Text:   Zeichner: Paul Frichet

Die Arche Neo - Bd.1: Tod den Rindviechern!

Die Arche Neo - Bd.1: Tod den Rindviechern!
Die Arche Neo - Bd.1: Tod den Rindviechern!
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonMär 2020

Story

Eine wichtige und aufwühlende Story, die trotz gegebener Ernsthaftigkeit auch hier und da mal augenzwinkernd daherkommt. Luft nach oben ist aber allemal vorhanden.

Zeichnung

Tolle Umgebungen und viel Abwechslung. Lediglich das Charakterdesign und die oftmals schwankende Kolorierung sorgen für Grund zur Beanstandung.

Ein Schweinchen namens… Neo

„Noch mal Schwein gehabt“…

…wird sich der kleine Neo gedacht haben, als seine einst blühende Karriere urplötzlich den Bach runterging. Die klassischen 15 Minuten Ruhm, die in Minischwein-Jahren bestimmt anders bemessen werden, aber wer macht das schon? Jedenfalls war Neo eine Zeit lang unglaublich angesagt, sodass sein putziges Gesicht Merchandise-Artikel zierte, er im Netz mit Grumpy Cat um die Wette strahl… okay, schlechtes Beispiel… doch Clips mit ihm auf Video-Portalen gingen durch die Decke, Werbespots katapultierten ihn in ungeahnte Höhen und eine Aufklärungskampagne ließ Neo zur Ikone der Tierschutz-Aktivisten aufsteigen. Leider sind 15 Minuten knapp bemessen, selbst im Leben eines Minischweins. Und als er der vergänglichen Jugend – und damit seinem hohen Niedlichkeitsfaktor – entwachsen war, klopfte auch schon das Karriereende an die Tür. Da hat wohl die Ferkel-Pubertät mit dem Hammer zugeschlagen. Man muss wohl nur 1 und 1 zusammenzählen können, um zu erahnen, dass einem ausgedienten Schweinchen, das nicht mehr die schnelle Mark ins Portemonnaie spült, keine rosige Zukunft ins Haus beziehungsweise den Stall steht…

Doch wie bereits angedeutet, wendete sich für Neo (zumindest vorerst) doch noch alles zum Guten. Wobei „gut“, gemessen an seiner steilen Karriere, hier relativ zu sehen ist. Wenigstens landete der Kurze nicht auf dem Schlachthof, da Tierrechtler ihn vor Schlimmerem bewahrten. Zusammen mit anderen Tieren lebt Neo nun auf einem alten, abgelegenen Bauernhof. Darunter illustre Gesellen wie der gehässige Kater Mistvieh, Hund Blitz, der Bulle Bruce, Hahn(?) Ferdinand, der mürrische Eber Heinz-Werner, die Kühe Renate, Consuela und Concepción sowie Schaf Soasig. Eigentlich sollte es unter Schicksalsgenossen doch recht harmonisch zugehen, doch wenn uns George Orwells Fabel „Farm der Tiere“ eines gelehrt hat, dann DAS, dass unter Haus- und Nutztieren auch schnell der Baum brennen kann, wenn es um Machtspiele geht. Bis vor kurzem waren hinterlistigen Angriffe von Mistvieh noch Neos größtes Problem (neben der plötzlichen Arbeitslosigkeit), doch es soll noch schlimmer kommen…

Den Schweinehund überwinden

Ein nächtlicher Polizeieinsatz, bei dem die Staatsgewalt im großen Stil und mit versammelter Mannschaft auf dem Bauernhof aufläuft, verändert das Leben von allen Farmbewohnern schlagartig. Die Aktivisten werden festgenommen, die eingefangenen Tiere abtransportiert. Nur wenige können in dem wilden Trubel entkommen… darunter auch Schweinchen Neo. Zusammen mit Kuh Renate, Schaf Soasig und Ferdinand, der sich für männlicher hält als er in Wirklichkeit ist, irrt er durch die Nacht. Zuerst noch plan- und ziellos, fasst die Zweckgemeinschaft jedoch schon bald einen heroischen Plan: Sie wollen ihre Freunde retten! Und dazu müssen sie zum mysteriösen Ort, den die Menschen „Schlachthof“ nennen.

Sauerei!

Spätestens nach der Razzia ist bei „Die Arche Neo“ Schluss mit lustig. Da wird die Niedlichkeit mal hintenangestellt und die harte Realität kommt unpaniert und roh auf den Tisch. Die Geschichte ist ernst und schonungslos, was sich auch in den teils drastischen Illustrationen wiederspiegelt. Deshalb sei gesagt, dass man sich vom farbenfrohen, freundlichen Cover nicht in die Irre führen lassen sollte… womit auch klar sein sollte, dass dieser Comic nicht kindertauglich ist. Zu viele verstörende Bilder, die aber eigentlich nur die Wirklichkeit wiedergeben, wie sie ist. Das soll erwachsenen Leser zweifelsohne dazu auffordern, sich selbst zu hinterfragen… was auch komplett gelingt.

Leider fiel es mir schwer, eine Beziehung zum Hauptcharakter Neo aufzubauen, was nicht unbedingt die beste Ausgangslage ist. Zu unsympathisch wurde mir diese Figur eingeführt, obwohl schon recht früh klar ist, wohin die Reise mit ihm gehen wird. Ich werde mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn Neo eine wundersame Entwicklung durchmacht, die ihn seine egoistische und ruhmreiche Vergangenheit vergessen lässt und er ihr keine Schweinsträne mehr nachweinen wird. Das ist nicht neu und leicht durchschaubar. Vor allem, da diese Wandlung schon im ersten Band beginnt. Und zwar etwas zu schnell, um glaubwürdig zu sein… wenn man bei einem Comic über sprechende Tiere überhaupt von Glaubwürdigkeit sprechen kann. Darum geht es aber gar nicht, denn Autor Stéphane Betbeder legt eindeutig den Fokus auf den menschengemachten Schrecken, der mit der Nutztierhaltung einhergeht. Und das gelingt trotz einiger Kritikpunkte auf erschütternde Art und Weise, dass es beim Lesen kalt den Rücken runterläuft.

Weder Fisch noch Fleisch

Die Darstellungen der Umgebung sind sehr gut gelungen. Egal, ob in der freien Natur, auf dem Bauernhof oder dem unmenschlichen Ort, den keines der Tiere von innen sehen möchte. Detail- und abwechslungsreich. Da gibt es gar nichts zu meckern… was ich leider nicht von der optischen Vermenschlichung der tierischen Charaktere sagen kann. Der anthropomorphe Touch, den Zeichner Paul Frichet den Figuren verpasst hat, ist ein wenig übers Ziel hinausgeschossen. Vor allem fällt dieses bei Neo negativ ins Auge. Auch farblich ist es ein wahres Auf und Ab. Sind manche Passagen durchaus stimmig und der Situation angemessen koloriert, gibt es zwischendurch ganze Seiten, die farblich nicht harmonieren. Zu direkt und kraftvoll, im Gegensatz zu manch weichen Farbverläufen.

Fazit:

„Die Arche Neo“ konnte mich mit „Tod den Rindviechern!“ noch nicht komplett abholen. Die Botschaft ist allerdings ebenso eindeutig wie wichtig, weshalb ich den Auftakt der Reihe, die durchaus noch Potential zur Steigerung hat, trotzdem empfehlen würde.

Die Arche Neo - Bd.1: Tod den Rindviechern!

Stéphane Betbeder, Paul Frichet, Splitter

Die Arche Neo - Bd.1: Tod den Rindviechern!

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