American Gods - 4: Ich, Ainsel - Buch 2/2

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Yannic Niehr
8101

Comic-Couch Rezension vonAug 2019

Story

Alle Vorzüge der bisherigen Teile von Gaimans Werk werden hier von einem actionreichen Tempo ergänzt, das die Graphic Novel diesmal zu einem echten Pageturner macht – das Ende verspricht, eine runde Sache zu werden.

Zeichnung

Der Anhang bietet ein Sketchbook mit Kommentaren sowie weitere Variantcover von Fabry und Brown, die – neben dem Werk der Gastzeichner – darauf hoffen lassen, dass visuell mehr aus der Story herausgeholt wird.

„Ja, es ist noch immer Gottes Land. Die Frage ist nur: welcher Gott?“

Unermüdlich reisen Shadow und Wednesday quer durch die USA. Immer noch ist Letzterer darum bemüht, Gespräche zu führen, Hände zu schütteln und mehr und mehr Gottheiten für den nahenden Krieg zu gewinnen. Dabei unternehmen die beiden auch einen kleinen Trip in die jenseitige Welt, die Shadow vor die Frage stellt, wer er selbst eigentlich ist und was er will. Auch seine tote Ex Laura stellt sich diese Frage. Von der Seite weichen will sie ihm aber immer noch nicht, denn sie weiß, dass er ihre Hilfe in naher Zukunft sicher noch wird gebrauchen können.

Nur die stete Rückkehr nach Lakeside, wo Shadow unter dem Namen Mike Ainsel untertauchen soll, solange Wednesday seine Dienste nicht benötigt, ist eine positive Konstante. Beim Essen mit seiner Nachbarin ist auch deren Schwester mit von der Partie – die unkonventionelle Sam, die er bereits auf einem früheren Trip kennenlernen durfte. Die seltsamen Agenten der göttlichen Gegenseite haben sie bereits über Shadow ausfragen wollen, doch hat sie ihn gedeckt. Das kann man von Audrey, der Frau des Mannes, mit dem Laura Shadow vor und während deren gemeinsamen tödlichen Unfall betrogen hat, nicht gerade behaupten – rein zufällig ist sie in der Stadt und rein zufällig hat sie den Agenten eine ganz andere Geschichte erzählt. Und ganz plötzlich findet sich Shadow in einem gewaltigen Schlamassel wieder…

„Ich will die Zukunft besitzen. Ich will Evolution, Devolution und Revolution“

Nach den eher ruhigeren Vorgängern zieht in diesem Band der Comicumsetzung von Gaimans American Gods das Tempo deutlich an, was durchaus willkommen ist. Der Trip „hinter die Kulissen“ der Realität ist eine ungewöhnlich spirituelle Episode, die Shadows Charakter für den Leser noch einmal vertieft. Es folgen einige Zwischenspiele, die altbekannte Figuren wieder ins Spiel bringen (so hat Sam in diesem Teil einen genialen Monolog über die paradoxen Wahrheiten, die Menschen heutzutage glauben können oder wollen), und so langsam scheinen die Puzzleteile an ihren jeweiligen Platz zu rücken.

Es stellt sich auch endgültig das Gefühl ein, dass nun ernst gemacht wird und der Konflikt zwischen den alten und neuen Göttern sich erhitzt, denn die ersten Opfer werden auf aberwitzige und tragische Art und Weise eingefordert. Welche Rolle genau Shadow in all dem spielt, scheint sich dabei stetig zu verändern, und es wird wohl darauf hinauslaufen, dass er das letztendlich hochdramatisch selbst wird entscheiden müssen. Doch da findet er sich plötzlich erneut in Sträflingskleidung wieder - sicher das Letzte, wonach ihm der Sinn stand! Dieser Band wartet mit spannenden Entwicklungen und Wendungen – im Positiven wie im Negativen – auf, welche den Plot auf berauschende Art und Weise beschleunigen und dem Roman mehr als gerecht werden.

„Götter sind groß, doch unser Herz ist größer. Sie kommen aus unseren Herzen und sie kehren dorthin zurück“

Der Kontrast von Farben sowie Schwarz-, Weiß- und Grautönen funktioniert in diesem Band besser als in den Vorgängern und schafft eine gut geölte Dynamik, was sicher auch mit den ins Rollen kommenden Geschehnissen zusammenhängt. Trotz des schönen Flusses der visuellen Adaption sind die Unzulänglichkeiten von Hamptons Figurendesign nach wie vor nicht von der Hand zu weisen. Der Stil ist künstlerisch durchaus hochwertig, aber so eigenwillig, dass man als Leser immer ein wenig auf Distanz zu Handlung und Charakteren gehalten ist, sodass das Gefühl nicht weichen will, dass hier Potenziale verschwendet werden.

Natürlich ist das Jammern auf hohem Niveau, denn die Gestaltung der Szenen und Panels kann Abläufe und Stimmungen letztendlich meist gut vermitteln. Außerdem darf man sich über ein weiteres tiefgründiges Zwischenspiel freuen (das sich auch diesmal am Ende befindet), welches in die urzeitlichen Ursprünge Amerikas eintaucht und nebenbei noch den Glaubenskonflikt zwischen Eltern- und Nachwuchsgenerationen aufrollt. Diese Episode ist so aussagekräftig, dass sie sogar Grundlage für das Cover dieses Bandes bildet, auf dem die Figuren der Haupthandlung ausnahmsweise nicht zu finden sind. Diesmal durften sich Gastzeichner Showman und Kindzierski an dem Zwischenspiel versuchen; der Stil hier kommt diesmal wohl dem Hamptons noch am nächsten, kann aber trotzdem mit einem lebendigeren Farbdesign aufwarten, an das in der Hauptstory nur die atmosphärisch dichten Szenen „hinter den Kulissen“ heranreichen. Man wünscht immer noch ein bisschen mehr davon.

Fazit:

Zeichnerisch durchaus interessant, bleibt die Ästhetik der Graphic Novel weiterhin etwas hinter den Erwartungen zurück. Doch blüht die Story nun so richtig auf, sodass zwei großartigen Abschlussbänden nichts im Wege stehen dürfte.

American Gods - 4: Ich, Ainsel - Buch 2/2

Neil Gaiman, P. Craig Russell, Scott Hampton, Splitter

American Gods - 4: Ich, Ainsel - Buch 2/2

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