Trostlose Ankunft unter beißender Sonne
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit…
Arrakis, der sogenannte Wüstenplanet, wird seit vierzig Jahren vom Haus der skrupellosen Harkonnen kontrolliert. Der einzige Planet, der das kostbare Spice zutage fördert. Mit dem Segen des Padishah-Imperators Elrood IX regiert der aufstrebende Baron Vladimir (ein Name, bei dem einem dieser Tage mit Recht etwas Galle hochkommt…) Harkonnen den Spice-Handel. Von Kaitain, dem Hauptsitz des Imperiums, wird der Planetologe Pardot Kynes vom Imperator Elrood IX höchstpersönlich nach Arrakis geschickt, um mehr über die Beschaffenheit dieser noch unerschlossenen Welt in Erfahrung zu bringen. Ein Schubser ins kalte bzw. glühend heiße Wasser…
Und während Pardot Kynes in der kargen Wüste zusammen mit den Harkonnen die Bekanntschaft der gewaltigen Sandwürmer macht, unternimmt an anderer Stelle der achtjährige Duncan Idaho einen Fluchtversuch von Giedi Prime, der Heimatwelt der Harkonnen. Der Junge lebt dort in Gefangenschaft und seine Wächter werden nicht müde, zu ihrer Unterhaltung unfaire Treibjagden auf die unbewaffneten Gefangenen zu veranstalten.
Der erst fünfzehnjährige Leto Atreides ist zu diesem Zeitpunkt noch etwas davon entfernt, zum Herzog seines Hauses ernannt zu werden. Dafür ist er aber im richtigen Alter, schonmal auf den Ernst des Lebens vorbereitet zu werden. Zu diesem Zweck wird er von Burg Caladan auf den Maschinenplanet Ix geschickt, um dort in angemessenen Kreisen zu studieren. Das Imperium steht im Zeichen des Wandels… und Padishah-Imperator Elrood IX ahnt noch nicht, dass der machthungrige Shaddam, sein eigener Sohn, ihm bereits nach dem Leben trachtet.
Mit der Lizenz zum Gelddrucken?
Könnte man meinen… schließlich erschien parallel zum Comic ein nicht gerade wenig erwarteter Kinofilm. Gang und Gäbe. Und vielleicht mag man da sogar skeptisch mit den Augen gerollt haben, da Lizenz-Schnellschüsse meist auch wie solche aussehen. Eine laue Handlung, um eine hingeschluderte Vorgeschichte aus dem Ärmel zu schütteln, die einen Film oder eine Serie begleiten und möglichst von einem Erfolg profitieren soll. Hatten wir schon häufig, werden wir noch häufiger bekommen. Mit „Haus Atreides“ verhält es sich erfreulicherweise anders, da die Comic-Vorgeschichte auf dem Roman von Brian Herbert und Kevin J. Anderson basiert. Brian Herbert ist der Sohn des legendären Frank Herbert, der gemeinsam mit Anderson in die Fußstapfen seines Vaters trat. 1999 begannen sie ihre Prequel-Trilogie, die mit „Das Haus Atreides“ startete, und mit den Büchern „Das Haus Harkonnen“ und „Das Haus Corrino“ vervollständigt wurde. Um eine vielschichtige Story braucht man sich deshalb schon mal keine Sorgen machen. Die bekommt man. Der erste Hardcover-Band beinhaltet die ersten vier Hefte der insgesamt zwölfteiligen Geschichte, die ursprünglich im US-Verlag BOOM! STUDIOS erschien. Dementsprechend veröffentlicht der SPLITTER Verlag die Story in drei Bänden. Auf die sehenswerten Cover und Variant-Cover muss man aber als deutscher Leser nicht verzichten, da diese in einer Cover-Galerie (bzw. die Haupt-Cover von Jae Lee als Kapiteltrenner) enthalten sind.
Einige Körnchen im Sandkasten!
In „Haus Atreides“ passiert eine Menge. Wir verfolgen gleich mehrere Handlungsstränge bekannter Figuren aus dem Hauptwerk. Großes Vorwissen ist für das Prequel allerdings nicht notwendig. Leser, mit denen Charakteren des Herbert’schen Universums bereits länger vertraut sind, werden sich freuen, nun auch in Comic-Form mehr über deren Werdegang zu erfahren, während „Dune“-Neulinge höchstwahrscheinlich angefixt werden und anschließend tiefer in die ausschweifende Welt eintauchen möchten. Ich selbst bin nicht der größte Experte, was Herberts Schaffen angeht, und kam bislang vor allem durch die Kino- und TV-Produktionen mit „Dune“ in Berührung. Das reicht auch schon, um mit „Haus Atreides“ eine sehr gute Zeit zu haben. Vor allem aber eignet es sich als Einstiegspunkt. Es kristallisiert sich sehr schnell heraus, wer mit wem verbandelt ist, auf wessen Seiten die Sympathien liegen, und wer sein dunkles Netz ausbreitet. Die Rollen sind klar verteilt, was sich bereits in der großartigen Kolorierung von Alex Guimarães wiederspiegelt. Natürliche und warme Farben stehen den düsteren gegenüber, welche in ihren Blau- und Violett-Abstufungen kontrastreich und fast schon künstlich wirken. Die Zeichnungen von Dev Pramanik sind auf solidem Niveau, kommen aber über den Standard fortlaufender US-Serien nur selten hinaus. Die Farbgebung ist da nochmals ein echter Booster und katapultiert das Gesamtbild über den Durchschnitt.
Fazit:
„Haus Atreides“ gefällt mir tatsächlich noch besser, als die Ende 2020 ebenfalls von SPLITTER (mit einem ersten von drei geplanten Bänden) veröffentliche Adaption von Frank Herberts „Dune“. Die Vorgeschichte erweist sich trotz vieler Ortswechsel als durchaus einsteigerfreundlich und startet vielversprechend. Die philosophischen Aspekte halten sich angenehm im Hintergrund und es wird mehr einer klaren Linie gefolgt. An spannenden Verwicklungen mangelt es aber keinesfalls.
Kevin J. Anderson, Brian Herbert, Alex Guimarães, Dev Pramanik, Splitter
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