Der freie Vogel fliegt - Mittelschuljahre in China: Band 5
- Chinabooks
- Erschienen: April 2019
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Heiße Phase
Was bisher geschah V…
Wie auch wir es auf der Comic-Couch mit jedem weiteren Teil der Reihe tun, wirft Band 5 von „Der freie Vogel fliegt“ nun auch einen Blick zurück. Und zwar bis ganz zum Anfang. Die wichtigsten Ereignisse im turbulenten Leben der Schülerin Lin Xiaolu werden noch mal kurz aufgearbeitet. Angefangen von ihrem schweren Stand in der Schule, bevor sie eine Berufsschule mit künstlerischem Schwerpunkt in Chengdu besuchte. Dorthin zog sie mit ihrer Mutter, die in der Sichuan-Provinz ebenfalls einen neuen beruflichen Posten annahm. Also alles auf Anfang und hoffen, dass mit dem örtlichen Tapetenwechsel alles besser werden würde. Obwohl das Mädchen, das mit dem Kopf lieber in den Wolken und den Fantasie-Welten ihres heißgeliebten Mangas hing, einen holprigen Start hinlegte, geschah das zuvor Undenkbare: Lin Xiaolu gewann Freunde. Da wären zum Beispiel die beiden angesagten Schul-Schönheiten Xie Siyao und Su Yan, die die introvertierte Schülerin aus ihrem Schneckenhaus lockten. Doch schnell merkte Lin Xiaolu, dass bei den begehrten Teenagerinnen auch nicht die ganze Welt aus rosa Wölkchen bestand. Beziehungsdramen, Auf und Abs und sogar eine ungewollte Schwangerschaft grätschte in das Teenie-Dasein, welches nur von oben betrachtet unbedarft und stets heiter erschien. Dann wäre da noch Hu Xu, der Besitzer eines Ladens für hochwertige Spielzeug-Modelle, mit dem sie sich anfreundete. Ja, sie begann sogar neben der Schule dort auszuhelfen und war sichtlich begeistert von der augenscheinlich harmonischen Beziehung von Hu Xu und seiner (in ihren Augen) perfekten Freundin Zhang Xiaoman. Doch auch die wahre Liebe schien düstere Schattenseiten zu haben, was Lin Xiaolu in ihrer naiven und herzlichen Art wieder mal mit der Realität konfrontierte. Natürlich soll nicht der Hauptgrund vergessen werden, weshalb sie überhaupt mit Hu Xu und seinem urigen Laden in Berührung kam: Dieser ist männlich und hört auf den Namen Han Che. Zwar wechselte Lin Xiaolu bisher kein einziges Wort mit dem mysteriösen Jungen, der öfter mal in Hu Xus Laden vorbeischaute, doch sie wollte ihn unbedingt näher kennenlernen. Fühlt sich so etwa Liebe an?
Als tragischer Höhepunkt konnte das Schicksal von Lin Xiaolus Cousine Ruirui betrachtet werden. Die Cousine, zu der Lin Xiaolu immer aufsah. Deren Disziplin sie bewunderte. Nur, dass Ruirui dem Druck nur äußerlich gewachsen schien. Jenem Druck, den das System auf die jungen Schultern der Noch-Kinder legt: Die Universitätseintrittsprüfungen. Ein großer Schritt und wegweisend für die Zukunft. Ruirui zerbrach daran und nahm sich das Leben. Nun rollt ebenfalls eine gewaltige Lawine auf die junge Schülerin zu, denn sie besucht die Abschlussklasse und die Hochschulaufnahmeprüfung steht an. Nicht gerade ein Klacks, da Lin Xiaolu das Lernen nicht gerade erfunden hat. Mit ihrer neuen Freundin, Schulkameradin und Leidensgenossin Gou Xiaoyue setzt sie alles daran, diese meterhohe Hürde zu überspringen. Das heißt, sie müssen lernen, lernen, lernen…
Und dann ist da ja immer noch Han Che. Lin Xiaolu weiß nicht, wie viele Möglichkeiten sie noch bekommen wird, den ersten Schritt zu machen. Also muss sie wohl oder übel über ihren Schatten springen. Unglücklich verliebt, noch tieftraurig wegen des Verlusts ihrer Cousine und Schulstress bis über beide Ohren. Uff. Life sucks… sometimes.
