Bildgewaltiger Todeshauch
Die Dunkelheit ist undurchdringlich: In „Die schwarzen Moore“ erhält ein junger Fotograf für eine Nacht einen kurzen Einblick in die schrecklichen Erinnerungen der Moore. Dabei verwischen die Grenzen zwischen Realität und Einbildung zunehmend.
Antoine ist auf einer Foto Tour im Aubrac unterwegs. Ein entlegenes Hochmoor im Südwesten von Frankreich. In seinem Eifer wird er am Ende des Tages von Nebel und Dunkelheit überrascht. Verzweifelt sucht er nach einer Unterkunft in der Einöde. Wie aus dem Nichts stößt er auf einmal auf einen alten Wehrhof. Der etwas verschrobene Hausherr öffnet ihm und lässt den Fotografen eine Nacht bei ihm schlafen. Nur die Hunde und die Tochter des Alten leisten den Beiden Gesellschaft. Doch die Stimmung ist merkwürdig angespannt. Der Alte scheint auf etwas zu warten und ist bis auf das Äußerste gereizt. Mit geladener Waffe behält er ständig die Haustür im Auge. Antoine fällt auf, dass auch alle Fenster vergittert sind. Aber keiner der Beiden will ihm irgendetwas sagen. Deshalb zieht sich Antoine nach dem Essen zügig auf sein Zimmer zurück. In der Nacht bekommt er unerwarteten Besuch von Melody, der Tochter des Hausbesitzers. Es kommt wie es kommen muss und trotz des Verbotes des Vaters schlafen die Beiden miteinander. Die zukünftigen Stunden spielen sich von dort an nur noch wie ein wilder Fiebertraum ab. Was wartet da draußen im Nebel? Grausige und längst vergangene Taten werden aufgedeckt. Als die Sonne am nächsten Morgen durch die Schwaden bricht, gibt es nur noch eine Person die die Wahrheit kennt. Aber ist das wirklich die komplette Wahrheit?
Am Ende bleibt ein unbefriedigtes Gefühl
Christophe Becs „Die schwarzen Moore“ ist eine freie Adaption der Erzählung „La Peur – Die Angst“ von Guy de Maupassant. In seinem Aufbau erinnert Becs Werk an klassische Kurzgeschichten die auch aus der Feder eines Edgar Allan Poe stammen könnte. Die Geschichte bleibt die ganze Zeit über sehr kurzweilig. Dabei rast man nur so über die Seiten, steht am Ende aber etwas verloren da. Die Story ist zwar gut erzählt, hätte aber im Gesamtumfang ein paar Seiten mehr vertragen können. Durch die Kürze und das gewählte Ende bleibt ein unbefriedigtes Gefühl nach dem Lesen. Der erwartete Aha-Effekt bleibt leider aus. Den wenigen Schlüsselszenen lässt Bec jedoch genügend Platz um sich zu entfalten. Dadurch ist die Story gut strukturiert und leicht verständlich. In „Die schwarzen Moore“ war Christophe Becs Devise anscheinend, wenig Inhalt zu verwerten und die Essenz richtig in Szene zu setzen.
Eine Liebeserklärung an das Aubrac
Wenn Christophe Bec zu Stift und Feder greift ist der Leser selten enttäuscht. Auch in dieser Graphic Novel stellt er sein Können erneut unter Beweis. Aber anders als in seinen anderen Werken, vertraut er diesmal nicht nur auf seine Tusche und die digitale Kolorierung. So bedient er sich zum Teil der Aquarelltechnik und Papiertexturen um eine weitere Stilistik in seine Arbeit einzubringen. Diese unterschiedlichen Arbeitsweisen harmonieren bei Bec sehr gut und geben seinen Panels den nötigen Schliff und tragen unmittelbar zur Atmosphäre von „Die schwarzen Moore“ bei.
Generell ist dieses Werk sehr bildgewaltig und könnte als eine skurrile Liebeserklärung an das Aubrac verstanden werden. Er lässt seinen Bildern viel Raum und nimmt sich schon mal heraus eine ganze Doppelseite mit wenigen, großformatigen Bildern zu gestalten.
Bei fast allen seiner Comics findet sich ein Bonusteil mit einem kleinen Making-Of. Das ist auch hier der Fall. Am Ende finden sich ein paar Seiten mit Skizzen und Ideen zum Comic. Hier wird auch erklärt, dass sich Bec bei „Die schwarzen Moore“ von dem berühmten Bernie Wrightson inspirieren lassen hat. Das lässt das Herz der Comicfans natürlich schneller schlagen.
Fazit:
Das Christophe Bec sein Handwerk beherrscht, steht außer Frage. Umso schwieriger ist es daher manchmal seine Erwartungen realistisch zu halten. Die Grundidee von „Die schwarzen Moore“ ist sehr interessant und bietet viel Potential. Leider entwickelt sich diese Graphic Novel nicht über eine mittelmäßige Kurzgeschichte hinaus. Hier und da fehlt es einfach etwas an Masse. Gerne würde man mehr über die mysteriösen Ereignisse im Moor erfahren. Doch bleiben die letzten Details im Sumpf verborgen.
Wer jedoch auf schnelle und leichte Unterhaltung setzt, findet in diesem Werk genau das Richtige. Es macht Spaß für eine Nacht Gast in dieser unwirtlichen Gegend zu sein und einen Eindruck von der undurchdringlichen Dunkelheit zu erhalten. Vielmehr als einen kurzen, schaurigen Augenblick einzufangen kann man von „Die schwarzen Moore“ jedoch nicht erwarten.
Christophe Bec, Christophe Bec, Splitter
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