Ente gut, alles gut
„Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.“
- Erasmus von Rotterdam (Theologe, Priester, Autor und Philologe; 14trallala – 15schießmichtot)
Wie definieren wir „Glück“? Sechser im Lotto (inklusive Superzahl)? In den sozialen Medien einen fehlerfreien Satz auf die Kette kriegen? Sonntagsmittags aufzuwachen und noch zu wissen, was man Samstagnacht getrieben hat? Nun, jeder hat wohl seine eigene Vorstellung von „Glück“… wobei die beiden letztgenannten Punkte schon fast in die Kategorie „Wunder“ gehören. Aber darum geht es nicht. Das „Glück“ kann uns auf viele Arten und Weisen ereilen. Wobei „Glück“ keineswegs gleichzusetzen ist mit „glücklich sein“. Nein, nein. Da gibt es gewaltige Unterschiede. „Glück“licherweise gibt es kluge Menschen wie Christian Eisert, die uns durch die gar nicht mal so unkomplizierte Materie manövrieren.
Der erfolgreiche Berliner Autor und Comedy-Coach schrieb bereits Gags für zahlreiche TV-Formate. Darunter Shows wie „Freitag Nacht News“ mir Rrrrrrruth Moschner, Die „Harald Schmidt Show“ mit… hab‘ ich vergessen, „Switch Reloaded“ und… „Shopping Queen“ („Oh mein Goooooooott… aber der Nagellack passt nicht zur Handtasche. 4 Punkte.“). Neben seiner Berater-Tätigkeit für Comedians verfasste Eisert bereits mehrere Bücher, die vor allem für ihren satirischen und augenzwinkernd-flotten Schreibstil gelobt wurden. So zum Beispiel den Bestseller „Kim & Struppi: Ferien in Nordkorea“, wo er zusammen mit einer Journalistin inkognito einreiste, da der feine Herr -un nicht gerade der größte Fan der Presse ist. Aber in seiner Gegenwart über „Größe“ zu sprechen, wäre eh etwas unfair. Nachdem Eisert heil durch die machtgierigen Wurstfinger des Mannes ohne Hals geflutscht ist, verschlug es ihn in vermeintlich weniger gefährliche Gefilde… in die schöne Schweiz. In „Viele Ziegen und kein Peter: Eine Ferienfahrt zu den Schweizern“ berichtete er kurzweilig und amüsant über die Skurrilität unseres Nachbarlandes, denn auch dort gibt es Abenteuerliches zu erleben. In „Anpfiff zur zweiten Halbzeit“ nahm Christian Eisert sich dann das schwache Geschlecht zur Brust… Richtig, den Mann. Wenn das Haupthaar lichter wird und an Stellen sprießt, wo man es überhaupt gar-gar nicht gebrauchen kann, blickt man schonmal auf die erste Lebenshälfte zurück und mag sich fragen, was da noch so kommt. Manch einer steigt in den Porsche und brettert einfach los… Auch DAS hat der Autor getan, nachzulesen in „Tacho Man: 1 Mann, 1 Porsche, 1 Krise und 33 x Tanken“.
Der nun im Egmont Verlag erschienene Comic-Band – angereichert mit Eiserts todsicheren Tipps für vom Pech verfolgte – ist nicht sein erster Ausflug nach Entenhausen. „Finde deine innere Ente“ ist das, wonach es sich anhört: Ein Kochbuch für Schizophrene. NEIN, natürlich nicht! Hier wird der rasende Erpel Donald (sprichwörtlich!) zerlegt, um dem Leser anhand seiner Charaktereigenschaften zu einem besseren Lebensgefühl zu verhelfen. Ein Mix aus Life-Coaching-Sachbuch und heiteren Comic-Geschichten für den geneigten Leser mit der kurzen Lunte, der gerne mal aus der Hose fährt. Na, wer wird denn da gleich in die Luft gehen?
„Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern.“
- Konfuzius (Chinesischer Philosoph; Jahr des Metall-Hundes – Jahr des Wasser-Hundes)
„Entlich glücklich“ ist aufgeteilt in sieben Kategorien. Besser gesagt hält es sieben Strategien zum Thema Glück bereit, wo jeder Glück-suchende fündig werden sollte. Bist Du mehr der Gustav Gans-Typ, dem das Glück quasi an den Flossen klebt? Oder doch eher Berufs-Pechvogel Donald, dem stets ein graues Regenwölkchen über dem wutroten Schädel zu folgen scheint? Lebst Du ein Lotter-Leben in Saus und Braus, Dir wächst das Moos aus der Tasche, du weißt nicht wohin mit den Kohlen und fühlst Dich dennoch leer? Oder flüchtest Du dich in die Macht der Imagination, um Dein Glück in Traumwelten zu finden? Ganz egal, zu welcher Kategorie Du gehörst: Hier findest Du maßgeschneiderte Strategien, untermauert mit nützlichen Praxistipps. Zu jeder Kategorie gehört auch ein „unglücklich ausgegangenes Glücksexperiment“, welches jeweils von Entenhausens Psychoanalytiker-Koryphäe Dr. Siglind Leid überwacht, aufgezeichnet oder im mutigen Selbstversuch durchgeführt wurde.
