Immer wieder Sonntags…
FLASH! A-AH! Savior of the Universe!
Konkurrenz belebt das Geschäft. Ja, auch das Comic-Geschäft… und diese Devise gilt nicht erst, seit die Groß-Konzerne Marvel und DC um die Leserschaft buhlen. Superman und Captain America bekämpften einst erfolgreich die Nazis. Während DC mit dem Flattermann aus Gotham City als Verbrechensbekämpfer nachlegte, kam die Marvel-Maschinerie nach Ende des Zweiten Weltkriegs gehörig ins Stottern. Identifikationsfiguren, die mit wehenden Fahnen den Stolz eines Landes repräsentierten, waren plötzlich nicht mehr nötig… schlimmer noch, sie waren nicht mehr gefragt. Nur der harte Helden-Kern hielt sich in den weiteren Jahren auf dem Markt. DC wagte den ersten Schritt in eine neue Richtung und formierte ein Team aus seinen verbliebenen Superhelden. Die Geburtsstunde der „Justice League“, um Superman, Batman, Wonder Woman, Aquaman, Flash, Green Lantern und dem Martian Manhunter. Nach dem erfolgreichen Einstand in „The Brave and the Bold“ folgte noch im gleichen Jahr – 1960 – eine eigene Comic-Reihe mit der „Gerechtigkeitsliga“.
Nur ein Jahr später wollte man bei Marvel Comics auch ein Stück vom Kuchen und beauftragte die kreativen Köpfe mit der Zusammenstellung eines eigenen Teams. Anders als bei DC, setzte man jedoch nicht auf bereits bestehende Charaktere, sondern erfand eine ganz neue Truppe von Superhelden. Stan Lee (1922-2018) und Jack „King“ Kirby (1917-1994) brachten die „Fantastic Four“ aufs Papier und legten damit den Grundstein für Marvels Erfolgsrezept, welches sich allerdings nicht patentieren ließ und heute bei fast allen Verlagen und in den meisten Comics Bestand hat… die Fokussierung auf die menschliche Seite der Superhelden. Ein Konzept, das auch High-School-Schüler Peter Parker 1962 aus dem Stand auf Erfolgskurs lenkte. Die äußerst realen Problemchen, die der Schulalltag mit sich brachte, sprach die Zielgruppe direkt an und verfehlte auch somit nicht seine Wirkung auf dem umkämpften Markt.
Ein ähnliches Konkurrenzprodukt – wie einst „Die Fantastischen Vier“ – stellte auch Weltenretter „Flash Gordon“ dar… allerdings schon viel, viel früher. Nachdem es die Figur des Anthony Rogers im amerikanischen Sci-Fi-Magazin „Amazing Stories“ in die Zukunft unserer Welt verschlug und die dort abgedruckte Geschichte „Armageddon 2419 A.D.“ vom Publikum des Jahres 1928 gut aufgenommen wurde, dauerte es nicht lange, bis die Abenteuer von „Buck Rogers in the 25th Century“ als tägliche Comic-Strips in Tageszeitungen abgedruckt wurden. Buck Rogers war somit der erste Science-Fiction-Comic-Held überhaupt, prägte den Begriff „Space-Opera“ und war mit ziemlicher Sicherheit auch im Hinterkopf von George Lucas, als er seinen „Krieg der Sterne“ konzipierte.
Rund fünf Jahre später – genauer gesagt am 7. Januar 1934 – startete man bei der Printmedien-Gruppe King Features Syndicate den direkten Gegenangriff auf den schon etablierten „Buck“. Die vom Syndicate publizierten Zeitungen schmückte fortan wöchentlich – immer sonntags – der von Alex Raymond gezeichnete (und erdachte) und vom Autor Don Moore (ab 1935) geschriebene „Flash Gordon“. Ein Touchdown par excellence… obwohl „Flash“ in den Strips noch erfolgreicher Polo-Spieler war und kein Football-Star, zu dem ihn erst die gleichnamige Verfilmung von 1980 machte. Grund des Erfolges waren hauptsächlich die aufwendigen Zeichnungen Raymonds, die die Illustrationen von „Buck Rogers in the 25th Century“ – aus der Zeichenfeder von Richard Calkins – mühelos in den Schatten stellten.
