Im tiefen Dschungel schläft die Erinnerung
Urlaub in den Tropen
Nach dem Tod seiner Mutter kehrt Max in das kleine Städtchen Kalimboantão im Amazonasgebiet zurück, wo er geboren wurde und bis er drei war gelebt hat. Von seinem Aufenthalt verspricht er sich aber mehr als nur eine kleine Reise zurück in die eigene Kindheit. Max ist auf der Suche nach seinem Vater, der einzige Hinweis sind zwei alte Fotos. Darauf ist jeweils ein Mann zu sehen, wie er mit Max und seiner Mutter posiert. Max weiß nicht, welcher dieser Männer sein Vater ist, deswegen hofft er, im Dorf seiner Kindheit eine Person zu finden, die vielleicht etwas mehr über seine Herkunft weiß.
Im Dorf lernt er die Krankenschwestern Christelle und Charlotte kennen, die ihre beste Freundin Corinne besuchen und die Krankenstation für ein paar Monate übernehmen wollen. Obwohl auch Corinne ausgebildete Krankenschwester ist, arbeitet sie im Dorfrestaurant und lebt nach den Grundsätzen der freien Liebe – es ist ja immerhin das Jahr 1970.
Unter der Oberfläche brodelts
Doch der ruhige und friedliche Schein von Kalimboantão trügt gewaltig. Denn nachdem Max, Charlotte und Christelle aufgebrochen sind – Max, um der Suche nach seinem Vater nachzugehen, und Charlotte und Christelle in Richtung Krankenstation – müssen sich die drei verschiedenen Gefahren stellen. Max wird Zeuge von illegalem Menschenhandel und von den Verbrechern anschließend in den Dschungel vertrieben. Charlotte und Christelle werden von Holzfällern überfallen, die sie vergewaltigen wollen.
Diese sehr düsteren Geschichten stehen im gewaltigen Gegensatz zum sehr zeichentrickartigen Zeichenstil von Olivier Pont. Die Figuren sehen sehr karikaturhaft aus, mit z.B. knolligen Nasen, langen Armen oder runden Köpfen. Christelle hat bspw. sehr große, runde Brillengläser, die meist über ihrer Nase schweben. Das passt auch zu vielen Figuren, wie etwa Max. Er ist etwas unbeholfen und naiv, das spiegelt sich auch darin wider, wie er gezeichnet ist. Er ist sehr schlaksig und hat meistens einen sehr übertriebenen Gesichtsausdruck.
Das funktioniert aber nicht nur, um die komödiantischen Elemente der Figuren hervorzuheben. Die Kerle, die als Holzfäller arbeiten oder die Menschenhändler haben auch sehr karikaturistische Merkmale. Diese unterstreichen aber die eher düsteren Seiten dieser Figuren. So wird sehr schnell klar, dass sie nichts Gutes im Sinn haben, machen sie aber zu sehr gut identifizierbar bösen Figuren, was ein bisschen die Spannung nimmt. Man erwartet schon von dem Moment an, wo sie ins Bild kommen, dass etwas Schlimmes passiert.
Abenteuer, Thriller und… Magie?
„Der Schweinehund 1 – Isabel“ könnte eine sehr klassische Abenteuer-/Thriller-Geschichte sein. Max begibt sich in das Abenteuer, seinen Vater an einem für ihn unbekannten Ort zu suchen; Christelle und Charlotte übernehmen eine einsame Krankenstation mitten im Urwald. Die sehr zwielichtigen Gestalten, die die Gegend um Kalimboantão bewohnen, machen es den Protagonisten nicht leicht und während Charlotte und Christelle sich schnell aus dem Staub machen können, irrt Max durch den Urwald. Zum Glück hat er eine Begleiterin, die indigene Baia. Zusammen mit ihr kann Max im Dschungel gut überleben und es bahnt sich – natürlich – eine kleine Liebesgeschichte an. Doch bevor sie richtig losgehen kann, ist der Band vorbei… Und ein Geist erscheint…?
An vielen Stellen habe ich mich echt über die Geschichte gewundert, die Loisel und Pont uns mit Der Schweinehund präsentieren. Die Irrungen und Wirrungen, mit denen sie ihre Figuren durch die Gegend jagen, ergeben für mich nicht immer Sinn. Warum hat sich Max nach einer heißen Nacht mit Corinne einen Tripper eingefangen? Wie kann das dem weiteren Verlauf der Geschichte etwas beisteuern? Oder was hat ein Geist in einer eigentlich „normalen“ Geschichte zu suchen? Einerseits haben mich diese und einige anderen Entscheidungen etwas verwirrt. Andererseits bin ich auch sehr gespannt, wie es weitergeht.
Fazit:
Obwohl der Zeichenstil von Oliver Pont an andere frankobelgische Comics, wie „Asterix“ oder „Tim und Struppi“, erinnert, ist „Der Schweinehund 1 – Isabel“ nichts für Kinder. Es gibt Nacktheit, Sex und viel Gewalt. Dieser Zusammenstoß zwischen krassen Themen und dem sehr verspielten, fast kindlichen Zeichenstil ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Am Anfang hat mich das auch vor den Kopf gestoßen, aber ich habe mich dran gewöhnt. Schwieriger finde ich die verrückten Einfälle, die immer wieder eingestreut werden. Aber auch da hat mich die Neugier gepackt und ich will unbedingt erfahren, wie die Geschichte weitergeht.
Régis Loisel, Olivier Pont, Carlsen
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