Text:   Zeichner: David Rubín

Black Hammer: Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels

Black Hammer: Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels
Black Hammer: Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels
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Marcel Scharrenbroich
10101

Comic-Couch Rezension vonDez 2018

Story

Eine perfekte Erweiterung des imposanten „Black Hammer“-Universums, welches immer mehr an Form gewinnt. Ein großer Wurf, der uns hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

Zeichnung

Cartooniger und weniger klassisch als die Hauptreihe, können die Zeichnungen dennoch überzeugen. Vor allem farblich sehr beeindruckend, kann ich mir kaum einen Stil vorstellen, der bei „Black Hammer“ NICHT funktionieren sollte.

Ein außergewöhnlicher Gentleman…

…auch ohne Liga

Auch wenn wir uns ein wenig abseits der Hauptreihe aufhalten, befinden wir uns weiterhin mittendrin in Jeff Lemires „Black Hammer“-Universum. Nachdem wir im Auftakt „Vergessene Helden“ mit der Ausgangssituation konfrontiert wurden, dass die ehemaligen Superhelden von Spiral City bei ihrem verheerenden Kampf gegen den Anti-Gott von einem Lichtblitz getroffen wurden und sich auf einer verlassenen Farm mitten im Nirgendwo wiederfanden, die sie durch eine unsichtbare Barriere nicht wieder verlassen konnten, und  dort als „Familie wider Willen“ seit nunmehr zehn Jahren verweilt, lieferte der zweite Band „Das Ereignis“ jede Menge Hintergrundinformationen zu den gestrandeten Charakteren und beleuchtet sowohl deren alltägliche Probleme, als auch die dramatischen Entwicklungen, die die Handlung in der abgeschiedenen Idylle weiter vorantreiben. Mit Lucy Weber hat es nämlich erstmalig eine Außenstehende in das unsichtbare Gefängnis der ehemaligen Helden geschafft. Und diese ist ausgerechnet die Tochter des legendären Black Hammer, der einst mächtigste Streiter von Spiral City, welcher ebenfalls auf die Farm geschleudert wurde… und von dem – bis auf seinen Hammer – seit dem Vorfall jegliche Spur fehlt.

Lucy ist Reporterin und hat die Suche nach ihrem verschwundenen Vater nie aufgegeben. „Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels“ rückt ihre Geschichte in den Fokus. Das erste Spin-off von „Black Hammer“ erweitert somit die Handlung, obwohl die Hauptgeschichte noch bis zum dritten Band Antworten schuldig bleibt. Auch wenn es dem Fan unter den Nägeln brennt, ist dieser Umstand nur halb so wild… denn selbst abseits der großen Story dient der Ableger keinesfalls nur als Lückenfüller… ganz im Gegenteil! Es wird deutlich, wie sehr Autor Jeff Lemire darauf bedacht ist, sein geniales Universum auszubauen und mit Leben zu füllen. Hier hat alles Hand und Fuß und selbst Nebencharaktere bekommen eine passende Origin-Story verpasst, damit sie sich ins eindrucksvolle Ganze einfügen. Das ist ganz große Erzählkunst, die noch lange nicht auf ihrem Höhepunkt angekommen ist… obwohl jeder Einblick schon das kreative Maß aller Dinge zu sein scheint.

Wer suchet, der findet

Kurz nach den dramatischen Ereignissen, die Spiral City beinahe von der Landkarte gepustet hätten und das Verschwinden der Beschützer zur Folge hatten, hält der ehemalige Superheld Doctor Star – alias Dr. James Robinson – eine bewegende Rede. Vor den Trümmern, die der Kampf gegen den Anti-Gott hinterlassen hat, wendet er sich an die betrübten Bürger der ins Chaos gestürzten Stadt. Unter ihnen auch die kleine Lucy Weber, die gerade ihren Vater verloren hat. Die tröstenden Worte, die Doctor Star anschließend an sie richtet, gehen dem Mädchen nah. Worte, die ihre Mutter allerdings nicht hören möchte, bringen diese ihr doch auch nicht ihren Ehemann zurück. Lucy wächst auf, ohne das Andenken an ihren Vater voller Stolz hochhalten zu dürfen. Zu groß ist die Gefahr, sollte einer seiner vielen Widersacher herausfinden, dass der Erzfeind Black Hammer noch eine Familie zurückließ. Das ewige Dilemma der Superhelden, das schon Superman von Lois Lane fernhielt, oder Spider-Man von seiner Mary-Jane trennte. Mit großer Kraft folgt große… bla, bla, bla… das kennen wir ja.

Acht Jahre später, kurz bevor Lucy ihr Journalismus-Studium beginnt, trifft sie erneut auf Doctor Star, der ihren Werdegang insgeheim verfolgt hat. Dieser teilt Lucys Hoffnung… ihren Glauben, dass die Helden von Spiral City – und somit auch ihr Vater – die Explosion, die den Anti-Gott einst ins Nirvana blies, überlebt hätte. Irgendwie… irgendwo… Er überreicht ihr einen Schlüssel und eine Adresse. Hier findet sie das Vermächtnis ihren Vaters. In der „Hall of Hammer“ – irgendwas zwischen der „Batcave“ und Supes‘ „Festung der Einsamkeit“ – wartet eine Nachricht des verschollenen Helden, die Lucy neue Kraft verleiht und ihren Ehrgeiz weckt. Hoch motiviert macht sie sich auf die Suche. Doch… wo soll sie anfangen? Wen soll sie fragen? Alle Mitstreiter von Black Hammer sind ebenfalls verschwunden und können keine hilfreichen Antworten liefern. Bleiben nur noch… ihre Gegner!