FLASH! A-AH! He’ll save everyone of us!
Folgende Ausgangssituation: Die Welt ist in heller Aufruhr. Ein unbekannter Planet rast auf die Erde zu. Die globale Bevölkerung spricht ihre letzten Gebete, während der Wissenschaftler Dr. Hans Zarkov eifrig an einer Rakete schraubt. Diese will er auf das heranbretternde Gestirn lenken, um es aus seiner Laufbahn zu stupsen. Währenddessen sitzt der Yale-Absolvent und Polo-Crack Flash Gordon, zusammen mit der ihm zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Dale Arden, in einem kleinen Passagier-Flugzeug. Getroffen von einem umherschwirrenden Meteoriten, schnappt sich der blonde Jüngling geistesgegenwärtig einen Fallschirm und im gleichen Handgriff die Holde, um mit ihr gemeinsam dem sicheren Tod zu entfleuchen… der Beginn einer großen Liebe. Tja… jedenfalls kaum auf dem Boden der Tatsachen angekommen, werden Flash und Dale herzlich von Dr. Zarkov in Empfang genommen, vor dessen Observatorium sie praktischerweise aufschlagen. Und mit herzlich meine ich mit vorgehaltener Pistole. Zarkov hält die beiden in seinem Wahn nämlich für Spione. Folglich zwingt er sie in seine handgeklöppelte Rakete, um gemeinsam mit ihm den Planeten zu rammen und im „Dienste der Wissenschaft“ die Welt zu retten. Ja, dann… guten Flug, meine Dame und Herren!
Um diese Geschichte in Bilder zu fassen, braucht es sage und schreibe nur 13 Panels. Abgedruckt wurde sie am 7. Januar 1934 und legte den Grundstein für alles, was danach noch folgen sollte… und das war eine Menge!
Die Nummer mit dem Rammen ging mehr oder weniger in die Hose und während unser Flash mit Zarkov rangelt, wird die Rakete auf den scheinbar bewohnten Planeten gelenkt, wo sie dann auch eine ordentliche Bruchlandung hinlegt. Nachdem man sich mit lästigem Viehzeugs herumgeärgert hat, kommt auch schon das nette Begrüßungs-Komitee angerauscht, natürlich – wie sollte es anders sein – mit vorgehaltenen Waffen. Das Traumpaar in spe wird zum obersten Kaiser dieser unbekannten Welt gebracht. Ming, der Unbarmherzige, hat direkt ein bis zwei Äuglein auf die schnuckelige Erdenbewohnerin geworfen und möchte diese vom Fleck weg ehelichen und somit zur Königin von Mongo – so heißt der fremde Planet – machen. Der überflüssige Flash wird währenddessen auf ein Tänzchen mit den Affenmenschen von Mongo eingeladen… ein Tänzchen auf Leben und Tod. Mings Tochter, Prinzessin Aura, verliebt sich in Sekundenbruchteil in den schmucken Erdling und muss auch alsbald von ihm aus einer Gefahrensituation gerettet werden (unzählige weitere werden folgen) . Während Väterchen tobt, geht Flash noch mal mit ein paar einheimischen Echsen in den Clinch...
Solche Situationen könnte man jetzt endlos fortführen, denn natürlich sollte den Lesern der Sonntagsseiten jede Woche ein neuer, spannender Aufhänger geboten werden. So folgen mit fast jeder Seite neue Gefahren, neue Gegner, neue Gefährten und neue Konflikte. Immer aufwendig und bombastisch in Szene gesetzt, jedoch kaum an Kitsch und Naivität zu übertreffen. Dass wir uns aber jetzt nicht falsch verstehen… „Flash Gordon“ ist ein Klassiker und Meilenstein seines Genres, welcher gleichzeitig Türöffner für etliche Nachahmer war und den Weg für die großen „Space Operas“ ebnete, die uns heute noch in die Lichtspielhäuser ziehen.
