Text:   Zeichner: Wilfredo Torres

Black Hammer: The Quantum Age

Black Hammer: The Quantum Age
Black Hammer: The Quantum Age
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Marcel Scharrenbroich
9101

Comic-Couch Rezension vonAug 2019

Story

Wenn es um Zeitsprünge geht, wird es immer komplex… so auch hier. Es lohnt sich aber, am Ball zu bleiben. Die Story belohnt mit Wendungen, die den Leser auf der Couch um 360 Grad rotieren lassen… womit ihr dann wieder richtig sitzt, um sofort weiterzublättern.

Zeichnung

Die Spin-offs überraschen nicht nur durch bereichernde Handlung, sondern auch durch frischen, kreativen Input. Mir würde keine Comic-Reihe einfallen, bei der ich mir die häufigen Zeichner-Wechsel besser vorstellen könnte… oder mehr begrüßen würde. Jeder Beitrag eine Klasse für sich.

Zurück in die Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit

Voraussage: Eine goldene Zukunft

In Jeff Lemires „Black Hammer“-Universum ist eines sicher: NICHTS ist sicher. Das hat uns der letzte Band der Hauptreihe, „Age of Doom – Buch 1“, gelehrt. Hier ließ der kanadische Erfolgs-Autor eine mittelschwere Bombe platzen, die die gesamte Story der Golden Age-Hommage mit Volldampf in eine neue Richtung katapultierte, was für viele Leser (mich eingeschlossen) sehr überraschend gewesen sein dürfte. Somit macht „Black Hammer“ nicht den Fehler, der von der Konkurrenz schon fatalerweise des Öfteren gemacht wurde und die eine oder andere Serie frühzeitig in die ewigen Jagdgründe befördert hat: wir drehen uns nicht im Kreis und laufen auch nicht auf der Stelle. Durchaus risikoreich wirft man Gewohntes über Bord und schlägt neue Wege ein. Das KANN gutgehen, ist aber kein Selbstläufer… denn oftmals wirken plötzliche Richtungswechsel uninspiriert und kommen einem Harakiri-Manöver gleich, bei dem sich Autoren zu weit auf dem Fenster lehnen und glauben, dass sie dem Leser JEDE hanebüchene Idee vorsetzen können. Doch der geneigte Comic-Leser und genreinteressierte Fan merkt sofort, wenn ein Schreiber im Trüben fischt und ohne Rettungsring im Ozean paddelt. Umgekehrt verhält es sich ähnlich, weshalb jeder, der die „Black Hammer“-Reihe bisher verfolgt hat, merken dürfte, dass Jeff Lemire noch lange nicht durch ist mit seinem Superhelden-Universum, das gemeinhin schon als „Hammerverse“ oder „Lemireverse“ betitelt wird. Zu durchdacht erscheinen die einzelnen Kapitel, was sich nicht nur auf die Hauptreihe bezieht, sondern auch die Spin-off-Bände einschließt, die nicht nur schnödes Beiwerk sind, um die Wartezeit auf die Fortführung des Main-Arcs zu überbrücken, sondern sich sinnvoll den Nebencharakteren widmen. Der Masterplan scheint aufzugehen und seltener hatte man im Medium Comic ein beruhigenderes Gefühl, dass eine Reihe NICHT irgendwann mal frontal vor die Wand gebrettert wird. Da bildet auch das mittlerweile dritte Spin-off „The Quantum Age“ keine Ausnahme und lotet die bisher gesetzten Grenzen neu und (Stand jetzt) am weitesten aus…

Neue Runde = Neue Generation

„The Quantum Age“ wagt sich weit hinaus und setzt 100 Jahre in der Zukunft an. Inspiriert durch die einst gefallenen Helden Black Hammer, Abraham Slam, Golden Gail, Barbalien, Colonel Weird, Talky-Walky und Madame Dragonfly formierte sich im Spiral City des 22. Jahrhunderts ein neues Team von (angehenden) Superhelden, um sich gegen ein totalitäres Regime aufzulehnen: die Quantum League. Hier sind Archive, der momentane Anführer der League (Wechsel im monatlichen Turnus), und seine Gefährten stets auf der Suche nach neuen, brauchbaren Rekruten. Da Archive sich bei seinen privaten Projekten hauptsächlich mit dem mysteriösen Verschwinden der ehemaligen Helden von Spiral City beschäftigt, fallt ihm besonders EINE Anwärterin ins Auge… Hammer Lass, die das Kampfgerät des legendären Black Hammer mit sich führt.

Hammer Lass, der der Hammer von ihrer Ururgroßmutter aus der Zukunft überreicht wurde, da diese angeblich von einem gewissen Chronokus damit beauftragt wurde, und der geniale Archive, der als Dreizehnjähriger dem Muttercomputer entstieg, um fortan unter den Menschen zu leben, kommen sich schnell näher. Die traute Zweisamkeit währt allerdings nicht allzu lang, da die Marsianer die Erde mit einer gigantischen Armee angreifen und diese zum Großteil zerstören.

