Fear Agent 1

Fear Agent 1
Fear Agent 1
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonJul 2021

Story

Ein pulpiges Space-Abenteuer mit reichlich Action, viel Krach-Bumm, einem lässigen/volltrunkenen Anti-Helden und Zeitreisen. JAAAAA, ZEITREISEN!!!

Zeichnung

Ohne den Zeichner-Wechsel wäre vermutlich die volle Punktzahl drin gewesen, denn in den prall gefüllten Panels rappelt es gewaltig!

Mit WUMMS! und 3 Promille

Huston, Sie haben ein Problem…

…oder zwei… oder drei. Es gibt Personen, die kann man einfach nur als „abgewichsten Höllenhund“ bezeichnen. Nicht unbedingt despektierlich, allerdings auch nicht mit vollster Bewunderung und Ehrfurcht. Heath Huston wäre so ein seltenes Exemplar. Auf der einen Seite ein furchtloser Draufgänger, im gleichen Satz (und ohne Luft zu holen) doch ein Wrack von einem Mann. Unsere zynische Sarkasmus-Kanone hängt nämlich ordentlich an der Flasche und plempert sich gerne richtig einen in die Rüstung bevor es ins nächste Abenteuer geht. Der gute Heath ist Alien-Jäger. Der Letzte einer aussterbenden Zunft. Ein Texaner im Weltall. Mit Eiern aus Stahl und allem Zipp und Zapp. Er ist ein Fear Agent.

Für Kohle erledigt Heath Huston so ziemlich jeden Job. Besorgt und birgt Diebesgut, pustet kleine grüne Männchen aus der Jacke, säubert Schiffe von intergalaktischem Gesocks… was man halt so macht als Freiberufler. Dabei ist stets Annie an seiner Seite. Zumindest während der einsamen Zeit an Bord seiner Rakete. Annie ist nämlich die KI seiner Mühle und die Einzige, die ihm mal ab und an den versoffenen Kopf wäscht. Bei Hustons aktuellstem Auftrag handelt es sich um einen aus den eben genannten Kategorien: Ein Tank- und Handelspavillon, ganz in der Nähe von Heaths Standort, antwortet nicht mehr. Verkatert und noch leicht angeschädelt, sagt der Fear Agent jedoch nicht nein. Als er an der Station andockt, bläst ihm bereits ein Gestank um die Ohren, der jeden Kater aus der umnebelten Rübe fegt. Und der kommt nicht von ungefähr. Gerade als Huston die Schnaps-Vorräte mit einem seligen Grinsen plündert, stößt er auf den Ursprung. Blutige Knochen und saftiges Gekröse. Hier hatte jemand reichlich Appetit…

Es dauert nicht lange, bis die außerirdische Bedrohung sich an Hustons Fersen geheftet hat und ihn mit lautem Getöse durch die ganze Station jagt. Ausgerechnet die tödlichste Spezies im gesamten Weltall muss es sein. Allesfresser, die keinen Unterschied machen, womit sie sich den Bauch (oder was auch immer) vollschlagen. So bleibt nur die Flucht nach vorne… was im Falle von Heath Huston die Flucht nach unten bedeutet. Er rettet sich gerade noch in die Abwasseranlage der Station… und stößt dort auf eine Überlebende.

Arsch voll, toll!

Mara ist die einzige Überlebende. Bei einem flüchtigen Aufeinandertreffen bleibt es aber nicht, denn Heath und Mara kommen einer gigantischen Alien-Verschwörung auf die Spur. Die unfreiwillige Zweckgemeinschaft findet heraus, dass extraterrestrische Invasoren die Erde ins Visier genommen haben… und damit fängt die Scheiße erst so richtig an zu dampfen!

Erdacht hat sich diesen abgespaceten Weltraum-Spaß Rick Remender, der schreibende Kopf hinter „Deadly Class“, „Low“, „Black Science“, „Seven to Eternity“ und zahlreicher Storys für MARVEL, DC, IDW oder DYNAMITE. Den „Fear Agent“ schuf er bereits 2005. Die ersten elf Hefte erschienen beim IMAGE Verlag bevor der darauffolgende Vierteiler mit dem Untertitel „The Last Goodbye“ bei DARK HORSE erschien. So auch der One-Shot „Tales of the Fear Agent“. Danach schloss man mit Heft #17 wieder an die ursprüngliche Nummerierung an, blieb aber bis #32, dem Abschluss der Reihe, bei DARK HORSE. Die gesammelten Ausgaben der sogenannten „Final Edition“ veröffentlichte wiederum IMAGE. Diesen drei US-Sammelbänden liegt auch die deutsche CROSS CULT-Umsetzung zu Grunde, von der wir hier den ersten Hardcover-Brummer vorliegen haben. Band 2 ist bereits verfügbar.

