Die Wahrheit bleibt wohl immer dort draußen
Neun erfahrene Bergwanderer kommen im Februar 1959 am Djatlow-Pass im nördlichen Ural ums Leben. Bis heute sind die genauen Umstände nicht geklärt, aber es gibt einige (Verschwörungs-)Theorien. Cédric Mayen und Jandro Gonzalez werfen ein weiteres Schlaglicht auf dieses dramatische Ereignis der Zeitgeschichte.
Igor, Semjon, Rustem, Nikoai, Sinaida, Ljudmila, Juri, Alexander, Georgi
Das sind die Namen der Frauen und Männer, dessen gemeinsames Schicksal bereits in Film, Serie und Literatur aufgegriffen wurde. Und diesem Schicksal nimmt sich Staatsanwalt Lew Nikititsch Ivanov eines Tages mehr oder weniger gezwungen an. Mit dem Fund von zwei Leichen beginnt die Untersuchung einer Tragödie, die zahlreiche Rätsel aufwerfen wird.
Waren es Außerirdische, denen die neun Bergwanderer zum Opfer gefallen sind? Ein geheimer Waffentest der Russen? Hat eine Lawine die Bergwanderer überrascht? Cédric Mayen und Jandro Gonzalez liefern hier weder eine neue Wahrheit, noch reihen sie sich mit einer weiteren spekulativen Auflösung in die zahlreichen Überlegungen, die auch Wissenschaftler auf der ganzen Welt beschäftigt hat, ein. Sie haben stattdessen auf Basis ihrer Recherchen ein umfangreiches Dossier angehängt, welches den derzeitigen Kenntnisstand zusammenfasst, die verschiedenen Möglichkeiten skizziert und durch ausgewählte Interviews auch an den Untersuchungen beteiligten Fachleute zu Wort kommen lässt.
Zwei Handlungsstränge rollen das Jahr 1959 auf. Der Januar markiert den Aufbruch und Begehung des Bergmassives, während der Februar den Fund der Leichen, die komplizierte Ermittlungsarbeit und auch damit einhergehende politische Unwegsamkeit aufzeigt. Denn offenbar sind nicht alle daran interessiert die Umstände vollständig aufzuklären. Jandro Gonzalez färbt die beiden Monate in unterschiedliche gedeckt und reduzierte Farbspektren, beinahe monochrom mit Sepia, wenn wir uns bei Igor und den anderen im tiefen Schnee und bei eisigen Temperaturen befinden. Hier vermisse ich gelegentlich noch etwas mehr einnehmende Atmosphäre und so gefallen mir die auch in den Dialogphasen griffiger inszenierten Szenen um Staatsanwalt Ivanov besser. Dennoch entsteht ein spannendes und kurzweiliges Wechselspiel, bei dem der Weg für die Expeditionsteilnehmer immer beschwerlicher und die Aufklärungsarbeit von Ivanov mehr und mehr behindert wird.
Fazit:
Die endgültige Wahrheit über das Unglück am Djatlow-Pass bleibt wohl auch weiterhin dort draußen. Cédric Mayen und Jandro Gonzalez werfen einen Blick zurück, nehmen uns mit in die Zeit und an den Ort des tragischen Geschehens, das seinerzeit neun Menschleben forderte. Vor allem für all diejenigen, die sich erstmals mit diesen historischen Ereignissen beschäftigen, ein spannender kompakter Einstieg.
Cédric Mayen, Jandro Gonzalez, Splitter
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