FLASH! A-AH! He’s a miracle!
Genau dort war „Flash Gordon“ auch 1980 anzutreffen, in seinem bis dato einzigen Kino-Auftritt. Zwar wurde bereits 1936 ein dreizehnteiliges Serial mit Olympia-Schwimmer, „Tarzan“- und später auch „Buck Rogers“-Darsteller Buster Crabbe in der Titelrolle, welches sogar zwei Fortsetzungen nach sich zog (1938 und 1940), gedreht, bis zum abendfüllenden Spielfilm sollte es aber noch etwas dauern. Die englisch/amerikanische Ko-Produktion stemmte der damalige Erfolgsproduzent Dino De Laurentiis („Krieg und Frieden“, „Barbarella“, „Serpico“, „Ein Mann sieht rot“, „King Kong“, „Conan“, „Dune“, Blue Velvet“, „Armee der Finsternis“ und, und, und …) und ließ Regisseur Mike Hodges („Get Carter“, „Malta sehen und sterben“, „Auf den Schwingen des Todes“) auf dem Regiestuhl platznehmen. Die Hauptrolle ging damals an den noch unbekannten Darsteller Sam J. Jones, den man zuvor nur aus der Blake Edwards-Komödie „Zehn – Die Traumfrau“ mit Bo Derek kannte. „Frau“ kannte ihn vielleicht schon vorher… aus dem „Playgirl“-Magazin. In den Filmen „Ted“ und „Ted 2“ spielt der von den Protagonisten kultisch verehrte Jones sich übrigens selbst und nimmt seine einstige (und einzige) Paraderolle charmant und augenzwinkernd aufs Korn. Dass „Flash Gordon“ an den Kinokassen floppte, ist kein großes Geheimnis und auch nicht wirklich verwunderlich, da der bereits drei Jahre zuvor gedrehte „Krieg der Sterne“ gezeigt hat, wie man es richtig macht. Selbst aus heutiger Sicht kann Letzterer noch auf ganzer Linie überzeugen und begeistern, während „Flash Gordon“ nur noch durch die Nostalgie-Brille zu ertragen ist. Das Herz des Trash-Fans schlägt in jedem Fall höher, was nicht nur an den beiden Grazien Ornella Muti (Prinzessin Aura) und Melody Anderson (Dale Arden) liegen dürfte. Mit Max von Sydow, als diabolischen Imperator Ming, konnte man zudem mit einem schauspielerischen Schwergewicht aufwarten und auch der spätere, zweifache „James Bond“ Timothy Dalton gab sich als Prinz Barin die Ehre. So richtig kultig wurde „Flash Gordon“ aber erst durch seinen Soundtrack, der von der britischen Band „Queen“ stammte, die einige Jahre später auch den unsterblichen „Highlander“ besang. Es bleibt ein bonbon-buntes, überdrehtes Sci-Fi-Spektakel, das sich erfreulicherweise selbst nicht zu ernst nimmt und in launiger Runde durchaus eine Menge Spaß bringt… und bei der Eröffnungs-Musik zum Mitgrölen einlädt!
In eigener Sache: Ich oute mich hier als großer Freund des Films, seit ich ihn in frühster Kindheit mit meinem Vater sah. Ja, ja… früher war man noch leicht zu begeistern… vor allem, da es an Alternativen mangelte. Verdammt, ich hab sogar „Masters of the Universe“ und „Die Barbaren“ abgefeiert und bin heute stolzer Besitzer der Blu-rays. So!
Über die beiden Sexfilm-Klamauk-Parodien „Flesh Gordon“ (1974) und „Flesh Gordon – Schande der Galaxis“ (1989) legen wir aus Gründen des guten Geschmacks mal lieber den Deckmantel des Schweigens.