Weitere 25 Jahre in der Zukunft, die Quantum League existiert in ihrer damaligen Form nicht mehr, kommt ein junger Marsianer zur Erde, der sich als Mensch getarnt hat und um jeden Preis versucht, Lyndda Weber zu kontaktieren… die ehemalige Hammer Lass. Von ihr abgewiesen, landet er im All… hochgebeamt von Modula und Erb, ebenfalls zwei Ur-Mitglieder der Quantum League, die losgelöst von der alten Truppe ein neues Team zusammenstellen wollen und aus diesem Zweck die Ex-Helden aus der Ferne beobachten. So stießen sie auf den Marsianer, dessen gestaltwandlerische Fähigkeit perfekt zu dem Plan passen würde, den sie ins Auge gefasst haben: den Präsidenten der Erde ermorden!

Zur erfolgreichen Durchführung versuchen sie Archive erneut zu gewinnen, der sich nach dem Tod seiner Freunde, die größtenteils beim Angriff auf die Erde gefallen sind, von der Menschheit abgewendet hat. Reumütig in die digitalen Arme des Muttercomputers zurückgekehrt, fristet er sein Dasein seitdem schlafend und abgeschottet von der Realität (ob er wohl von elektrischen Schafen träumt?). Modula, Erb und der Marsianer Trev Trevz treffen auf den Muttercomputer und machen eine schockierende Entdeckung… Nicht die einzige, denn auch der mysteriöse Chronokus ist kurz davor, seine wahre Gestalt zu offenbaren…

Die „Style Wars“-Saga

Klingt kompliziert? Zugegeben… ja, das ist es auch. Aber die Story ist es ebenfalls wert, sich darauf einzulassen. Wir springen vor und zurück in der Zeit, als gäbe es kein Morgen… beziehungsweise Gestern mehr. In Flashbacks sehen wir, was vor, während und nach dem Angriff der Marsianer geschah. Blicken auf beide Seiten und schauen ebenfalls zurück auf unsere liebgewonnenen Farmbewohner aus der Hauptstory. Zudem werden wir Zeugen bei der Gründung der Quantum League. Hier ist alles miteinander verwoben und Jeff Lemire schafft es erneut, den Leser eiskalt zu erwischen.

Offen gebe ich hier einen kurzen Moment des Zweifelns zu, denn nach den ersten Seiten dachte ich, dass Jeff Lemire jetzt den Faden zu verlieren droht und einfach ZU VIEL will. Ich meine, 100 (beziehungsweise 125) Jahre in die Zukunft zu springen und dabei einen extrem langen Zeitraum zu ÜBERspringen… kann das gutgehen, ohne dass dabei eine Menge (möglicher) Inhalt auf der Strecke bleibt? Ein Glück, dass ich diese Frage nicht beantworten muss, denn DAS erledigt „Black Hammer: The Quantum Age“ ganz einfach selbst. Wie schon gesagt, es scheint, dass der Autor einen Masterplan in petto hat und den genauen Fahrplan des „Hammerverse“ auswendig kennt… inklusive aller Haltestellen.

Wie schon in den bisherigen Spin-off-Bänden „Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels“ und „Doctor Star und das Reich der verlorenen Hoffnung“ kommt auch in „The Quantum Age“ ein neuer Künstler zum Einsatz, der seinen ganz eigenen Stil zum besten gibt. Ist die bisher dreibändige Hauptreihe fest in den Händen von Zeichner Dean Ormston, darf sich nun nach David Rubín und Max Fiumara der amerikanische Künstler Wilfredo Torres austoben. Torres arbeitet professionell seit 2007 und steuerte zum Beispiel Beiträge zu „Batman ‘66“ und der Mike Mignola-Schöpfung „Lobster Johnson“ aus dessen „Hellboy“-Universum bei. Die sehr sauberen, gut strukturierten und stets übersichtlichen Panels vom „Black Hammer“-Neuzugang gefallen mir persönlich bisher am besten. Stets klar und aufgeräumt, lässt sich der zugegeben recht komplexen Story gut folgen, ohne dass unnötige künstlerische Spielereien zu sehr vom Geschehen ablenken. Torres‘ Charaktere sind stets ausdrucksstrak und werden durch die bunte, aber nicht aufdringliche Kolorierung von Dave Stewart perfekt in Szene gesetzt.

Fazit:

„The Quantum Age“ wartet erneut mit einigen Twists auf und ist eine Bereicherung im „Black Hammer“-Kosmos. Die Tiefgründigkeit des Spin-off-Vorgängers „Doctor Star“, welches mich nachhaltig beeindruckt hat (nachdem es mich mit einem Schlag in den Wanst niedergestreckt hat), wird zwar nicht erreicht, dafür sorgt der Band aber an einigen Stellen für große Augen. Für Fans von „Black Hammer“ sowieso ein Pflichtkauf. Für alle anderen ein guter Grund, endlich mit der Hauptreihe anzufangen und sich zu den Spin-offs durchzuarbeiten. Es lohnt sich.

Black Hammer: The Quantum Age

Jeff Lemire, Wilfredo Torres, Splitter

Black Hammer: The Quantum Age

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