Ein Wikinger-Krieger sucht Ruhe und Frieden
Hallstein Thordsson kehrt nach sieben Jahren Verbannung in seine Heimat zurück. Dort aber sind die Taten des Wikingers keineswegs vergessen und seine Ankunft weckt nicht bei allen Wiedersehensfreuden. Vor allem nicht bei Einar Ragnarsson, dessen Bruder von Hallstein getötet wurde.
Kraftvolle Bilder, beeindruckende Naturkulisse
Erik Kriek verortet seine Graphic Novel im Island des 10. Jahrhunderts, stellt in seinem Vorwort zugleich klar, dass „Der Verbannte“ kein durchweg historisch korrektes Werk sein will. Mit seinen kraftvollen Bildern voller Details lässt der niederländische Künstler aber jedenfalls viel stimmungsvolles, authentisch wirkendes Wikinger-Flair aufkommen. Er inszeniert die schroffe, raue Inselwelt komplett mit kaltem Blau, Schwarz und Weiß. In starkem Kontrast dazu stehen einzelne Panels und Sequenzen, die in tiefes Rot getaucht werden und sich entsprechend wirkungsvoll absetzen. Sie markieren besonders dramatische Szenen, Erinnerungen an vergangene blutige Schlachten, intensive Alpträume Hallsteins und verdeutlichen seine kriegerische Zeit als Söldner während der Verbannung.
Allzu verständlich ist, dass Hallstein sich nunmehr ein friedvolleres Leben wünscht. Dazu soll auch der Teil des Erbes beitragen, den er nach dem Tod seines Vaters beansprucht. Doch auch dagegen regt sich Widerstand auf der Insel.
Distanzierte Figuren
Der Geschichte vorangestellt ist eine doppelseitige Figurenübersicht. Diese ist ebenso hilfreich, wie das ausführliche Glossar, welches viele altnordische Begriffe erklärt. Denn bei den zahlreichen Namen und sonderbaren Bezeichnungen ist es zunächst nicht ganz einfach den Überblick zu behalten. Doch immer mehr werden uns Hallstein, sein Halbbruder Ottar, Stiefmutter Solveig, Einar - der Solveig aufwartet - und dessen Schwester Vigdis sowie viele weitere Inselbewohner und deren Verbindungen zueinander vertrauter und verständlicher. Dennoch bleibt eine gewisse Distanz zu den Figuren und es ist schwer richtig Sympathien für einzelne zu entwickeln - auch nicht für die kühl, reservierte Hauptfigur.
Die Spannung steigt
Im ersten Drittel wirkt die Dramaturgie noch etwas ziellos, zu viele Figuren agieren in kleinteiligen Szenarien ohne ihnen Tiefe zu verleihen. Doch dann zieht der Spannungsbogen langsam an. Kriek erzählt mit mehr Tempo, die unterschiedlichen Konflikte spitzen sich zu, die Handlungsstränge verdichten sich. So stehen die Figuren mit ihren familiären Verstrickungen besser zueinander. Gebräuche und Sitten regeln das Miteinander. Die Vergangenheit fordert noch immer ihren Tribut. Einar sinnt weiter nach Rache und Hallstein muss noch einmal zur Waffe greifen. Doch noch jemand anderes schmiedet einen besonderen Plan und ruft besondere Kräfte an, um das Schicksal Hallsteins zu besiegeln. So hält am Ende auch das mythische Element Einzug.
Fazit:
Es braucht ein wenig, bis man sich ganz dem von Erik Kriek überaus einnehmend inszenierten Drama um Schuld und Sühne hingeben kann. Während die beeindruckende Naturkulisse Islands sofort fesselt, gilt das für die Vielzahl unterschiedlicher Charaktere anfangs nicht. Die zunächst behäbige Erzählung gewinnt aber fortlaufend an Spannung und steuert auf ein doch eher unerwartetes Ende zu.
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