Der geheime Garten

Der geheime Garten
Der geheime Garten
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Marcel Scharrenbroich
10101

Comic-Couch Rezension vonMai 2024

Story

Einen Punkt Abzug für die Heile-Welt-Überdosierung, aber ansonsten ein zielgruppentauglicher Volltreffer.

Zeichnung

Jap, Maud Begon trifft mit ihrem charmanten Stil und der herrlich frischen Kolorierung voll ins Schwarze. Der Frühling ist eingekehrt… und bleibt mit dieser Graphic Novel noch lange erhalten.

Eine Miesepetra blüht auf

Mundwinkel nach oben!

Die zehnjährige Mary Lennox ist eine… wie drücke ich das nun am höflichsten aus… miese, kleine, Kackbratze vor dem Herrn. Während im Indien des Jahres 1910 die sechste Welle der Cholera-Pandemie wütet, verliert das mürrische, trotzige Mädchen, das niemals lächelt, ihre gesamte Familie an die tückische Krankheit. Kurzerhand soll sie nun nach England verschifft werden, um fortan auf Misselthwaite, dem Anwesen ihres Onkels, zu leben. Der einsiedlerische Mr. Craven hat mit Kindererziehung aber so gar nichts am Hütchen, weshalb er das verzogene Ding weitestgehend sich selbst überlässt. Lediglich das Hausmädchen Martha nimmt sich Miss Mary an, die anfangs weder Manieren noch Höflichkeit besitzt. VerzogeneKackbrat… aber das hatten wir schon. Jedenfalls ist es Marthas erfrischender und ländlich-herzlicher Art zu verdanken, dass das Sauertopf-Mädchen langsam ihre harte Schale abwirft. Sie erzählt Mary davon, wie das karge Moor im Frühling erblüht und von ihrem jüngeren Bruder Dickon, der nach Marthas Aussagen einen grünen Daumen besitzt. Als sie dann noch von einem geheimen Garten auf dem weitläufigen Anwesen erfährt, welches ihr Onkel – aus sehr persönlichen Gründen – unter Verschluss hält, ist plötzlich ihr Entdeckerehrgeiz geweckt. Etwas, von dem sie nicht wusste, dass sie es überhaupt besitzt. Bei ihren Streifzügen freundet sich Miss Mary dann noch mit einem fröhlich zwitschernden Rotkehlen an. Noch etwas, das sie nicht kannte… Freundschaft.

Tatsächlich schafft sie es, den geheimen Garten ausfindig zu machen. Noch ist dieser verschlossen… natürlich. Doch Mary gibt nicht auf. Als es ihr endlich gelingt, die Pforte zu öffnen, lässt der verwitterte Garten noch nicht auf eine blühende Oase hoffen, doch der Frühling kündigt sich bereits an. Mit Hilfe von Dickon beginnt das Trotzköpfchen langsam aufzublühen… und es ihrem gemeinsamen Geheimnis, dem geheimen Garten, gleichzutun. Miss Mary und Dickon ahnen dabei noch nicht, dass im einsamen Haus noch jemand insgeheim sehnlichst darauf wartet, ein Lächeln ins Gesicht gezaubert zu bekommen und neuen Lebensmut zu schöpfen. Ein weiteres Geheimnis, welches gelüftet werden will.

Ein Klassiker der Kinderliteratur…

„Der geheime Garten“ erinnert im Kern – dass sich eine Person vom Griesgram in einen lebensbejahenden Charakter wandelt – nicht von ungefähr an den Welterfolg „Der kleine Lord“. Beide Werke wurden von der britisch-amerikanischen Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett (1849 – 1929) verfasst, wobei Strahlemann Fauntleroy bereits 1886 erstveröffentlicht wurde, Miss Mary aber erst 1911 in Buchform ihren grünen Wohlfühlort entdeckte. Nicht nur Botaniker und Hobby-Gärtner fangen bei der liebevoll erzählten Geschichte vor Entzückung an zu keimen, denn die Erzählung ist absolut kindgerecht. Deshalb war ich auch wenig überrascht, dass große Twists oder schockierende Offenbarungen vor dem dritten Akt ausbleiben und die Geschichte statt klassisch-dramaturgischen Verrenkungen ihrem Wohlfühl-Charakter treubleibt. Heile-Welt hoch 10, dafür aber pur und von Herzen.

…in einem farbenfrohen Gewand

Das Sahnehäubchen sind die unglaublich schönen Zeichnungen von Maud Begon, in denen die französische Künstlerin den Kinderbuch-Klassiker in ursprünglich zwei Alben (im Französischen als „Le Jardin Secret“ bei DARGAUD erschienen) adaptierte. TOONFISH, die kindgerechte Sparte des SPLITTER Verlags, hat sich des Werkes für den deutschen Markt angenommen und beide Teile gebündelt in ein schönes Hardcover gepackt.

Die zart gezeichneten Figuren verfügen über markante, stilisierte Züge, was besonders bei Mary Lennox hervorsticht. Anfangs noch blass-kränklich, mit Schatten unter den Augen und fast schon verzerrten Gesichtszügen, frischt ihre Grummel-Visage zusehends auf. Die unaufdringliche, aber trotzdem intensive Farbgebung sorgt – besonders in den botanischen Passagen – dafür, dass einem fast der abwechslungsreiche Blumenduft in die Nase steigt. Da kommen unweigerlich Frühlingsgefühle au… HUCH! EIN BIENCHEN!!! *freu*

Fazit:

Ein wunderschönes Buch, welches man bedenkenlos in Kinderhände geben darf. Die Geschichte ist unverfälscht aufbereitet, zeitlos und lädt dank charmanter Illustrationen zum frühsommerlichen Wegträumen ein. Eine vergleichsweise kostengünstige Schnellkur für griesgrämige Kackbrat… lassen wir das.

Der geheime Garten

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