Großstädte sind nix für Weicheier!
Fehlstart beim Neustart
Charles kann die Freude seiner Eltern nicht teilen. Diese sind hellauf begeistert von einem alten, ehemaligen Hotel, welches sein Vater renovieren soll. Praktischerweise dürfen die Thompsons dann auch dort wohnen. Schlimm genug, dass sich der Kasten in einem baufälligen Zustand befindet und schon beim bloßen Anblick nach einer Stippvisite der Ghostbusters schreit, aber noch schlimmer, dass er in Echo City steht. Der Großstadt! Nur widerwillig konnte Charles zum Mitkommen bewegt werden. Hauptsächlich wohl deshalb, weil er weit davon entfernt ist, volljährig zu sein. Verständlich, dass die Mundwinkel seines runden Gesichts da Richtung Keller hängen, musste er doch sein gewohntes, ruhiges Umfeld gegen die turbulente, laute Stadtkulisse tauschen. Laut seinem Vater hätte der Bau „Charakter“ und wäre „Art déco“… pah! Eine morsche Bruchbude, die ihre besten Jahre schon weit, weeeeit hinter sich hat, so ist das!
Seine eher miesgelaunten Gedanken teilt Charles in einem Online-Tagebuch. Generell liebt er es, seine Erlebnisse schriftlich festzuhalten. So auch, als er vor dem Wohnhaus die Begegnung der letzten Nacht auf seinen Notizblock kritzelt. Diese hatte es nämlich in sich! Nicht nur, weil es die erste in der neuen Heimat war, sondern auch, weil Charles seine mickrige Notlösung von Zimmer mit einem Monster zu teilen scheint. Ja, richtig gelesen… ein MONSTER! Oh man, das Leben in der Großstadt ist ECHT die HÖLLE…
Samariter
Nachdem seine Eltern den gruseligen Besuch zur nächtlichen Stunde als lebhafte Kinder-Fantasie abgetan haben, ist Charles zunächst ratlos. Gerade noch in seinen Aufzeichnungen versunken, spricht ihn der Nachbarsjunge Kevin an. Eher merkwürdig und kauzig, kann Kevin dem Zugezogenen aber einen heißen Tipp geben. Besser noch, gibt er Charles eine Visitenkarte. Darauf steht die Telefonnummer von Margo Maloo. Einer „Monster-Mediatorin“. Hmmm…
Laut Kevin ist Margo Maloo in Echo City bekannt wie ein bunter Hund. Eine Legende auf ihrem Gebiet. Was kann es also schaden, diese angebliche Expertin mal zu kontaktieren, nicht wahr? Schließlich kann ein Monster im Wandschrank keine Dauerlösung sein.
Tatsächlich taucht die Monstervermittlerin noch in derselben Nacht auf und überrascht Charles in seinem Zimmer. Das mysteriöse Mädchen scheint mit allen Wassern gewaschen und hat sofort den richtigen Riecher. In Charles‘ Schrank finden die beiden einen alten Zugang, der in die Tiefe führt. Hat sich das Monster über diesem Weg Eintritt verschafft? Wenn ja, was finden Margo Maloo und Charles am anderen Ende vor? Fragen über Fragen, aber der Junge benötigt Antworten, sollte er in dem Apartment jemals eine ruhige Nacht verbringen wollen…
Eine neue Welt in der neuen Welt
Noch vor einem Tag war der der Umzug in die Großstadt Charles‘ größtes Problem, was per se schon einiges an Eingewöhnungszeit veranschlagt hätte, und nun folgt auch noch eine geheime Unterwelt, in der Trolle, Kobolde und andere gruselige Gestalten, die man höchstens in Albträumen verortet hätte, zum neuen Alltag gehören. Wie sich herausstellt, ist Margo Maloo wirklich top in ihrem Monster-Ding und so bleibt es nicht bei einer einmaligen Zusammenarbeit.
Dem Kennenlernen folgen direkt noch zwei weitere Geschichten, in denen dem übernatürlichen Treiben in Echo City nachgegangen wird. Anfangs noch ängstlich, wird Charles Thompson schon bald zum treuen und unverzichtbaren Kompagnon an der Seite der Monster-erfahrenen Margo Maloo, die auf Du und Du mit der bestialischen Bevölkerung der Metropole ist. Neben „Stadt der Monster“ gruseln wir uns gemeinsam mit dem Duo durch „Eine geistreiche Zeitung“ und sehen, wie sie „Das verschwundene Ogerbaby“ aufzuspüren gedenken. Abschließend finden sich noch lesenswerte Aufzeichnungen über Geister, Kobolde, Oger und Trolle, begleitet von zahlreichen Skizzen und handschriftlichen Ergänzungen.
Kindgerechter Gruselspaß
Mit „Die geheimnisvollen Akten von Margo Maloo“ hat der amerikanische Künstler Drew Weing einen Comic erschaffen, der nicht nur junge Leserinnen und Leser begeistern wird. Sofort können wir uns in Charles hineinversetzen, der einerseits mit seiner neuen und ungewohnten Umgebung klarkommen muss, und auf der anderen Seite eine komplett neue Welt, die über unsere und seine Vorstellungskraft geht, entdeckt. Mit Monstern hatten wohl nur die wenigsten von uns zu tun, aber wie es ist, neue Freundschaften zu schließen und neugierig auf Entdeckungstour zu gehen, sollte schon eher beim Publikum ins Schwarze treffen. Der Freundschafts-Aspekt ist dann auch der moralische Wink in Weings Reihe, die zuerst als Webcomic begann. In gedruckter Form machen die kurzen, jedoch abenteuerlichen Geschichten aber doch mehr Spaß. Erst recht im schönen, großen Hardcover-Format, welches der REPRODUKT Verlag der „Margo Maloo“-Serie zukommen lässt. Ein zweiter Band, mit dem Untertitel „Die Monster-Mall“, ist bereits für Mai 2021 angekündigt.
Drew Weings Zeichnungen sind dabei nicht sonderlich spektakulär, jedoch sehr passend zur Handlung und trotz abwechslungsreicher Gestaltung nicht zu komplex. So lassen sich die knackigen Episoden auch mühelos von den jüngeren Lesern genießen. Der kindgerechte Stil und die größtenteils helle (wenn auch nicht farbenfrohe) Kolorierung lassen es dann auch in den düsteren Passagen nicht ZU gruselig werden. Als Empfehlung gibt der Verlag ein Lesealter ab 8 Jahren aufwärts an, was ich bedenkenlos unterschreiben würde.
Fazit:
Sympathisch, locker und humorvoll. Margo Maloos erster Auftritt ist sehr gelungen und die Botschaft, die erfreulicherweise nicht mit dem Holzhammer aus den Panels kracht, passt auch. Kleine Grusel-Abenteuer aus der Großstadt, die nicht nur für Kinder erschreckend und bedrohlich sein kann.
Drew Weing, Drew Weing, Reprodukt
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