Zwischen 1979 und 1980 entstand in der Zeichentrick-Schmiede Filmation („He-Man and the Masters of the Universe“, „She-Ra: Princess of Power“) eine gleichnamige Serie um und mit „Flash Gordon“. 1985 folgte dann mit „Defenders of the Earth“ eine weitere animierte Reihe, die in 65 Episoden den Erdling Flash, das „Phantom“, Zauberer „Mandrake“ und den bärenstarken „Lothar“ zu einem Team – ähnlich Marvels „X-Men“ oder DCs „Justice League“ - gruppierte, um Ming und seinen Schergen den intergalaktischen Hosenboden stramm zu ziehen.
Neben kurzlebigen Live-Action TV-Serien, Romanen und Hörspielen herrschte nie wirklich lange Stillstand, was das Comic-Leben des heldenhaften Erdlings anbelangt. Marvel, DC, Dark Horse, Dynamite und weitere US-Verlage sorgten dafür, dass „Flash Gordon“ nie wirklich von der Bildfläche verschwand. Wer weiß… vielleicht bekommt er im Zuge des Superhelden-Booms in den Kinos und dem Sci-Fi-Hype, den die „Guardians of the Galaxy“ losgetreten haben, doch noch seinen gebührenden Auftritt auf der großen Leinwand?
FLASH! A-AH! King of the impossible!
Der Hannibal Kult Verlag liefert mit „Flash Gordon: Auf dem Planeten Mongo – Die Sonntagsseiten 1934-1937“ einen wuchtigen Prachtband, mit dem man einem Affenmenschen mühelos den Schädel einschlagen könnte. Das quadratische Hardcover lässt keinerlei Wünsche offen und überzeugt auf ganzer Linie. Ähnlich den „Prinz Eisenherz“- Bänden, die der Bocola Verlag als Gesamtausgabe herausbringt, bekommt der geneigte Leser auch hier die liebevoll restaurierten Strips in ihrer ursprünglichen Form zu sehen. Die dezente Farbgebung wurde komplett überarbeitet und passt sich dem Stil der damaligen Zeit perfekt an. Jede Seite – bzw. jeder Strip – ist mit dem Datum seiner ursprünglichen Veröffentlichung gekennzeichnet und als Sahnehäubchen bekommt man noch ein Vorwort vom großartigen Künstler Alex Ross, der ähnlich wie sein offensichtliches, zeichnerisches Vorbild Alex Raymond durch seinen realistischen Zeichenstil bekannt wurde. Wer einmal einen Comic von Ross in Händen halten durfte – beispielsweise „U.S. – Uncle Sam“, „Marvels“ oder „Kingdom Come“ – wird wissen, dass dort der richtige Schreiber für den einleitenden Text gewonnen wurde, der zudem noch seine Interpretation von „Flash Gordon“ als Bleistift-Zeichnung beisteuert. Der Comic-Autor Doug Murray („The ‘Nam“, „Savage Sword of Conan“, „Medal of Honor“) kommt anschließend im ausführlichen Beitrag „Die Geburt einer Legende“ zu Wort, abgerundet mit seltenen Zeichnungen von Alex Raymond und begleitendem Bildmaterial.
Fazit:
Für Nostalgiker, Science Fiction-Freunde und Komplettisten geht mit dem ersten Sammelband der Sonntagsseiten die Sonne über Mongo auf! Eine hochwertigere Ausgabe der Abenteuer von „Flash Gordon“ wird man so schnell nicht finden. Pulp hin, Trash her… die Ursprünge des weltenrettenden Erdenbewohners sind unumstößliche Klassiker der Science Fiction, ohne die es unsere modernen Superhelden, Lieblings-Filme und -Serien wohl kaum gegeben hätte.
Don Moore, Alex Raymond, Alex Raymond, Hannibal
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