Die unfassbare Welt von Barbarkulor
- Cross Cult
- Erschienen: November 2020
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Toni Müller… unser Mann am Schwert!
„Die ZDF-App hängt alle 3 Minuten. Richtig scheiße.“
-Toni Müller, mag schnelles W-LAN
Da sitzt man entspannt vorm Fernseher, freut sich schon, dass endlich Titten auf dem Flatscreen aufploppen (die sich dann leider als Visage von Elmar Wepper entpuppen), da fängt die Glotze auf einmal an zu plaudern! Unfassbar oder? Alexa, Siri und Co. halten zur Abwechslung mal schön die Fresse und jetzt belästigt einen der Fernseher? Da staunt der gute Toni nicht schlecht und der geplante TV-Abend ändert sich schlagartig. Die ihm unbekannte Stimme stammt aus der Dimension X-15 und schlägt ihm ein Angebot vor, dass er nicht… doch, könnte er, aber der X-15-Typ lockt mit Kohle. Also geht es auf in die fremde Welt.
Gerade frisch aufgeschlagen, wird Toni auch schon als Heilbringer angepriesen. Watt? Hat er irgendwas verpasst? Zwischen dem Hüpfer durch den Fernseher und der Landung ein paar Monate im Koma verbracht? Tatsächlich bekommt er umgehend den Namen Barbarkulor verpasst und wird zu jenem prophezeiten Retter, auf den die Leutchen aus der Dimension X-15 scheinbar schon ein paar Tage warten. Barbarkulor soll sich den Mächten der Finsternis und dem restlichen Kleinscheiß, der hinten dranhängt, entgegenstellen. Dazu braucht er allerdings erstmal ein Power-Schwert. Jeder Held braucht schließlich eins. Denn was wäre He-Man ohne sein Zauberschwert? Artus ohne Excalibur? Der Highlander ohne sein halsabschneiderisches Katana? Arya ohne Nadel? Bauernlümmel Luke ohne Lichtschwert? Richtig… ein SCHEISSDRECK! Also wird schnell ein Piekser im örtlichen Power-Schwert-Laden organisiert. Und schon kann es losgehen!
Barbarkulor hat schnell alle Hände voll zu tun. Monster hier, böser Zauberer Rungol da… immer ist irgendwas. Obwohl es an Freizeit (und dem geliebten ZDF-Konsum) mangelt, fällt es unserem frischgebackenen Helden schwer, der süßen Prinzessin Schneekuchen einen Wunsch abzuschlagen. Und so heißt es weiter: Paar Dämonen hier, fiese Hexe Hugoria da… es wird halt nicht weniger. Irgendwann packt aber auch den abgewichstesten Helden das Heimweh… was bei scheiß W-LAN ja kein Wunder ist! Ist vielleicht mal wieder Zeit, in der heimischen Dimension nach dem Rechten zu sehen…
ENDLICH!!! Die gesammelte Saga am Stück!
Ihr kennt „Der Herr der Ringe“? Ihr kennt „Game of Thrones“? Ihr kennt „Conan“? Epische Fantasy von High bis Low, Dark bis Bunt, Urban bis Nicht-so-Urban. Schlachten, Helden, Machtspiele. Aufeinanderprallende Herden von Kriegern, die sich bekriegen, dass es einem die Hose vom Arsch reißt. Feuerspeiende Drachen, die auf Goldschätzen hocken und während ihrer Freizeit gerne (außer Sonn- und feiertags) ganze Städte in Schutt und Asche legen. Hach, geil oder? Das alles finden wir in „Die unfassbare Welt von Barbarkulor“… nun ja… hm… das alles finden wir da… nicht so ganz. Wenn wir jetzt ganz pingelig sind, nicht mal halbwegs. Dafür finden wir ein ganzes Sammelsurium von Referenzen, Querverweisen und Hommagen. Hier wird ein gesamtes Genre liebevoll aufs Korn genommen. Dabei sollten die Zeichnungen eingefleischte Comic-Fans, die sich vielleicht sonst vornehmlich in detailliert getuschten oder frankobelgisch angehauchten Gefilden rumtreiben, nicht abschrecken. Klar, aufwändig und schön geht anders… aber es funktioniert. Es muss nicht immer Öl auf Leinwand sein. Oder Aquarelle auf vierseitig verleimten, satinierten Hahnemühle-Papier. Hier gibt es feinsten Filzstift auf Block. Kariert. Und zu sehen sind… Strichmännchen in Vollendung.