Leistungsdruck
Lin Xiaolu hat die Verfolgung aufgenommen. Nein, nicht die, ihr Lernpensum zu erhöhen und sich in den Streber-Olymp zu katapultieren, sondern die Verfolgung von Han Che. Heute soll nämlich der Tag sein, an dem sie all ihren Mut zusammennimmt und ihn anspricht. Endlich, endlich will sie ihren Schwarm ansprechen. Nun ja, irgendwie kommt sie nicht wirklich dazu und malt sich nur in ihren abschweifenden Gedanken aus, wie eine erste Auge-in-Auge-Begegnung hätte ablaufen können. Bevor ihr sein Name in der Realität über die Lippen kommt, brüllt Ladenbesitzer Hu Xu den Jungen schon zu sich heran. Er hat ein Geschenk für Han Che, was Lin Xiaou aus sicherer Entfernung beobachtet. Sieht aus, als schleudere Hu Xu seinen Waren mit vollen Händen unters Volk. Und tatsächlich… nachdem Han Che außer Sichtweite ist, geht Lin Xiaolu der Sache genauer auf den Grund und erfährt, dass Hu Xu sein Geschäft „Beim Park“ aufgeben möchte. Er ist im Begriff nach Shanghai zu ziehen und quasi schon mit einem Bein bei seiner Liebsten. Bei Zhang Xiaoman. Bereitwillig und irgendwie glücklich, dass die beiden doch endgültig zueinander gefunden haben, bietet das Mädchen kurzentschlossen seine Hilfe an. Schließlich müssen Hu Xus heißgeliebte Bücher sicher verpackt werden, damit sie den Umzug auch heil überstehen. Dabei fällt Lin Xiaolu ein Foto in einer alten französischen Tageszeitung auf, welches das damals noch jüngere Pärchen zeigt. Auf die neugierige Nachfrage folgt eine ausführliche Antwort vom redseligen Ladenbesitzer… und wir erfahren vom Kennenlernen der beiden Kunststudenten in Nepal und ihren mehr als holprigen Jahren in Paris.
Lin Xiaolu wird in der Abenddämmerung klar, dass sich ein weiteres Kapitel dem Ende neigt. Und wie sie dort vor der verschlossenen Türe des kleinen Ladens steht, wird ihr schwer ums Herz, da sie Hu Xu wirklich vermissen wird. Doch viel Zeit zum Trübsal blasen bleibt nicht, da die ersten Prüfungen anstehen. Zuerst die Hochschulaufnahmeprüfung im Fach Kunst. Eigentlich eine Parade-Disziplin für die fantasievolle Schülerin. Doch die Erinnerungen an den intensiven Drill lassen jegliche kreativ-künstlerische Freiheit im Keim ersticken. Hier zählen nur drei Dinge: Leistung bringen, abliefern und Punkte erreichen… was eigentlich ein und dasselbe ist. Streicht deswegen die „drei Dinge“ und es muss eigentlich heißen, dass Lin Xiaolu ihre kreative Ader mal kurz in ein dunkles Kämmerlein sperren muss und nur DAS aufs Papier bringt, was die strengen Prüfer sehen wollen. Was für ein Psycho-Terror! Da darf man gar nicht an die Fächer denken, die Lin Xiaolu NICHT liegen…
Fast schon obligatorisch…
…gibt es ein paar schwärmende Worte zum brillanten Look dieses Manhuas. Wer jetzt noch denkt, dass die liebevollen Aquarell-Illustrationen im vorletzten Band qualitativ abfallen, glaubt womöglich auch an haarsträubendes Gesülze aus der Vegan-Küche, Wendler’sche Thesen aus dem hart umkämpften Untergrund und Sagen von Godzillas Verwandten, die durch die Kanalisation marschieren. Kurz gesagt: Nein. Die Zeichnungen sind weiterhin auf Top-Niveau und sprühen vor farbenprächtiger Fantasie. Nicht nur in Lin Xiaolus Tagträumen, sondern auch in den Rückblenden, sind die Farben, denen sich die Künstlerin Ageng bediente, hervorragend ausgewählt und jederzeit stimmig eingesetzt worden. Selten haben Story und künstlerische Umsetzung derart großartig funktioniert. Da ist es durchaus mit einem weinenden Auge zu sehen, dass die gesamte Geschichte mit dem nächsten Band enden wird.
Fazit:
Oh man… jetzt begleite ich die sympathische Lin Xiaolu schon ein paar Monate durch ihr turbulentes Teenager-Leben und muss gestehen, dass mir der Abschied schwerfallen wird. Wenn der sechste Band diese Geschichte einigermaßen rund abschließt, kann ich guten Gewissens sagen, dass „Der freie Vogel fliegt“ eine Ausnahme-Reihe ist, an der sich meine zukünftigen Manhua-Ausflüge nur schwer messen lassen werden.
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