Mit einem Sci-Fi/Adventure-Mix kann generell schon mal nicht viel schiefgehen, wenn man sich nur ansatzweise für das Genre interessiert und die Macher keinen außergewöhnlich großen Bock schießen, und da erzähle ich „Saga“-Leserinnen und -Lesern wohl nichts Neues. Immerhin müssen sich viele Titel an der Vorzeige-Reihe von Brian K. Vaughan und Fiona Staples, die übrigens auch bei CROSS CULT erscheint, messen lassen. Und „Fear Agent“ schlägt sich verdammt gut, auch wenn bis auf das Sci-Fi-Gerüst nur schwer Vergleiche anzustellen sind. Rick Remender punktet mit seinem Alkohol durchtränkten Anti-Helden vor allem durch zynische Sprüche, einem schnellen Mundwerk und dem heillosen Chaos, das ihm auf Schritt und Tritt zu folgen scheint. Dabei verfolgen wir seine Gedankengänge in Form von Textblöcken, in denen er sich konstant gegen jegliche Benimm-Regeln stemmt und frei von der (angegriffenen) Leber weg sinniert. Bei solch einem gebrochenen Charakter darf natürlich auch keine tragische Backstory fehlen, die ihn erst in solch einen selbstzerstörerischen Zustand katapultierte. Gibt es ebenfalls. Zwischen Alien-Hatz, dem nächsten Kater und der Rettung der Welt passt irgendwie immer noch ein Schlückchen, was „Fear Agent“ zu einem halsbrecherischen Space-Trip der schwer unterhaltsamen Art macht, den Sci-Fi-Fans nicht auslassen sollten.

Wir haben doch keine Zeit, ja? Verstehen Sie?

Dabei legt die Story ein irres Tempo vor und als wären die satte Action und die gut geschriebenen Charaktere noch nicht genug, spielen Zeitreisen noch eine gewichtige Rolle. Eine nicht ganz ungefährliche Zutat, die auf Grund von Logik-Fallen schnell mal ins Höschen gehen kann. Aber auch diese Hürde nimmt der „Fear Agent“ locker, was der Geschichte noch zusätzliche Komplexität verleiht. Ich hänge zeitlich hinterher und würde am liebsten gestern den zweiten Sammelband lesen. Nichts, was eine kleine Zeitreise nicht wieder ausbügeln könnte…

„Fear Agent“ ist ein krachendes Loblied auf klassische Pulp-Storys vergangener Tage und deren weltenrettende Weltraumhelden, fiese Aliens und überzogene Action. Die hübsche Begleiterin mit ordentlich Pfeffer darf dabei ebenso wenig fehlen, wie fast schon lächerliche Raketen und Strahlenpistolen. Die beiden Zeichner Tony Moore („Battle Pope“, „The Walking Dead“, „Deadpool“, „Venom“) und Jerome Opeña („Wolverine“, „Vengeance of the Moon Knight“, „Uncanny X-Force“, „Seven to Eternity“) feiern diese Zeit auch gehörig ab und lassen es optisch richtig schön krachen. Dabei gefällt mir Opeñas Stil, der die zweite Hälfte des Sammelbands umsetzte, ein bisschen besser, da seine Bilder mehr Dynamik und Fluss ins Spiel bringen. Nicht selten erinnern sie an Zeichnungen von Jae Lee, dessen Arbeiten ich mir nicht selten nur wegen seiner Cover-Artworks in die Sammlung hole. Unterschiede wie Tag und Nacht braucht man allerdings nicht zu befürchten. Abgerundet wird das wirklich schöne Hardcover durch Charakter-Entwürfe, Skizzen und gelungene Farb- und Schwarz-Weiß-Artworks.

Fazit:

Ich hatte mit den zehn US-Heften, die der erste CROSS CULT-Sammelband beinhaltet, einen Mega-Spaß. Hab gelacht, mitgefiebert, geschluckt, mir das Hirn verrenkt… und hatte das seltsame Verlangen, mir kräftig einen hinter die Maske zu jubeln. Keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Ein Prösterchen auf den „Fear Agent“!

Fear Agent 1

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