Der Autor und Zeichner von „Barbarkulor“, Andre Lux, ist ein guter Beweis dafür, dass Story, Timing und gute Ideen mindestens ebenso wichtig sind, wie das optische Drumherum. Du kannst mir den talentiertesten Künstler vorsetzen, an dessen Können ich mich zwar erfreuen kann, jedoch schnell das Interesse verliere, wenn er mir keinen Inhalt vermitteln kann. Und genau das kann man dem Mann hinterm Stift nicht vorwerfen. Lux hat schon mit seiner ersten durchgängigen Geschichte „Lars - Der Agenturdepp“ (ebenfalls bei CROSS CULT erschienen) gezeigt, dass er einen guten Sinn für Humor hat. Mal fein, oft direkt und ungefiltert, dann albern oder Brüller aus der Schenkelklopfer-Ecke. Toni Müller sprach mir in „Barbarkulor“ oft aus der Seele (sogar erschreckend oft!), wenn sein Umfeld ihn nervte oder mal wieder nix nach Plan verlief. Allein deshalb waren die kurzen Geschichten, die insgesamt eine größtenteils durchgängige Story ergeben, jedes gelochte Blatt wert, auf das sie einst gekritzelt wurden.
Das Drumherum
Es bleibt in „Die unfassbare Welt von Barbarkulor“ aber nicht bei den einseitigen Abenteuern des ungewollten Helden. Andre Lux hat da noch viel mehr in petto. Wir haben also nicht nur alle drei „Barbarkulor“-Hefte, die Lux zwischen 2016 und 2018 privat drucken ließ und in einer Auflage von je 250 Exemplaren auf Conventions verhökerte, versammelt, sondern auch eine ansehnliche Fan Art Galerie, in der Freunde und Wegbegleiter von Andre Lux ihre Barbarkulor-Interpretation zum Besten geben.
Zwischen den Einzelgeschichten finden sich haufenweise kreative Einschübe, die augenzwinkernd an alte Comic-Hefte oder Magazine erinnern. Angefangen von einer Leserbrief-Ecke, einer Anzeigen-Seite (die sicherlich KEINEN Cent in die Kassen des Verlags spülen wird), ein Blick hinter die Kulissen, Witze, knüppelharte Rätsel und sogar „gaumenzerfickende“ (nicht meine Wortwahl… es steht so im Buch. EHRLICH!) Rezepte. Hier hat Andre Lux sich so richtig schön ausgetobt. Und wer seinen Humor aus den langjährigen EGON FOREVER!-Cartoons bereits kennt und mag, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Als besonders Schmankerl verfügt das handliche Taschenbuch noch über einen QR-Code, der zu einem rund 52-minütigen Audiokommentar von Andre Lux führt. Hier plaudert er humorvoll und äußerst sympathisch über die Entstehung des Sammelbandes und die Geschichte von „Barbarkulor“. Des Weiteren geht Lux dort auf seine Inspirationsquellen ein, die von Metal-Mucke über Kindheitserinnerungen bis hin zu den übelsten und trashigsten Fantasy-Schinken der 80er und 90er reichen. Ihr wisst schon, die Filme, bei denen die übertrieben gemalten Plakate muskelbepackte Hünen mit schwingenden Schwertern versprachen, man aber nur einen abgefuckten David Carradine im Bademantel bekam. Lux zählt ein paar dieser Heuler auf und auch, wie „ALF“ ihn zum Ende seiner Saga inspirierte. So etwas sollte es viel häufiger geben!
Fazit:
Für ‘nen schlappen Zehner lassen Andre Lux und CROSS CULT Euch gleich mehrfach herzlich lachen. Brüllend komisch, wie TV-Junkie Toni Müller, der auch bei Kippen und Bier nie Nein sagt, sich angepisst durch die bekackte Dimension X-15 schlägt. Elmar Wepper würd’s garantiert gefallen…
Andre Lux, Andre Lux, Cross Cult
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