Weltenbummler(in)
ENDLICH FREI!!!
Blue hat sich befreit und die Kontrolle übernommen. Jene blauhaarige Persönlichkeit, die sicher weggesperrt tief in Elles Unterbewusstsein schlummerte. Da war sie nicht ohne Grund, denn einmal das Ruder in der Hand, stiftet Blue reichlich Chaos in der realen Welt. Sie lässt Elle die Schule schwänzen, ihre Freunde ausnutzen und lügen und betrügen, wo es nur geht. Vollkommen egal, ob sie dabei den Menschen vor den Kopf stößt, die sie erst kürzlich mit offenen Armen in ihren Kreis aufgenommen haben. Das auffällige Verhalten kommt vor allem bei Maëlys nicht gut an, die als Erste merkt, dass mit ihrer Freundin etwas so gar nicht stimmt.
Die nur allzu vertraute Persönlichkeit von Elle (dargestellt durch einen rosa Haarschopf) hat es währenddessen in ihr eigenes Unterbewusstsein verschlagen. Dort hindert die mächtig gewordene Blue sie am Ausbruch. Allerdings weiß Elle nur zu gut, dass es immer irgendwo ein Hintertürchen gibt. Doch Blue ist nicht dumm, ganz und gar nicht. Sie hat die sechs unterschiedlichen Welten, in denen Elles verschiedene Persönlichkeiten leben, wenn sie nicht am Drücker sind, miteinander verbunden. So muss das Mädchen sich durch die unterschiedlichsten Ebenen ihrer Psyche kämpfen, in denen Blue reichlich Verwirrung gestiftet hat.
Fortschritte und Stillstände
Rosie, Elles Vorzeige-Persönlichkeit, hat im zweiten Band der toonfish-Reihe aus dem Hause SPLITTER also richtig was zu tun. Digital-Künstlerin Aveline Stokart kann hier ihre kreativen Muskeln spielen lassen und hat fantastische Welten geschaffen, die sich nicht nur farblich voneinander abheben. Das bietet enorme Abwechslung zum realen Alltag, in dem es jedoch auch nie langweilig wird. Stokarts süßer Zeichenstil ist insgesamt ein absoluter Gewinn, was aber nicht kaschiert, dass Autor Kid Toussaint auch ernste Themen wie Verlust, Trauer oder psychische Erkrankungen anspricht. Allerdings auf einem Level, dass jüngere Leserinnen und Leser nicht überfordert werden können.
In der allseits beliebten Kategorie „Meckern auf hohem Niveau“ bin ich ein klein wenig enttäuscht, dass gerade im interessanten Freundeskreis von Elle ein bisschen die Charakterentwicklung fehlt. Bunt und divers sind jetzt nicht zwingend Merkmale, die eine Figur definieren sollten. Da dürfte dann gerne noch etwas Tiefe hinzukommen. Vor allem die liebenswert-naive Line scheint (bislang?) nur einem Zweck zu dienen: um liebenswert und naiv zu sein. Sie als Auflockerungs-Anker zu gebrauchen, um im richtigen Moment etwas Drama rauszunehmen, scheint für die Figur die Universallösung zu sein. Sollte das auch im dritten Band „Vielfach(e)“ so fortgeführt werden, wäre ihr Charakter als der klassische Comic Relief ziemlich einseitig und damit verschenkt.
Fazit:
Ein kleiner Mini-Dämpfer ändert nur wenig an der Tatsache, dass wir es bei „Elle(s)“ mit einer wunderschönen Serie für alle Altersklassen zu tun haben. Hier wird sehr darauf geachtet, dass das Thema psychischer Erkrankungen behutsam, jedoch nicht beschönigend behandelt wird.
Kid Toussaint, Aveline Stokart, toonfish
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