Jede Strategie wird anhand ausgewählter Comic-Geschichten mit unseren Lieblingen aus dem Disney-Universum abgerundet. So hat Unglücksrabe… Verzeihung, Unglücksente Donald mit einer nicht abreißenden Pechsträhne zu kämpfen, die den ausgewiesenen Choleriker fast an seine Grenzen bringt. In „Wettangeln am Wimmelsee“ ist es wieder einmal an Tick, Trick und Track, ihrem Onkel (heimlich) helfend unter die Arme zu greifen. Anschließend verfällt die Duck-Familie dem „Goldrausch“. Dagobert Duck macht hingegen „Ferien vom Ich“ und bestreitet seinen jährlichen Vagabundentag, an dem er sich regelmäßig in die Kluft eines Tippelbruders schmeißt, um sich in Erinnerung zu rufen, dass sein Status als reichste Ente der Welt ohne Fleiß (und natürlich auch etwas Glück) nur Wunschdenken wäre. Dumm nur, dass er sich gehörig die Rübe anhaut und sein Gedächtnis verliert… Willkommen auf der dunklen Seite des Wohlstands, Mr. Duck. In der nächsten Geschichte bleibt Donald der „Erntesegen“ versagt, da im Wettstreit um den schönsten Apfelbaum ausgerechnet Glückspilz Gustav Gans Zaun an Zaun mit unserem Lieblings-Wüterich wohnt. Dieser bekommt von einem Wettbewerb überhaupt nichts mit, da Donald es ganz allein schafft, das Glück in den Schoss seines Vetters zu schaufeln. Danach tauschen die beiden in „Mehr Glück als Unverstand“ kurzzeitig die Rollen. „Kater Karlo denkt an alles“… denkt er zumindest, als er den ausgetüftelten Plan in Angriff nimmt, der Internationalen Juwelenausstellung einen kleinen Besuch abzustatten. Dass dieser nicht darauf aus ist, den Klunkern nur reine Bewunderung zu schenken, dürfte auf der Hand liegen. Karlo beteuert zwar, dass er sein Ganovendasein aufgegeben hätte, doch eine abgebrühte Spürnase wie Micky Maus lässt sich nicht hinters Licht führen. In „Verräterischer Apfelsaft“ darf Herr Maus gleich noch mal ran. Ausgerechnet durch hilfreiche Unterstützung von Sidekick Goofy gelingt es ihm, auf die Spur gefährlicher Bankräuber zu kommen. Donald mutiert in „Der unglaubliche Dulk“ zu einem MARVEL-ähnlichen Koloss, der rasend durch Entenhausen stampft. Jaja… sowas passiert, wenn der Arzt mit einem unerprobten Elixier um die Ecke kommt, welches zuvor Gammastrahlen ausgesetzt wurde. Fragt mal Bruce Banner… der kann ein Liedchen davon trällern. Donald darf in „Wut tut gut“ gleich erneut ran und kann diese direkt in Richtung Dussel Duck kanalisieren. „Ein verregneter Fall“ wartet schlussendlich auf Phantomias, der zur Ausübung seiner nächtlichen Superhelden-Aktivität ein Experiment von Daniel Düsentrieb testet, bevor die beiden Kurzgeschichten „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ und „Cabrio Marke Eigenbau“ den Comic-Teil abrunden.
„Niemand ist vollkommen: Glück heißt, seine Grenzen kennen und sie lieben.“
- Romain Rolland (Französischer Schriftsteller, Nobelpreisträger und Pazifist; 1861 (Deutscher Krieg) – 1944 (Zweiter Weltkrieg) … also der geborene Pazifist)
Stilistisch bietet „Entlich glücklich“ eine ordentliche Bandbreite. Carl Barks‘ „Erntesegen“ wurde zwar bereits 1958 in Deutschland erstveröffentlicht, doch selbst nach über 60 Jahren können die klassischen Zeichnungen noch überzeugen. Bas Heymans‘ dynamischer Strich in „Mehr Glück als Unverstand“ kommt hingegen eine ganze Ecke moderner daher, was dem Entenhausener-Völkchen sehr gut zu Gesicht steht. Mein persönliches Highlight ist „Ein verregneter Fall“, da die Darstellungen von Nicola Tosolini sowohl stylish als auch detailliert den Comic-Nagel auf den Kopf treffen. Diese Geschichte stammt auch erst aus dem Jahr 2003, was sie zu einer der jüngeren Erzählungen dieses Bandes macht. Auf fast gleicher Stufe steht „Kater Karlo denkt an alles“, gezeichnet von Julian Jordan und entstanden im Jahr 1995, in dem die Story sowohl in Italien als auch in Deutschland erstveröffentlicht wurde. Die Geschichten „Ferien vom Ich“ und speziell „Verräterischer Apfelsaft“ drücken den positiven Gesamteindruck ein wenig, weshalb die optische Präsentation auch ein paar Federn in der Endbewertung lässt. Beide Negativ-Beispiele entstanden in den 70ern und wurden in Italien angefertigt.
Fazit:
Eine gelungene Mischung aus humorvollen Texten und thematisch passenden Comic-Geschichten. Dank Christian Eiserts Strategien, können wir ausgewählte Disney-Stories nun erneut mit anderen Augen betrachten. Wem nach dieser Zusammenstellung das Glück nicht hold ist, sollte mit Donald eine WG gründen, die Tür abschließen und den Schlüssel weit, weit, weeeeeeeeeit wegwerfen.
Christian Eisert, Jan Kruse, Carl Barks, Jerry Siegel, Bas Heymans, Giuseppe Perego, Carl Barks, Egmont
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