verwandt oder verschwägert mit einem gewissen Bäumchen aus dem Marvel-Universum), Daisy Wooton und Susan Ptolemy (Gott, ich liebe diesen Namen!) schaffen es erneut. Sie schaffen es, dass ich mich vor Begeisterung überschlagen könnte! Der Charme, den „Giant Days“ mit jedem Panel versprüht, ist schon fast beispiellos und mit seinen liebenswerten Charakteren von Anfang bis (zum leider viel zu schnell erreichten) Ende von Grund auf sympathisch. Das Niveau des ersten Sammelbandes wird konstant gehalten und führt die Geschichte der ungleichen Mädels-Clique (und dessen Bekanntenkreis) humorvoll und voll auf den Punkt weiter. Obwohl der Überraschungseffekt, der mich beim Vorgänger unvorbereitet wie ein Blitz aus den Socken knallte natürlich bei der Fortführung fehlt, stellen sich keine Abnutzungserscheinungen ein. Die amüsanten, lose miteinander verbundenen Storys, die zwar ebenso wie ihre Charaktere leicht überzeichnet sind, aber dennoch so geerdet bleiben, dass sie niemals lächerlich oder albern rüberkommen, überzeugen auf ganzer Linie und so stand ich auch nach Band 2 da… weggeblitzt… mit qualmenden Socken.
Perfect Sense
Erneut sitzt der britische Autor John Allison - bei den hier abgedruckten Kapiteln 5-8 - federführend im Sattel. Treffsicher lässt er seine Figuren beschwingt agieren und durch haufenweise pointierte Dialoge glänzen. Der ursprüngliche Webcomic hat sich den erfolgreichen Sprung zwischen zwei Buchdeckel redlich verdient und ist aktuell sogar für den renommierten „Eisner Award“ – den sogenannten Comic-Oscar – in der Kategorie „Best Continuing Series“ nominiert, wofür ich ihm auch alle verfügbaren Daumen drücke.
„Giant Days“ (im amerikanischen Original als Heft-Reihe bei Boom!Box) ist in den Staaten aktuell bei Ausgabe 38 und bisher ist kein Ende in Sicht. Der Popcom Verlag, der „Giant Days“ bei uns als praktische und schön gestaltete Hardcover-Sammelbände (mit Spotlack-Schriftzug und –Motiv!) veröffentlicht, hat jüngst die vierte Kollektion auf den hiesigen Markt gebracht, die somit die Kapitel 13-16 beinhaltet. Ich drücke noch mal alle auffindbaren Daumen – notfalls die von Fremden – dass die Reihe auch in Deutschland vollständig den Weg in die Bücherregale findet… verdient hat sie es allemal und ein fünfter Band soll uns schon im Sommer erreichen! *freu!*
Alle Farben des Lebens
Bereits in der Besprechung zum ersten Band sprach ich einen Zeichner-Wechsel innerhalb der Reihe an, der in der Mitte dieses Bandes nun auch zum Tragen kommt. Die Zeichnerin der ersten sechs Kapitel, Lissa Treiman, reichte den Zeichen-Stift an ihre finnische Kollegin Max Sarin weiter, da sie der Doppelbelastung durch ihre hauptberufliche Tätigkeit bei Disney Feature Animation nicht mehr gewachsen war. Eine Tatsache, die Comic-Leser immer mit gemischten Gefühlen betrachten, wenn plötzlich ein gewohnter und liebgewonnener Stil durch einen anderen ersetzt wird. Es sind zwar Unterschiede erkennbar, doch diese fallen nicht negativ ins Gewicht. Nach kurzer Eingewöhnung nahm ich Max Sarins Stil gerne an und muss positiv anmerken, dass sie sich zwar an Lissa Treimans Charakteren orientiert, diese aber nicht versucht plump zu kopieren. Sarin verleiht den Figuren ihre eigene Note, was für mich die einzig logische Konsequenz darstellt, um die dynamische Leichtigkeit, die John Allisons Storys prägt, schwungvoll und ungezwungen aufs Papier zu zaubern. Ihre Outlines sind feiner und cleaner als Treimans kräftiger Strich, was auf den ersten Blick und im direkten Vergleich zwar steriler aussieht, dafür aber auch aufgeräumter wirkt. Koloriert wurde hingegen durchgängig von Whitney Cogar, die die Bilder beider Zeichnerinnen in kräftige, stimmige und leuchtende Farben taucht.
Fazit:
Liebe Leser… wenn Ihr Esther, Daisy und Susan noch nicht kennen solltet, gebt den drei Ladys eine Chance! „Giant Days“ ist ein Wohlfühl-Comic, für den dieser Begriff förmlich erfunden wurde. Eine Reihe, die man einfach mögen MUSS und die uns hoffentlich noch lange, lange, laaaaaange erhalten bleiben wird.
John Allison, Lissa Treiman, Popcom
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