Die größte Chance auf Antworten erhofft sich Lucy bei Sherlock Frankenstein zu bekommen, dem mächtigsten Widersacher der Beschützer der Stadt. Seit Jahrzehnten terrorisierte Frankenstein Spiral City und mehr als einmal prallten Black Hammer und die anderen Helden auf das kriminelle Genie. Dumm nur, dass auch dieser seit geraumer Zeit von der Bildfläche verschwunden scheint. Niemand hat von ihm gesehen oder gehört. Lucys Weg führt die angehende Journalistin zu seinem letzten bekannten Aufenthaltsort: dem Sanatorium für Forensische Psychiatrie.

Die erste Station einer Schnitzeljagd, die sie mit weiteren illustren Gegnern ihres Vaters konfrontieren und somit Licht ins Dunkel bringen soll, bevor sie hoffentlich Sherlock Frankenstein Auge in Auge gegenüberstehen kann.

Weiterhin auf Erfolgskurs

Wir biegen ab von der Hauptstraße und düsen ungebremst weiter auf sich schlängelnden Pfaden, die uns irgendwann wieder auf den direkten Weg führen. Wo „Rogue One“ und „Solo“ uns Stories aus dem „Star Wars“-Universum präsentieren und somit das Gesamtpaket vervollständigen und um einige – bisher nur in Nebensätzen erwähnte – Aspekte bereichern, setzt „Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels“ dieses Prinzip auf ähnlich geniale Weise in Jeff Lemires „Black Hammer“-Kosmos um. Seine Golden-Age-inspirierte Welt wächst weiter und liefert jede Menge Fan-Service für Freunde der Superhelden-Comics. Hier wird mit Reminiszenzen nur so um sich geworfen und es stellt sich sofort wieder das warme und wohlige Gefühl ein, dass bereits die beiden Bände der Hauptreihe hervorriefen. Abnutzungserscheinungen? Fehlanzeige!!! Die neu eingeführten Charaktere sprühen wieder vor Kreativität und sind alles andere als Abziehbilder bekannter Figuren. Hier wird sich vor H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos verbeugt, ohne die Schöpfungen des Autors ins Lächerliche zu ziehen. Hier wird offensichtlich zitiert, ohne abzukupfern. Hier lässt man Altes wieder aufleben, ohne Neues zu vernachlässigen. Der Name „Lemire“ steht auch weiterhin für Qualität.

Qualität, die auch der Splitter Verlag konstant beibehält. Erneut präsentieren die Bielefelder ein hochwertiges Hardcover im Bookformat, womit sich das erste „Black Hammer“-Spin-off perfekt in die Serie einreiht. Neben der komplett abgeschlossenen Heft-Reihe „Sherlock Frankenstein and the Legion of Evil“, welche in vier Ausgaben ursprünglich bei Dark Horse erschien, liefert der Band – neben einem Kapitel der Hauptreihe, welches hier thematisch jedoch am besten aufgehoben ist - noch einen umfangreichen Bonusteil. Hier gibt es Skizzen, Storyboards und Bleistiftzeichnungen zu bestaunen, die mit einigen Anekdoten von Jeff Lemire und Zeichner David Rubìn versehen sind. Zusätzlich finden sich am Ende noch Cover-Motive anderer namhafter Künstler.

Anders, als in der allseits gelobten Hauptreihe, kommt hier nicht Zeichner Dean Ormston zum Einsatz, sondern der bereits erwähnte David Rubìn, welcher bereits ein Kapitel zu „Black Hammer: Das Ereignis“ – dem zweiten Band – beisteuerte. Wie bereits dort, fällt sein Stil auch im vorliegenden Spin-off eher cartoon-lastig aus. Überzogene Mimik, die es mit den Proportionen nicht so genau nimmt, zieht sich konstant durch sein Charakter-Design. Dieses sprüht allerdings von derartiger Kreativität, dass das Mimik-Manko schnell vergessen wird. So manche Panel-Abfolge gibt zwar Rätsel auf, jedoch kann man auch hier keine monotone Erzählweise unterstellen. Phantasievoll, abwechslungsreich und mit einigen Eye-Catchern versehen, laden imposante Doppelseiten und Splash-Pages zum Verweilen ein. Kräftige und leuchtende Farben runden die kunterbunte Wundertüte genussvoll ab und versprühen knalliges „Silver Age“-Flair, wo die Hauptreihe optisch noch im „goldenen Zeitalter“ angesiedelt ist.

Fazit:

Das zweite Spin-off „Doctor Star und das Reich der verlorenen Hoffnung“ ist bereits im Handel und auch der dritte „Black Hammer“-Band steht schon in den Startlöchern. Hollywood hat auch schon angeklopft und Legendary Entertainment will das Ganze auf die Leinwand bringen. Jeff Lemire scheinen die Ideen nicht auszugehen und weitere Titel sind bereits angekündigt. Ooooooh… welch rosige Zeiten für uns Comic-Freunde! Bei dem erzählerischen Niveau kann es gerne so weitergehen.

Black Hammer: Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels

Jeff Lemire, David Rubín, Splitter

Black Hammer: Sherlock Frankenstein und die Legion des Teufels

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