Frankfurt 1918/19 - Heraus aus der Finsternis
- Zwerchfell
- Erschienen: Februar 2019
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Feminismus fängt ganz klein an
Mädels gegen Jungs
Es ist November 1918, der Erste Weltkrieg neigt sich seinem blutigen Ende und in Deutschland sollen Wahlen stattfinden. Ein ganz besonderes Ereignis, denn das erste Mal dürfen auch Frauen über die Politik des Landes mitbestimmen. Von dieser Aufbruchstimmung inspiriert und mit den zahlreichen Frauen, die für ihre Rechte auf die Straße gehen, entscheiden sich Käthe, Jenny, Franziska und Josephine dazu, auch für ihr Recht zu kämpfen – das Recht auf Spielen. Denn eine Jungenbande terrorisiert die Straßen Frankfurts und will die Mädchen nicht in Ruhe lassen. Also beschließen die vier, ihre eigene Bande zu gründen und sich zu wehren.
Wenn Geschichte gut verpackt wird
Kaum zu glauben, aber „Frankfurt 18/19 – Heraus aus der Finsternis“ ist das reinste Geschichtsbuch. Man lernt vieles über den Alltag der Menschen damals und wie der Kampf der Frauen für ihre Rechte ausgesehen hat: Vom Hauspflegeverein, der sich für die Arbeiterinnen und ihren Familien einsetzte, über die Rechtschutzstelle für Frauen, die Frauen beispielsweise über Lohn- und Arbeitsrechte informierte, bis hin zu den Märschen, bei denen Frauen auf der Straße für ihre Rechte demonstrierten. Auch wichtige Schlüsselfiguren dieser Zeit werden vorgestellt, wie zum Beispiel Meta Quarck-Hammerschlag – die erste Stadträtin Frankfurts bekommt im Spiel der Mädchen sogar einen ganz besonderen Platz.
Das klingt vielleicht im ersten Moment nach einer langweiligen Stunde im Geschichtsunterricht. Doch durch die sehr interessante Verpackung – vier Mädchen, die sich gegen die Jungenbande, die sie terrorisiert, wehren – wirkt das Ganze nicht belehrend. Denn der Comic zeigt, dass diese Zeit wirklich von echten Menschen erlebt wurde und nicht nur Stoff für den Unterricht ist.
Die friedliche Mädchen-Revolution
Ähnlich wie mit der Geschichte, vermittelt der Comic die Themen Feminismus und Frauenrechte auf eine einfache Art und Weise. Diese Themen werden heruntergebrochen auf das Wesentliche: Die vier Mädchen wollen auch auf der Straße spielen dürfen, ohne von den Jungs geärgert zu werden. Dadurch, dass diese Mädchen erleben, wie die Frauen um sie herum sich organisieren, machen sie diese nach. Denn nachdem sie gemerkt haben, dass sie keine Lust auf eine gewalttätige Auseinandersetzung haben, beschließen sie, eine Kundgebung zu organisieren. Sie gründen den ersten Verein Frankfurter Mädchen und verteilen Pamphlete.
Es ist eine schöne Idee: die friedliche Mädchen-Revolution! Doch dadurch wird auch die teils sehr brutale Geschichte vom Kampf für die Frauenrechte beschönigt. Denn am Ende ihrer Revolution schaffen es Käthe, Jenny, Franziska und Josephine ohne Gewalt die Jungs auf ihre Seite zu ziehen. Wie gesagt, eine sehr lobenswerte Einstellung, die auf jeden Fall Kindern und Jugendlichen – die die eigentliche Zielgruppe des Comics sind – nähergebracht werden soll. Doch dabei sollte man nicht die (oft gewaltsame) Gegenwehr vergessen. Denn nicht umsonst heißt es ja der „Kampf“ um die Frauenrechte.
Hübsch und einfallsreich
„Frankfurt 18/19 – Heraus aus der Finsternis“ ist in Gelb- und Brauntönen gehalten. Die Figuren und die Umgebung sind sehr hübsch gezeichnet, obwohl beide – vor allem die Umgebung – nicht sehr detailreich sind. Aber durch die Einfachheit und die sehr gedeckten Farben fallen hier und da sehr schön eingesetzte Farbakzente auf. Mal sind es die Brotmarken, mal ein Hut oder ein Fenster, die sich durch ihre rote Farbe vom Rest abheben. Was ich aber am Interessantesten fand war, dass es eine Art Bildersuche gab. Am Ende des Comics gibt es neben Hintergrundinformationen und einem Glossar auch die Kategorie „Anachronismen“. Denn im Buch waren einige Sachen versteckt, die es zu der Zeit noch nicht gab. Eine sehr schöne Idee, die dazu animiert, sich die Bilder intensiver anzuschauen. Leider gab es nur drei Dinge, die versteckt wurden. Da hätte man ein paar Sachen mehr unterbringen können.
Fazit:
„Frankfurt 18/19 – Heraus aus der Finsternis“ schafft es sehr gut die Themen der Frauenrechte und das Ende des Ersten Weltkriegs in eine Geschichte zu packen, die man gut nachvollziehen kann. Dadurch, dass diese vier Mädchen gegen Probleme ankämpfen, die jeder verstehen kann und so zeigen, wie es damals gewesen sein könnte, sich zu engagieren, verliert der Comic den belehrenden Charakter, den er hätte annehmen können. Nur beim Zeichenstil wäre die eine oder andere detailliertere Darstellung des damaligen Frankfurts schön gewesen. Trotzdem ist für mich „Frankfurt 18/19 – Heraus aus der Finsternis“ eine Empfehlung für alle, die ihren Kindern etwas beibringen wollen, ohne dass sie es merken.
Christopher Tauber, Annelie Wagner, Zwerchfell
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